Auf Knopfdruck Lachen oder Weinen können nur die allergrößten Schauspieler, echte Freude oder Trauer bleibt davon jedoch unberührt, denn solche Gefühle können nicht künstlich erzeugt werden. Mehr dazu von Domkapitular Anton Spreitzer in seiner Predigt zum 3. Adventssonntag am 12. Dezember 2021.
Die Frage, die sich unmittelbar aufdrängt, wenn man Paulus da hört, ist: Kann man das denn? Kann man sich auf Befehl freuen? – Nein, das geht nicht. Es geht genauso wenig, wie man auch auf Befehl nicht lieben kann, oder glauben, oder Mitleid haben. All diese Dinge haben tief mit uns persönlich zu tun; sie haben sozusagen ihre Wurzeln in einem Bereich in uns, über den unser Wille keine Vollmacht hat. Ich kann mich noch so sehr anstrengen und mich freuen wollen, oder lieben wollen, oder hoffen wollen – aber dass ich mich tatsächlich freue, liebe oder hoffe, das steht auf einem ganz anderen Blatt.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Es gibt also einen Grund für die Freude: Dass der Herr, dass Jesus nahe ist. Und das ist doch ein guter Grund: Er, der es gut mit uns meint; er, in dem der große Friede Gottes zu uns kommt – er kommt, endlich! – Paulus will also eigentlich, dass wir anders denken – und darum anders sehen, anders auf unser Leben schauen. Er will, dass wir so leben, dass uns klar ist: Der Herr kommt wirklich! Er lässt uns nicht allein!
Indem uns Paulus etwas zuruft, was wir eigentlich sowieso schon wissen, nämlich dass Jesus bei uns ist alle Tage bis zum Ende der Welt; indem uns Paulus sagt: „Der Herr ist nahe!“ – stellt er uns die Frage: Glaubst Du das wirklich? Und hoffst Du wirklich, dass Jesus nahe ist? Und willst Du das eigentlich wirklich? – Paulus will uns also nicht etwas einreden, das mit uns nichts zu tun hat. Er erinnert uns vielmehr an etwas; er macht uns bewusst, dass wir etwas vergessen haben, etwas in unserem Leben übersehen, wenn uns diese Freude fehlt: Wir haben vergessen, dass Gott da ist; dass der Herr nahe ist. –
Das erste ist also nicht, dass wir uns zwingen, etwas zu wollen, was wir nicht können. Sondern das erste ist: dass wir aufhören zu vergessen, was wir eigentlich schon wissen. Denn wenn wir uns erinnern, dass der Herr nahe ist; wenn wir die Dinge so sehen, wie sie sind, dann kommt sie ganz von selbst: die Freude. – „Gaudete!“
Domkapitular Anton Spreitzer