Er hat längst akzeptiert, dass er nicht alles das kann, was seine Freunde machen. Er hat für sich viel gefunden, wo er dabei sein kann und ist, und dabei so akzeptiert wird, wie er ist.
Der 13jährige ist Eishockeyfan, liebt Basketball und ist seit drei Jahren Ministrant in der Pfarrei Heiligkreuz. Einer von wenigen Rollstuhlfahrer im kirchlichen Ehrenamtsdienst. Ein Jahr nach seiner Erstkommunion hat er mit dem ehrenamtlichen Dienst begonnen. „Die Mama hat mich motiviert und meine Freunde sind auch als Ministranten aktiv. Interessiert hat es mich natürlich auch. Ich suche immer etwas, was ich auch machen kann. Bei vielen Dingen bin ich wegen meiner Behinderung aber eingeschränkt“, sagt er und merkt schmunzelnd an: „Joggen geht schon mal nicht.“
In der Pfarrkirche Heiligkreuz ist er seit inzwischen regelmäßig im Einsatz, auch wenn das am Anfang sich als schwierig erwiesen hat. „Die Heiligkreuzer Kirche ist nicht gerade behindertengerecht und vor allem im Altarraum geht es recht eng her. Zudem gibt es viele Stufen“, hat Mama Martina festgestellt.
Doch Maxi wäre nicht Maxi, wenn er es nicht ausprobieren hätte können. Er hat sich damals mit den Oberministranten getroffen, es wurde ausprobiert und es hat funktioniert – grundsätzlich. Mit der Kirchenverwaltung wurde eine Begehung durchgeführt und für die Stufe an der Sakristei zum Altarraum eine kleine mobile Rampe gebaut. Möchte er in die Sakristei die beiden Stufen runter, dann braucht er dennoch die Hilfe seiner Freunde, die er gerne erhält.
Maxi steht vor dem Schrank mit den Messgewändern. Er sucht eines aus und die anwesenden Ministranten helfen beim Anziehen. Vieles kann er selbst, „aber die Knöpfe fuxen oft“, gibt er zu. Ist Maxi im Dienst, stellen die Mesner den Gong auf einen Hocker, damit er gut hinkommt. Er hat seinen festen Platz an der rechten Seite. Wenn der Pfarrer mit den anderen Ministranten durch den Haupteingang einzieht, rollt er über die kleine Rampe aus der Sakristei und wartet im Altarraum, bis alle da sind. „Das macht mir nichts aus. Mein Rollstuhl ist mit mir schwer zu tragen. Das kann nicht jeder. Da darf ich dann die Glocke zum Start läuten – das macht sonst der Mesner. Manchmal zieht der Pfarrer mit uns auch durch die Sakristei ein. Da bin ich dann in der Reihe, wie alle anderen auch.“
Wenn einmal nicht genügend Ministranten da sind, dann rollt Maxi auch zum Evangelium an den Ambo und hält den Leuchter. „Den bringt ein Ministrant mit, wenn der Pfarrer mit dem Evangeliar nach vorne kommt, drückt ihn mir in die Hand und nimmt ihn dann auch wieder mit.“ „Nach dem Gottesdienst muss ich vieles im Internet nachschauen. Was es mit den Märtyrern auf sich hat, die in den Texten vorgekommen sind. Auch das Leben der Heiligen ist interessant“, hat er festgestellt. Besonders viel Spaß macht ihm dabei die Gemeinschaft, die ihm das Gefühl gibt, etwas wert zu sein. „Manchmal habe ich zum Abendgottesdienst keine Lust, doch dann ist es trotzdem schön“, sagt er und unterscheidet sich dabei nicht von allen anderen Ministranten.
„Ich bin unglaublich stolz, dass damals dann die großen Minis gemeint haben, dass das schon gehen würde. Ich hab mich riesig gefreut als der Maxi mit in der Ministrantengruppe war. Ich halte es für wichtig – auch ohne das große Wort ‚Inklusion‘ – für die Ministranten und auch für die Pfarrei. Es ist viel wichtiger im alltäglichen Miteinander zu spüren, dass bei uns jeder Mensch Platz haben soll, der ‚in Gottes Namen‘ mit uns leben will“, so Pfarrer Michael Witti.
