
Gespräch mit Maria Lehner: Maria Lehner ist 91 Jahre alt, Mutter von fünf Kindern, Großmutter von zwölf Enkeln und Urgroßmutter von vier Urenkeln. Sie lebt in Passau und blickt auf ein bewegtes Leben zurück.
Zwischen 1978 und 1987 war sie für die Telefonseelsorge im Bistum Passau tätig. In kleinen Kalenderbüchern hat sie akribisch alle ihre Dienste notiert. Mit einem dieser Bücher in der Hand spricht sie über ihre Erfahrungen in einem Bereich der Seelsorge, der oft unsichtbar bleibt – und doch so unendlich wichtig ist.
“Ich war kein Gründungsmitglied”, sagt Maria Lehner gleich zu Beginn. Als sie zur Telefonseelsorge kam, war diese noch stark von Stadtpfarrern getragen. Ihre eigene Geschichte begann jedoch bei der Caritas. Dort war sie im Beratungsdienst tätig, unter anderem in der Schwangerschaftskonfliktberatung. Weil ihr jedoch ein Studium fehlte, musste sie diese Arbeit nach einer gesetzlichen Änderung aufgeben. “Da kam dann die Empfehlung einer Kollegin, Margit Wieden, die schon von Anfang an die Arbeit der TS unterstützte. Sie brachte mich mit Pater Kleine in Kontakt.” Nach einem längeren Gespräch wurde sie eingeladen, zur Telefonseelsorge zu kommen. Ihre Ausbildung zur Eheberaterin und ihre langjährige Erfahrung gaben den Ausschlag.
Der Einstieg war trotz Nervosität gut möglich, erinnert sie sich. “Ich war ja Gespräche gewöhnt.” Besonders hilfreich sei ihre Ausbildung in der Eheberatung gewesen, denn viele Gespräche am Telefon betrafen genau diese Themen. Es gab auch Begegnungen von Angesicht zu Angesicht. “Einmal kollabierte eine Frau im Beratungsraum. Das war sehr dramatisch.”
Maria Lehner arbeitete meist halbtags – nicht nur wegen der fünf Kinder, sondern auch, weil sie vielfach engagiert war: im Frauenbund, in der Erwachsenenbildung, in Vereinen. In ihren Kalendern sind die Einsätze dokumentiert: “25. Mai, von acht bis dreizehn Uhr”.
Besonders fordernd waren Gespräche mit sogenannten Daueranrufern. “Da musste man einen Mittelweg finden zwischen Zuhören und Grenzen setzen.” Auch die Not der Anrufenden sei oft herausfordernd gewesen. Viele kamen auch aus dem ländlichen Raum. “Die kannten zwar ihren Pfarrer, wollten aber anonym sprechen oder hatten vielleicht auch keine Möglichkeit, ihn aufzusuchen.” Hier war die Anonymität der Telefonseelsorge ein großer Vorteil.
Dank habe sie selten unmittelbar erhalten. “Aber, wenn jemand sagte: Jetzt geht es mir besser, das hat geholfen – das war schon sehr schön.” Es ging nicht um Lösungen, sondern um Hilfe zur Selbsthilfe. “Und manchmal einfach ums Trösten.”
Dass die Telefonseelsorge 2025 ihr 50-jähriges Bestehen feiert, überrascht sie nicht. “Ich glaube, sie wird heute mehr gebraucht denn je.” Seelsorge in den Pfarreien werde weniger, die Anonymität und die Niederschwelligkeit der Telefonseelsorge seien heute von großer Bedeutung. “Da muss man nicht versprechen, brav zu sein. Da wird man einfach gehört.”
Maria Lehner war übrigens eine der ersten Frauen in der Passauer Telefonseelsorge. “Das war schon etwas Besonderes.” Sie erinnert sich an die Anfänge im Heiliggeistgarten, an Pater Kleine, Pater Wiesmann und Bischof Antonius. “Wenn ich Spätdienst hatte, konnte ich durchs Fenster die Menschen im Garten lachen hören. Zwischen all den schweren Gesprächen war das eine kleine Insel der Freude.“
Heute sagt sie mit ruhiger Stimme: “Telefonseelsorge ist wie Beichte am Telefon. Ob Frauen zu Priestern geweiht werden sollen? Ich weiß es nicht, aber eine Frau im Beichtstuhl, kann ich mir sehr gut vorstellen.“
Ein halbes Jahrhundert Telefonseelsorge – mittendrin war auch eine Frau mit großem Herzen und wachem Geist: Maria Lehner.
Text: pbp
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P. Ludger Werner
Leiter der Telefonseelsorge