Bistum

Landwirtschaft im Spannungsfeld

Tamina Friedl am 12.11.2022

Landwirtschaftstagung 1 Foto: Tamina Friedl / pbp

Die Landwirtschaft steht aktuell vor zahlreichen gesellschaftlichen Herausforderungen. Etablierte Verfahrensweisen rund um Pflanzenanbau und Tierhaltung werden auf der Basis wissenschaftlicher und ethischer Erkenntnisse in Frage gestellt. Um diese Themen zu diskutieren und reflektieren, lud die Landesvolkshochschule Niederalteich gemeinsam mit dem Landesbildungswerk der KLB in Bayern e.V. um den geschäftsführenden Referenten Martin Wagner zur Tagung mit dem Titel: „Landwirtschaft im Spannungsfeld der Märkte, wissenschaftlicher Erkenntnisse und einer ethischen Betrachtung“.

Die Lei­te­rin der LVHS, Bar­ba­ra Schmidt, begrüß­te in Nie­der­al­t­eich rund zwan­zig Ver­tre­te­rin­nen und Ver­tre­ter aus Land­wirt­schaft, Wis­sen­schaft, Ethik, Ämtern und Ver­bän­den. Nie­der­al­t­eich sei als Pil­ger­ort immer schon Teil eines Weges gewe­sen. So stel­le auch die Tagung einen Weg in den Fokus, näm­lich den der Gesell­schaft und im Spe­zi­el­len der Land­wirt­schaft durch aktu­el­le Herausforderungen. 

Dr. Tho­mas Gug­gen­ber­ger eröff­ne­te die Tagung mit sei­nem Vor­trag über wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se zum Kli­ma­wan­del und zum Tier­wohl. Der Lei­ter des Insti­tuts für Nutz­tier­for­schung HBLFA Raum­berg-Gum­pen­stein ver­schaff­te in sei­nem Vor­trag einen Über­blick über das lang­fris­ti­ge Fort­schrei­ten der Kli­ma­er­wär­mung. Das Pro­blem sei sowohl addi­tiv als auch lang­fris­tig. Man kön­ne nicht davon aus­ge­hen, dass man die Kli­ma­bi­lanz jedes Jahr wie­der neu schrei­ben kön­ne. Kli­ma­er­wär­mung schrei­te so lan­ge wei­ter vor­an, bis wir Treib­haus­gas-Emis­sio­nen voll­kom­men ein­stel­len. Man kön­ne das Pro­blem also vor allem ver­lang­sa­men, nicht ver­rin­gern. Es ist nicht nur wich­tig, zu han­deln, son­dern auch schnell zu han­deln“, so Gug­gen­ber­ger. Die Trans­for­ma­ti­on der Ener­gie­wen­de müs­se geschafft wer­den und inner­halb die­ser müs­se gleich­zei­tig auch die Land­wirt­schafts­wen­de lau­fen: Die Land­wirt­schaft muss sich der Gesell­schaft annä­hern.“ Als Aus­weg nann­te er mit­un­ter die stand­ort­ge­rech­te Land­wirt­schaft und mit ihr auch die tief­grei­fen­de Eva­lua­ti­on des Tierwohls.

