Bistum

Laudato si im Fokus

Redaktion am 27.10.2025

Info Icon Foto: Wolfgang Krinninger / PBB
Am ersten Tag der diesjährigen Herbstvollversammlung des Diözesanrats Passau stand ein Kamingespräch zum Thema Laudato si auf dem Programm mit (v.l.n.r.): Urban Mangold (Passauer Stadtrat, ödp), CSU-Urgestein Erwin Huber, Moderatorin Angelika Görmiller und Ferdinand Wagner, Geschäftsführer der Biobäckerei Wagner.

Die Enzyklika Laudato si von Papst Franziskus gilt als epochales Werk. Sie beschreibt, wie es um unsere Welt bestellt ist und was wir tun können, um sie zu retten. Doch die Frage ist: Was hat dieses Schreiben in den zehn Jahren seit seinem Erscheinen bewirkt? Der Diözesanrat suchte in seiner Vollversammlung nach Antworten, u.a. beim Kamingespräch am ersten Tag.

Drill, Baby, drill!“ – laut und nach­drück­lich rief Donald Trump die­se Wor­te in sei­ner Antritts­re­de als US-Prä­si­dent. Einen deut­li­che­ren Kon­tra­punkt zu Lau­da­to si hät­te es kaum geben kön­nen. Dar­auf wies Dom­de­kan Dr. Hans Bau­ern­feind im Got­tes­dienst zur Voll­ver­samm­lung im Haus Spec­trum Kir­che hin. Mehr fos­si­le Brenn­stof­fe zu för­dern – Erd­öl, Koh­le, Gas – und mehr Frack­ing zu betrei­ben, habe Trumps Bot­schaft gelau­tet. Den­noch hal­len sol­che Wor­te ver­stö­rend nach“, so Bau­ern­feind. Der Wie­ner Sozi­al­wis­sen­schaft­ler Prof. Dr. Ulrich Brand brin­ge sol­che Hal­tun­gen mit dem Begriff der Petro-Mas­ku­li­ni­tät in Ver­bin­dung: Tat­kräf­tig, mit­rei­ßend und männ­lich sei, wer wirt­schaft­li­chen Gewinn um jeden Preis wol­le. Lau­da­to si dage­gen zei­ge auf, wie eine Weg­werf­kul­tur die Umwelt ver­schmutzt, das Kli­ma ver­schlech­tert – und den­noch vie­le so leben, als gesche­he das nicht.

War­um die Enzy­kli­ka so bedeut­sam ist, mach­te Vere­na Holz­bau­er, Lei­te­rin der Stabs­stel­le Umwelt und Gemein­wohl­ori­en­tie­rung, im anschlie­ßen­den Kamin­ge­spräch deut­lich. Auf­grund einer Coro­na-Erkran­kung war sie per Video­stream zuge­schal­tet. Aus dem Grund­satz Alles ist mit allem ver­bun­den“ fol­ge die Not­wen­dig­keit eines ganz­heit­li­chen Ansat­zes, sag­te sie. Es geht um unser gemein­sa­mes Haus.“ Ziel sei ein gutes Leben für alle – auch für kom­men­de Generationen.

Wie das prak­tisch aus­se­hen kann, zeig­te Fer­di­nand Wag­ner, Geschäfts­füh­rer einer kom­plett bio­zer­ti­fi­zier­ten Bäcke­rei. Nach dem bes­ten Geschäfts­jahr 2006 wag­te der Fami­li­en­be­trieb den Umstieg auf Bio – ein muti­ger Schritt: Uns gin­gen zunächst vie­le Kun­den ver­lo­ren“, gibt Wag­ner zu. Doch es kamen weit mehr neue hin­zu. Seit 2007 habe die Bio­bä­cke­rei ihre Mit­ar­bei­ter­zahl ver­vier­facht und den Umsatz ver­fünf­facht. Wir woll­ten unse­re Fir­ma nach­hal­tig auf­stel­len. Und mich wun­dert, war­um uns nie­mand folgt.“ Regio­na­li­tät und fai­re Koope­ra­ti­on mit aus­län­di­schen Pro­du­zen­ten sei­en für ihn kein Wider­spruch: Wenn die Men­schen dort fair bezahlt und die Pro­duk­te bio­lo­gisch her­ge­stellt wer­den, spricht nichts dage­gen.“ Sein Fazit: Wir gehen die­sen Weg wei­ter – weil er funktioniert.“

