Dass sich Trachtler weder in ihrem Glauben noch in ihrer Tradition beirren lassen, zeigten die Wetterkapriolen während des großen Gautrachtenfestes in Altötting am vergangenen Wochenende: während es am Samstag noch drückend schwülheiß war, regnete es am Sonntag bei 15 Grad weniger in Strömen, als die Teilnehmer verschiedener Vereine zu Tausenden mit oder ohne Schirm unbeirrt in Formation und mit Musikbegleitung zum Kapellplatz zogen, um im Freien einen Festgottesdienst zu feiern.
Unbeirrt saß auch die Prominenz um Ehrengast Ministerpräsident Markus Söder inmitten eines Meeres an Schirmen in vorderster Reihe vor dem Freiluftaltar mit einer Replik des Gnadenbildes Unserer Lieben Frau von Altötting. Nach den einleitenden Worten vom 1. Gauvorstand des Gauverbandes I (mit den Gebieten Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Inn-Salzach, Mangfall, Nördl. Chiemgau, Rupertiwinkel, Simssee und Traunsstein der älteste und größte in Bayern), Peter Eicher, begrüßte Wallfahrtsrektor Prälat Günther Mandl die Teilnehmer zum Festgottesdienst. Und siehe da: die Wolken lichteten sich zusehends, der Regen wurde weniger und hörte bald ganz auf. Zum großen Trachtenzug im Anschluss zeigte sich sogar ein wenig die Sonne – der Herrgott meinte es gut mit den Seinen. Denn solche seien die Trachtler zweifellos, führte Prälat Mandl in seiner Predigt aus, nicht zuletzt durch ihre Treue zum Gnadenort Altötting. Die gelebte Verbindung von Glaube, Tradition und Alltag sein eine ganz wichtige Stütze des Gemeinschaftslebens in Bayern, bedanke sich Mandl bei den Trachtlern.
Darin konnten ihm nach dem Gottesdienst die Grußredner Erster Bürgermeister Herbert Hofauer als Schirmherr des Gautrachtenfestes und Ministerpräsident Markus Söder als Ehrengast nur beipflichten. Ausländische Staatsgäste würden immer zuerst danach fragen, wo denn die schönen bayerischen Trachten seien, so Söder. Genauso wichtig sei aber deren tiefe Verwurzelung im Glauben, die man sich in Bayern nicht nehmen lasse: „Bei uns bleiben die Kreuze hängen und werden die Gottesdienste gefeiert.“ Abschließend gab der Ministerpräsident den Trachtlern mit auf den Weg: „Ohne euch wäre Bayern nicht Bayern!“. Wie zum Beweis wurden die Fürbitten während der Festmesse von einigen Trachtenkindern in bayerischer Mundart vorgetragen, jeweils verbunden mit dem Wunsch: „Hergott im Himme, erhör‘ uns!“ Und das hatte der Herrgott wahrhaftig getan – zumindest beim Wetter war es ganz offenkundig. So ging ein gelungenes Gautrachtenfest mit dem Festzug von rund 8.000 Teilnehmern in über 100 Gruppen und zahlreichen Zaungästen bei bester Stimmung in die letzte Runde.
Text + Fotos: Wolfgang Terhörst