Über Her­aus­for­de­run­gen im Ver­hält­nis zwi­schen Tier­wohl und Markt refe­rier­te Isa­bel­la Timm-Guri, Direk­to­rin des Fach­be­reichs Erzeu­gung und Ver­mark­tung des Baye­ri­schen Bau­ern­ver­bands. Am Markt sei­en die Wün­sche in punc­to Tier­wohl groß, ent­spre­chen­de Hand­lun­gen jedoch eher gering. Im Moment ist das Tier­wohl lei­der mehr Laden­hü­ter als gewünscht“, so Timm-Guri. Die Refe­ren­tin stell­te in ihrem Vor­trag die Bran­chen­in­itia­ti­ve Tier­wohl (ITW) vor. Die­se sei als ein frei­wil­li­ges Pro­gramm für höhe­re Tier­wohl­an­for­de­run­gen mit ent­spre­chen­dem Kos­ten­aus­gleich initi­iert wor­den und för­de­re vor­ran­gig den Aus­tausch zwi­schen Land­wirt­schaft und Ein­zel­han­del. Ziel ist es, mehr in die Brei­te zu kom­men“, beschreibt Timm-Guri die Initia­ti­ve. Die ITW bie­te vie­le Chan­cen, sehe sich ins­ge­samt aber auch Gren­zen gegen­über. So sei bei­spiels­wei­se die Markt­macht des Ein­zel­han­dels ins­be­son­de­re in Bezug auf Finan­zie­rung nach wie vor stark spür­bar und die ver­bind­li­che Pro­gramm­dau­er von drei Jah­ren sei für lang­fris­ti­ge Ver­än­de­rung zu kurz. Um die Her­aus­for­de­run­gen in der Zukunft zu bewäl­ti­gen, sei schließ­lich eine nach­hal­ti­ge Ver­zah­nung von Markt und Poli­tik wesent­lich: Der Markt allei­ne wird es nicht rich­ten.“ Das Enga­ge­ment sol­le jedoch weit über das bestehen­de Tier­hal­tungs­kenn­zeich­nun­s­ge­setz hin­aus­ge­hen, das Timm-Guri als lücken­haft und mit Zer­stö­rungs­po­ten­zi­al“ kritisierte.

Theo­lo­ge und Reli­gi­ons­wis­sen­schaft­ler Ste­fan Hai­der näher­te sich dem Span­nungs­feld von Land­wirt­schaft und Gesell­schaft schließ­lich aus ethi­scher Per­spek­ti­ve und stell­te dabei die Fra­ge: Wo liegt die Ver­ant­wor­tung bei den Pro­ble­men, die wir gera­de vor­fin­den?“ Sei­nem Vor­trag zu Grun­de lag der Kampf zwi­schen Kul­tur und Natur und die damit zusam­men­hän­gen­de Natur­ethik. Im Wunsch, die Natur zu schüt­zen, ver­klä­re und roman­ti­sie­re sie der Mensch und schaf­fe ethisch schwer-begründ­ba­re Bewah­rungs­kon­zep­te. Die Bezie­hung zwi­schen Mensch und Tier habe sich im Lauf der Zeit stark gewan­delt. So sei es Anlie­gen des Tier­schut­zes gewe­sen, die Fehl­be­haup­tung auf­zu­klä­ren, dass Tie­re kein Leid spü­ren könn­ten. Die­ser Gedan­ke habe sich wei­ter ent­wi­ckelt hin zum Ver­ständ­nis von Tier­wohl als art­ge­rech­tes bzw. gutes Leben“ und gip­fe­le nun in der Fra­ge, inwie­weit es Tier­rech­te über­haupt erlau­ben, Tie­re zu hal­ten, zu nut­zen und zu töten.“ Einen Umgang mit den ver­schie­de­nen exis­tie­ren­den Posi­tio­nen zu fin­den, sei heu­te Auf­ga­be der Tierethik. 

Die Teil­neh­men­den zeig­ten sich erfreut über die Mög­lich­keit zum Aus­tausch im klei­nen Kreis und such­ten auch zwi­schen den Vor­trä­gen das Gespräch mit den Refe­ren­tin­nen und Refe­ren­ten. Am Nach­mit­tag stieß außer­dem über­ra­schend der neue Prä­si­dent des Baye­ri­schen Bau­ern­ver­bands, Gün­ther Felß­ner, zur Tagung hin­zu, der eben­falls noch ein­mal den Bei­trag der Land­wirt­schaft zu posi­ti­ven Ver­än­de­run­gen her­vor­hob. Bei der Podi­ums­dis­kus­si­on am Ende der Ver­an­stal­tung bot sich schließ­lich die Gele­gen­heit, noch ein­mal aus­führ­lich über die bespro­che­nen The­men zu diskutieren. 

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