Text und Photos: Mareen Maier
Auch nach einer Zeit der Trauer spüren sie noch oder immer wieder eine Leere und Kraftlosigkeit. „Sie sind oft alleine und haben gerade ein oder zwei Jahre danach auch keine Gesprächspartner mehr. Denn die anderen sagen manchmal: ‚Es ist doch schon so lange her.‘ Doch die Trauer ist noch nicht soweit“, so Walter Sendner vom Referat Seniorenseelsorge des Bistums Passau. Er weiß: Für Verwitwete, ganz egal welchen Alters und egal, wie lange der Tod des geliebten Partners zurückliegt, ist es wichtig, auf Menschen zu treffen, die sich hineinspüren können, weil sie das gleiche Schicksal teilen. „Es braucht Gesprächspartner, die einen verstehen“, so Sendner. Aus diesem Grund lud das Referat Seniorenseelsorge gemeinsam mit dem Referat Frauenseelsorge und der Trauerpastoral und unterstützt von der Katholischen Erwachsenenbildung im Bistum Passau bereits zum dritten Mal zu einem Stärkungstag für Witwen und Witwer ein. Im Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche in Passau kamen 50 Frauen und Männer aus dem gesamten Bistumsgebiet zusammen, um sich auszutauschen und aufbauende Impulse zu erfahren. Dem Team um Sendner war vor allem wichtig, den Teilnehmern zu zeigen: „Ihr seid nicht alleine!“ Zudem sollten sie neue Gedanken für den Weg, den sie zuvor gemeinsam gingen, doch nun alleine bestreiten müssen, bekommen. Bei dem Einkehrtag, der unter dem biblischen Wort „Ich bin der Weg“ (Joh 14,5) stand, sollte der Weg mit dem Partner ebenso seinen Platz haben wie auch der zuversichtliche Blick in die Zukunft.
„Sie sind oft alleine und haben gerade ein oder zwei Jahre danach auch keine Gesprächspartner mehr. Denn die anderen sagen manchmal: ‚Es ist doch schon so lange her.‘ Doch die Trauer ist noch nicht soweit.”
Zu Beginn sprach Domkapitular Gerhard Auer ermutigende und berührende Worte zu den Witwen und Witwern. In einem Impulsreferat griff er mit Zitaten, Gebeten, Gedichten und Bildern verschiedene Gedanken auf und gab Beispiele, die Orientierung bieten. Unter anderem stellte er fest: „Wir leben unser Leben in wachsenden Ringen. Wir entwickeln uns weiter. Es ähnelt dem Wachstum von Bäumen in hellen und dunklen Ringen. Helle, von Sonne durchtränkt und dunkle, wo das Gefühl da war, dass die Sonne fehlte.“ Mit Hilfe des Labyrinths von Chartres ging er auf die oftmals unerwarteten Wendungen im Leben und auf Wege, die zunächst unübersichtlich erscheinen, aber doch zum Ziel führen, ein. Das Labyrinth wolle die Angst nehmen, sich auf den Weg zur Mitte zu machen. „Es kann belastend sein zu sehen, dass das Ziel, die Mitte, zum Greifen nah erscheint, man aber mehrfach wieder von ihm weggeführt wird. Wie du den ganzen Raum des Labyrinthes ausgehen musst, so musst du dein eigenes Leben ausgehen. Scheinbar kommst du nicht weit voran. Und doch führt dich das Gehen den Weg. Deinen Weg“, so Auer.
Am Ende des Vortrags stand die Emmauserzählung als Zusicherung, dass der unsichtbare Herr spürbar – verstehend, tröstend und frohmachend – begleitet und seine Zusicherung wahr macht, alle Tage des Lebens mit uns und bei uns zu sein. Nach dem Impulsreferat reflektierten die Teilnehmer gemeinsam das Gehörte und erzählten einander von ihrer persönlichen Geschichte, bevor am Nachmittag Kleingruppen gebildet wurden. Domkapitular Auer machte sich mit einigen Frauen und Männern auf einen Pilger- und Stärkungsweg zur Wallfahrtskirche Mariahilf. Beim „Christus in der Rast“ hielt die Gruppe inne und betete. Eine andere Gruppe kam mit Trauerbegleiterin Ulrike König zusammen. Unter der Überschrift „In Bewegung und lebendig bleiben. Tänze, Texte und Gespräche, die uns bewegen“ half sie den Verwitweten dabei, zu erfahren, wie gut Bewegung in der Trauer tun kann. Kreative Impulse und Anleitung, Erinnerungen und Gedanken in Form zu bringen, gab Walter Sendner. Er regte einige Witwen und Witwer dazu an, ein persönliches Ermutigungs- und Stärkungsbuch zu gestalten. Im Trauerprozess seien kleine Rituale wichtig, so Sendner. „Mit dem Buch kann man einen Bereich schaffen, in dem man sich ganz dem Verstorbenen zuwendet und in Dialog tritt. Es kann helfen, Gedanken und Erinnerungen niederzuschreiben, über die man sich mit niemanden sonst austauschen kann.“ Ebenfalls kreativ wurden Witwen, die mit den Trauerbegleiterinnen Hiltrud Tschirner und Renate Pongratz gemeinsam Kerzen gestalteten. Das sollte ihnen helfen, lichtbringende Erfahrung in ihren Alltag mitzunehmen. Zudem gebe es laut Renate Pongratz ein gutes Gefühl, „wenn man spürt, dass beim eigenen Tun schöne Dinge zum Vorschein kommen.“ Einige Frauen nutzen auch das Angebot von Trauerbegleiterin Birgit Czippek und Walburga Westenberger vom Referat Frauen, durch das meditative Gehen in der Natur Stärkung zu erfahren. Bei sämtlichen Gruppen herrschte eine sehr vertrauensvolle Atmosphäre. In Erinnerung an die verstorbenen Ehepartner wurden zwar Tränen geweint, doch in Dankbarkeit für schöne gemeinsame Erlebnisse wurde auch herzhaft miteinander gelacht.
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Beschlossen wurde der Stärkungstag mit einem Gottesdienst in der Kapelle von Spectrum Kirche, bei dem Gedanken aus den einzelnen Arbeitsgruppen eingebracht wurden. Bevor die Witwen und Witwer nach Hause gingen, erhielten sie ein sehr symbolträchtiges Geschenk. Einen kleinen Rucksack auf einer Tafel Schokolade. Ein Zeichen für: Ihr seid auf dem Weg – und wir möchten euch Stärkung und Hoffnung schenken. „Man sieht hier einfach, dass man nicht alleine ist. Man spürt, es gibt Unterstützung. Ich habe keine Kinder und stand alleine da. Es tut so gut, dass es solche Angebote gibt – denn ich wusste nicht, wo ich hinsollte. Der Tag war sehr hilfreich für mich“, stellte eine Witwe fest, die vor einem halben Jahr ihren Mann zu Grabe tragen musste.