Die Deutsche Bischofskonferenz und mit ihr Bischof Stefan Oster SDB begrüßen die heutige Entscheidung des Deutschen Bundestages zur Organspende. Dieser hat sich am Vormittag mehrheitlich gegen die Einführung einer Widerspruchslösung ausgesprochen.
Anlässlich der heutigen Debatte und Entscheidung im Deutschen Bundestag zum Thema Organspende erklärt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx: „Der Deutsche Bundestag hat heute mit einer deutlichen Mehrheit ein Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende beschlossen. Die Deutsche Bischofskonferenz unterstützt nachdrücklich das mit dem Gesetz verfolgte Anliegen, in Deutschland die Zahl der Organspenden wirksam zu erhöhen.
Wir glauben, dass das heute beschlossene Gesetz geeignet ist, die erfreulich große Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung praktikabel und nachhaltig in eine individuelle Bereitschaft zur Organspende zu überführen. Das Gesetz gewährt weiterhin eine möglichst große Entscheidungsfreiheit bei der Organspende und trifft dennoch Maßnahmen, die dazu führen, dass die Menschen sich verstärkt mit der Frage der Organspende befassen. Zudem hält das Gesetz praktische Regelungen bereit, wie z. B. die Einführung eines Organspenderegisters, die die Abläufe und Strukturen bei der Organspende weiter verbessern werden. Die Verabschiedung dieses Gesetzes setzt ein wichtiges Zeichen für den Erhalt und Schutz grundlegender (medizin) ethischer und grundrechtlicher Prinzipien, auf denen das Wertefundament unserer Gesellschaft fußt. Wir begrüßen die Entscheidung des Deutschen Bundestages deshalb sehr.“
„Eine Widerspruchslösung würde dem Staat die Möglichkeit geben, in einen Kernbereich der menschlichen Würde und Selbstbestimmung einzugreifen”
„Der christliche Glaube sieht den Menschen als Einheit aus Leib und Seele, der selbstbestimmt und in eigener Verantwortung vor Gott über den Umgang mit seinem Leib entscheiden kann und soll“, sagt Bischof Stefan Oster. Eine Widerspruchslösung würde dem Staat die Möglichkeit geben, in einen Kernbereich der menschlichen Würde und Selbstbestimmung einzugreifen. „Ich sehe das Ersetzen einer konkreten Einwilligung durch eine Zustimmungsfiktion, die im Allgemeinen bleibt und nicht wie bisher auf bewusster freiwilliger Entscheidung mit vorgängiger individueller Information beruht, als einen nicht zulässigen Eingriff in die Selbstbestimmtheit des Menschen, wie diese der christliche Kontext vorgibt“, so Bischof Oster weiter. Zu all dem komme, dass, empirisch betrachtet, kein Zusammenhang zwischen einer Widerspruchslösung und einer erhöhten Zahl von Organentnahmen zum Zwecke der Transplantation nachgewiesen ist. „Letztlich sehe ich in der Thematik insbesondere einen wesentlichen Faktor, der zu einer Erhöhung der Zahl der Organentnahmen führen kann: das VERTRAUEN der Menschen in eine Regelung, die die Selbstbestimmung und die Würde des Menschen als in seinen existenziellen Belangen entscheidendes Individuum achtet.“
Bereits vor der Abstimmung des Deutschen Bundestages über die konkurrierenden Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Organspende hat sich der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Dr. Thomas Sternberg, für eine erweiterte Zustimmungslösung ausgesprochen. „Es muss weiterhin der Grundsatz gelten, dass die Organentnahme an die ausdrückliche Zustimmung der verstorbenen Person oder ihrer Angehörigen gebunden bleibt. Nur dann handelt es sich um eine freiwillige Organspende. Eine Widerspruchslösung, bei der auf eine ausdrückliche Zustimmung verzichtet werden könnte, ist mit dem Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht der sterbenden Patienten nicht vereinbar“, so der Präsident wörtlich.
Der Katholische Deutsche Frauenbund e.V. (KDFB) hatte sich ebenfalls vor der Abstimmung gegen die so genannte Widerspruchslösung bei der Organspende ausgesprochen. KDFB-Präsidentin Maria Flachsbarth unterstrich dabei die Position des Verbandes, dass die Organspende eine bewusste und freiwillige Entscheidung bleiben muss. Der KDFB unterstütze nachdrücklich das Ziel, in Deutschland mehr lebensrettende Organtransplantationen zu ermöglichen. Ein flächendeckendes Informations- und Beratungsangebot sei daher zwingend notwendig, um die Bevölkerung für die Organspende-Bereitschaft stärker zu sensibilisieren, hieß es in einer Pressemitteilung. Dies sollte laut Frauenbund zusammen mit zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren sowie Kirchen und Religionsgemeinschaften weiterentwickelt und ausgebaut werden.