Der frü­he­re CSU-Vor­sit­zen­de und Finanz­mi­nis­ter Erwin Huber, einst als schar­fer Hund“ bekannt, zeig­te sich im Gespräch nach­denk­lich. Nach sei­nem Rück­zug aus der gro­ßen“ Poli­tik stu­dier­te der Volks­wirt Phi­lo­so­phie an der Hoch­schu­le der Jesui­ten in Mün­chen. Das blieb nicht ohne Fol­gen. Ich sehe die Welt heu­te mit ande­ren Augen“, gab er unum­wun­den zu. Er habe vie­le neue Ein­sich­ten gewon­nen und die Scheu­klap­pen abge­wor­fen. Lau­da­to si bezeich­ne­te er als epo­cha­les Werk“, das einen neu­en Zugang zur Schöp­fung eröff­net habe. Lau­da­to si hat in Poli­tik, Wis­sen­schaft und Gesell­schaft gro­ße Beach­tung gefun­den“, so Huber. Umso ent­täu­schen­der ist, wie wenig wir Chris­ten dar­aus gemacht haben.“ Chris­ten müss­ten an der Spit­ze der öko­lo­gi­schen Bewe­gung ste­hen, for­der­te er.

Gleich­zei­tig beton­te Huber, der länd­li­che Raum habe sich stark ent­wi­ckelt. Die Lebens­qua­li­tät in Nie­der­bay­ern sei heu­te viel­fach höher als in der Groß­stadt. In Mün­chen haben 29 Pro­zent der Bevöl­ke­rung eine eige­ne Woh­nung, in Nie­der­bay­ern 70 Pro­zent“, ver­deut­lich­te er. Wir dür­fen unse­re eige­ne Ent­wick­lung nicht schlechtreden.“

Der Pas­sau­er Stadt­rat und ÖDP-Poli­ti­ker Urban Man­gold nann­te Lau­da­to si einen der wich­tigs­ten Tex­te unse­rer Zeit“. Er sehe dar­in eine Bestä­ti­gung sei­nes inne­ren Kom­pas­ses für Schöp­fungs­ver­ant­wor­tung. Die Kir­chen müs­sen Lau­da­to si in der gesell­schaft­li­chen Debat­te ver­ste­ti­gen“, sag­te er. Auch die Poli­tik sei gefor­dert. Gera­de bür­ger­lich-kon­ser­va­ti­ve Kräf­te müss­ten sich an die Spit­ze stel­len und ihrer Ver­ant­wor­tung gerecht wer­den – auch durch kla­re Regeln, die den Kapi­ta­lis­mus zäh­men. So über­neh­men sie Füh­rungs­ver­ant­wor­tung und gren­zen sich vom popu­lis­ti­schen Geschrei ab.“

Huber stimm­te zu: Der Bei­fall der Bier­zel­te ist nicht der Grad­mes­ser fürs Gemein­wohl.“ Poli­tik brau­che kla­re Zie­le, die wirt­schaft­li­che Inter­es­sen mit öko­lo­gi­schen ver­bin­den – kon­se­quent, mutig und gerad­li­nig umge­setzt“. Man­gold kon­ter­te mit einem Augen­zwin­kern: Sie müs­sen den Söder anru­fen, damit er end­lich mit sei­nem Sla­lom aufhört.“

In der anschlie­ßen­den Dis­kus­si­on beton­ten meh­re­re Teil­neh­mer die Ver­ant­wor­tung der Chris­ten. Hel­mut Degen­hart for­der­te, sie müss­ten sich als Speer­spit­ze von Lau­da­to si’ ver­ste­hen. Franz Böh­misch sah den Staat stär­ker als Hüter des Gemein­wohls in der Pflicht. Hel­ga Grö­mer erin­ner­te dar­an, dass der Club of Rome die heu­ti­ge Ent­wick­lung schon vor 50 Jah­ren vor­her­ge­sagt habe: Wir kom­men viel zu lang­sam vor­an.“ Bar­ba­ra Schmidt mahn­te den spi­ri­tu­el­len Aspekt an: Schaf­fen wir es als Kir­che, eine Kul­tur der Acht­sam­keit zu leben, in der wir das Leid der ande­ren an uns heranlassen?“

