Bistum

Synodalität – Pastoraltagung 2023

Stefanie Hintermayr am 19.10.2023

432 A2152 1 Foto: Stefanie Hintermayr/pbp

Die diesjährigen Pastoraltagungen in Spectrum Kirche Passau-Mariahilf war mit rund 130 Teilnehmenden gut besucht. Die beiden Tage am 18./19. Oktober standen ganz im Zeichen der „Synodalität“. Zentrale Programmpunkte waren die Vorträge der beiden Theologieprofessoren Prof. Jan-Heiner Tück und Prof. Katharina Karl.

Syn­oda­li­tät ist ein hoch­ak­tu­el­les kir­chen­po­li­ti­sches und viel dis­ku­tier­tes The­ma. Sei­ne Bedeu­tung zeigt sich nicht zuletzt an der aktu­el­len Welt­bi­schofs­syn­ode in Rom, die Papst Fran­zis­kus ein­be­ru­fen hat. So ver­wun­dert es nicht, dass Syn­oda­li­tät das über­ge­ord­ne­te The­ma der dies­jäh­ri­gen Pas­to­ral­ta­gun­gen an den bei­den Tagen vom 18./19. Okto­ber in Spec­trum Kir­che Pas­sau-Maria­hilf war. Denn allein schon bei der Begriff­lich­keit wür­den die Mei­nun­gen aus­ein­an­der­ge­hen, beton­te Bischof Ste­fan Oster SDB im Ein­la­dungs­schrei­ben zur Tagung. Es sei von mehr Demo­kra­tie“ die Rede, einem Mehr“ an Hören auf den Hei­li­gen Geist, einer Metho­de“. Schließ­lich waren rund 130 in der Pas­to­ral täti­gen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter des Bis­tums Pas­sau der Ein­la­dung des Refe­rats für Theo­lo­gi­sche Bil­dung und Lei­tungs­kul­tur gefolgt, um genau sol­chen Fra­ge­stel­lun­gen rund um das The­ma Syn­oda­li­tät auf den Grund zu gehen.

Erneuerung aus dem Ursprung

Auf­takt am ers­ten Fort­bil­dungs­tag waren die bei­den Vor­trä­ge von Prof. Jan-Hei­ner Tück zum The­ma Dem Evan­ge­li­um ein Gesicht geben. Spi­ri­tu­el­le Res­sour­cen einer syn­oda­len Kir­che“. In sei­nem ers­ten ging der Pro­fes­sor für Dog­ma­ti­sche Theo­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Wien auf den mehr­stu­fi­gen und von Papst Fran­zis­kus ange­sto­ße­nen Syn­odal-Pro­zess der Welt­kir­che ein, wel­cher jetzt in die ent­schei­den­de Pha­se kommt. Für den Vor­trags­ti­tel hat­te er nicht umsonst Erneue­rung aus dem Ursprung“ gewählt. Wenn wir wis­sen woll­ten, beton­te Tück, wohin es mit der Kir­che gehen soll, müss­ten wir zuerst ein­mal einen Blick auf ihren Ursprung wer­fen. So habe das II. Vati­ka­ni­sche Kon­zil ers­te Ele­men­te einer syn­oda­len Kir­che ent­wi­ckelt und die Kir­che als wan­dern­des Got­tes­volk beschrie­ben. Es mach­te Got­tes­däm­me­rung, Chris­tus­de­menz und Geist­ver­ges­sen­heit als Sym­pto­me einer Kir­chen­kri­se aus, so Tück. Kir­che droht in einen ekkle­sio­lo­gi­schen Nar­ziss­mus abzu­glei­ten, wenn sie nur um sich kreist und ihre Aus­rich­tung auf die tri­ni­ta­risch-chris­to­lo­gi­sche Mit­te ver­gisst.“ Dem­ge­gen­über ent­fal­te das II. Vati­ka­ni­sche Kon­zil eine dyna­misch geschicht­li­che Sicht von Kir­che als wan­dern­dem Volk Got­tes und Com­mu­nio, das die Gläu­bi­gen als akti­ve Trä­ger der Evan­ge­li­sie­rung ein­be­zie­he, erklär­te Tück, was den mis­sio­na­ri­schen Grund­auf­trag klar definiere. 

Im Hin­blick auf den Syn­oda­len Pro­zess als die zwei­te gro­ße Reform­be­we­gung nach dem II. Vati­ka­ni­schen Kon­zil, beton­te Tück das gro­ße Anlie­gen von Papst Fran­zis­kus, alle Glie­der der Kir­che, und damit alle Gläu­bi­gen in den Pro­zess ein­zu­be­zie­hen. Und das ist sub­stan­ti­ell neu“, so der Theo­lo­gie­pro­fes­sor. Nichts­des­to­trotz sei hier die beson­de­re Ver­ant­wor­tung der Bischö­fe ange­zeigt; Syn­odus Epis­co­po­rum“ lau­te schließ­lich die Über­schrift des Pro­zes­ses. Die Syn­ode sei, das habe Papst Fran­zis­kus betont, kein Par­la­ment. Fran­zis­kus hat für die syn­oda­le Kir­che eine Kul­tur des Zuhö­rens ange­mahnt und das Bild einer umge­kehr­ten Pyra­mi­de ver­wen­det“ erklär­te Tück. Der Dienst des obers­ten Hir­ten besteht dar­in, dass er sein Ohr bei der Her­de hat. Er soll auch ein­mal hin­ter­her­ge­hen.“ Maß­geb­lich für den Syn­oda­len Pro­zess sei­en drei Begrif­fe: Gemein­schaft“, Gemein­sa­me Ver­ant­wor­tung in der Sen­dung“ und Teil­ha­be, Lei­tungs­auf­ga­ben und Autorität“.