Zum Thema Gott und Glauben meint der 13jährige, dass er oftmals an Gott gezweifelt hat. „Oft hab ich mir schon gedacht, wenn Gott alles schön haben möchte, warum hat er mir die Behinderung gegeben.“ Für ihn sind große Teile der Bibel glaubhaft. „Aber die Entstehung der Welt hat anders funktioniert. Das ist wissenschaftlich erwiesen“, ist er sich sicher. Maxi Schauner ist mit einer infantilen Cerebralparese (ICP) zur Welt gekommen – das heißt, dass er vor oder nach der Geburt einen Hirninfarkt erlitten hat. „Genau weiß man das nicht“, so Papa Tom. Das hat zur Folge, dass es Probleme mit der Motorik gibt. Bei Maxi sind es Spastiken, die ihn einschränken. Vor allem in der Wachstumsphase sind die Muskeln nicht mit dem Knochenwachstum mitgekommen und die Folge sind Gelenkfehlstellungen und Schädigungen wie Kontrakturen, Fehlhaltungen und Gelenkverschleiß, erklärt Mama Martina. Bis heute muss Maxi Orthesen tragen und viel mit seinen Muskeln üben. Diese sind nach einer großen Operation, bei der im Rücken Nervenstränge aufgedröselt wurden und manche durchschnitten wurden, einfacher. „Wir müssen in der Nacht nicht mehr die großen Orthesen anlegen, die verstrebt sind. So hat sich Maxi nicht selbst drehen können und wir mussten in der Nacht mehrmals aufstehen, um ihn in eine bequeme Lage zu bringen.“
Seit dem ersten Tag begleiten ihn Physiotherapie, Ergotherapie, Operationen, viele Reha’s, Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte. Doch auch außerhalb der Therapien muss Maxi fleißig sein und seinen Körper trainieren. „Oft gibt es Schmerzen und die Tränen, die wir zusammen vergossen haben, würden unser Schwimmbecken füllen“, geben die Eltern Martina und Tom zu. Doch war es den beiden immer wichtig, ihrem Jungen ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen. „Es war oft ein Kampf. Doch er hat sich rentiert.“ Maxi geht in die siebte Klasse der Heinrich-Braun-Schule und hat seine Schulbegleitung immer an seiner Seite. „In den Proben darf sie nur das aufschreiben, was ich ihr diktiere“, erzählt Maxi. Doch alles nimmt ihm die Schulbegleitung nicht ab. Vieles muss Maxi auch selbst in seine Hefte schreiben. „Wenn es zu viel ist und die Hand zusammenkrampft und dadurch ich den Stift nicht mehr halten kann, muss meine Begleitung übernehmen. Aber aufpassen muss ich trotzdem, lernen auch.“ Fragt man Maxi nach seinem Berufswunsch, dann möchte er am liebsten Autoverkäufer werden.
Auch weitere Sportarten möchte er ausprobieren. Tischtennis oder Volleyball. „Das ist auch mit Rolli möglich.“ Beim TSV Heiligkreuz durfte er auch beim Fußball mit dabei sein. „Mit dem Fuß schießen, das geht natürlich nicht. Aber im Tor stehen, das hat ganz gut funktioniert. Aber das mach ich nun nicht mehr.“
Jetzt freut sich Maxi wieder auf die beginnende Eishockeysaison. Vor zwei Jahren haben die Red Bulls Oberfeldkirchen eine kleine Holztribüne mit Metallrampe im Trostberger Eisstadion gebaut, so dass er als glühender Fan der Eishockeyspieler gut über die Bande schauen kann und das Spiel gut verfolgen. Gerne würde er aber wieder nach Rosenheim fahren, um die Starbulls live anzufeuern. „Die Rollstuhlplätze sind aber schon weg“, bedauert er.
Text und Bilder: Tine Limmer