Urban Man­gold zeig­te am eige­nen Bei­spiel, dass jeder etwas tun kann: Er sei noch nie geflo­gen – und wol­le das auch bis zum Lebens­en­de so hal­ten. Maß­vol­ler Kon­sum, so sein Appell, begin­ne im Alltag.

Aske­se sei nicht der rich­ti­ge Weg, hielt Huber ent­ge­gen. Wer auf den brei­ten Ver­zicht auf Wohl­stand set­ze, wer­de schei­tern. Wenn wir uns selbst arm machen, ist nie­man­dem gehol­fen.“ Statt­des­sen müs­se man die inno­va­ti­ven Kräf­te der Wirt­schaft stär­ken, um Umwelt­zie­le zu errei­chen, ohne arm zu wer­den“. Hoff­nung gebe es: Die Zahl der Wär­me­pum­pen stei­ge, und bei BMW in Din­gol­fing sei­en bereits 500.000 E‑Autos vom Band gelau­fen. Ich wür­de mich freu­en, wenn wir Katho­li­ken als spi­ri­tu­el­le Eli­te Ver­ant­wor­tung über­näh­men, damit die­se wun­der­schö­ne Schöp­fung in ihrer Viel­falt erhal­ten bleibt.“

Fer­di­nand Wag­ner stimm­te zu: Nie­mand wür­de mei­ne Back­wa­ren kau­fen, wenn sie nicht schme­cken wür­den.“ Lie­ber weni­ger kon­su­mie­ren, aber bes­ser – das sei sein Ansatz. Gesun­de Lebens­mit­tel sei­en nicht zwangs­läu­fig teu­rer, auch wenn die Wer­bung das sug­ge­rie­re. Ich flie­ge schon lan­ge nicht mehr in Urlaub.“

Am Ende brach­te Mode­ra­to­rin Ange­li­ka Gör­mil­ler die Hal­tung vie­ler auf den Punkt: Bau­en wir gemein­sam an die­sem Haus, gehen wir den Weg kon­se­quent wei­ter, damit wir eine gute Zukunft haben.“
In sei­ner Pre­digt hat­te Hans Bau­ern­feind den­sel­ben Gedan­ken for­mu­liert: Die Zei­chen der Zeit zu erken­nen, sie als Her­aus­for­de­rung im bes­ten Sin­ne anzu­neh­men, bedeu­tet, mit Jesus zu han­deln und mit sei­nem Hei­li­gen Geist ver­bun­den zu sein – sowie zugleich den Men­schen und kom­men­den Gene­ra­tio­nen zu dienen.“

Text + Foto: Wolf­gang Krin­nin­ger / PBB

Der zweite Tag der Herbstvollversammlung

Bistum
25.10.2025

Laudato si – und wir? – Ein Bistum im Wandel

Abschluss der Herbstvollversammlung des Passauer Diözesanrats: Schöpfungsverantwortung im Fokus mit…

Weitere Nachrichten

Bistum
10.11.2025

Frei leben – ohne Gewalt

Internationaler Tag „NEIN zu Gewalt an Frauen“ am 25. November. Passauer Aktionsgruppe hat verschiedene…

Bistum
10.11.2025

Gebetstag „Nehmt den Stein weg!“

Am Sonntag, 16. November 2025, lädt der Betroffenenbeirat in Kooperation mit dem Seelsorgeamt und der…

Bischof
10.11.2025

Orgelweihe in Beutelsbach

Der Sonntagmorgen begann schon früh in Beutelsbach. Bürgermeister Michael Diewald hat seinen ...

Bistum
08.11.2025

„Ein hörendes Herz“

Beim Festgottesdienst in der Passauer Stadtpfarrkirche St. Paul dankte Bischof Dr. Stefan Oster allen Haupt-…