Zu den von Papst Fran­zis­kus aus­ge­mach­ten Risi­ken, die der Syn­oda­le Pro­zess in sich birgt, zähl­ten laut Tück For­ma­lis­mus (die Reduk­ti­on der Syn­ode auf ein äußer­li­ches Ereig­nis ohne sub­stan­ti­el­le Umkehr), Intel­lek­tua­lis­mus (die Syn­ode als Stu­di­en­grup­pe von Exper­ten, die ledig­lich Papie­re pro­du­ziert, sich aber von der Wirk­lich­keit des Vol­kes Got­tes löst) und Immo­bi­li­tät („So hat man es schon immer gemacht“). Dem­ge­gen­über stün­den zen­tral drei gro­ße Chan­cen, erläu­ter­te Tück. Man mache sich schließ­lich gemein­sam auf den Weg zu einer syn­oda­len Kir­che, einem offe­nen Ort, wo sich alle zuhau­se füh­len. Zudem wür­de man eine hören­de Kir­che, was ein­her­ge­he mit einer neu­en Kul­tur der Anbe­tung. Und: eine syn­oda­le Kir­che bedeu­te auch eine Kir­che der Nähe mit einem Mit­ge­fühl für Ver­wun­de­te und Arme, ganz im Sin­ne Got­tes. Pro­ble­me, die all dies und den Pro­zess ins­ge­samt gefähr­den könn­ten, bestün­den laut Tück durch­aus eini­ge. Eine Gefahr des Miss­lin­gens des Syn­oda­len Pro­zes­ses sind Tra­di­tio­na­lis­ten, die auf Kon­ti­nui­tät behar­ren und Avant­gar­dis­ten“, so Tück. Hin­zu­kä­me das Pro­blem der Fül­le an The­men sowie das der Bera­tungs- und Ent­schei­dungs­pro­zes­se, zuvor­derst ob auch Nicht­bi­schö­fe (dar­un­ter auch Frau­en) Teil des Ent­schei­dungs­gre­mi­ums sein werden.

Dem Evangelium ein Gesicht geben

In sei­nem zwei­ten Vor­trag erör­ter­te er mög­li­che Ant­wor­ten auf die Fra­ge, wie Gläu­bi­ge dem Evan­ge­li­um in unse­rer heu­ti­gen beschleu­nig­ten Lebens­welt ein Gesicht geben kön­nen. Grund­sätz­lich, so Tück, sei er für ein kom­ple­men­tä­res Ver­hält­nis zwi­schen Lai­en und Pries­tern. Pries­ter kön­nen uns etwas geben, was wir uns selbst nicht geben kön­nen, wie bei­spiels­wei­se in der Eucha­ris­tie. Umge­kehrt kön­nen Lai­en, bedingt durch die plu­ra­len Lebens­be­rei­che, in denen sie im Gegen­satz zu Pries­tern unter­wegs sind, die Evan­ge­li­sie­rung auch berei­chern.“ Er führ­te hier­für ein paar ganz kon­kre­te Bei­spie­le an und beton­te: Die Kir­che hat ein gan­zes Set an Ange­bo­ten, um einen gläu­bi­gen Lebens­stil aus­zu­bil­den.“ Und wei­ter: Das sind ganz ein­fa­che Prak­ti­ken, die zur Tra­die­rung des Glau­bens wich­tig sind. Die Psal­men zu beten, den Got­tes­dienst auf­zu­su­chen, mit der nach­fol­gen­den Gene­ra­ti­on über die Bibel im Gespräch zu blei­ben, sprich Kate­che­se.“ Dadurch, so sei­ne Hoff­nung, kön­ne es gelin­gen, das Christ­sein in der heu­ti­gen Welt wie­der ent­schie­de­ner und mün­di­ger zu leben.

Synodalität erfahren und ermöglichen

Am zwei­ten Tag der Pas­to­ral­ta­gun­gen am 19. Okto­ber war Prof. Dr. Katha­ri­na Karl, Pro­fes­so­rin für Pas­to­ral­theo­lo­gie und Homi­le­tik an der KU Eich­stätt-Ingol­stadt, ein­ge­la­den. Sie refe­rier­te zum The­ma Syn­oda­li­tät zwi­schen Respekt und reli­giö­ser Selbst­be­stim­mung“. Den ers­ten Vor­trag fass­te sie unter den Titel Syn­oda­li­tät – Gemein­sam unter­wegs? Ver­ant­wor­tung und Betei­li­gung in der Kir­che heu­te“. Sie lei­te­te mit einer Fra­ge ein: Wie gestal­tet man auf den ver­schie­de­nen Ebe­nen (von der loka­len zur uni­ver­sa­len) jenes gemein­sa­me Gehen?“ Hier warf sie zuerst einen Blick auf die Jugend­syn­ode in Rom im Jahr 2018, anhand derer sie die Betei­li­gung ver­schie­de­ner Grup­pen im Pro­zess auf­zeig­te. Damals war die gro­ße Revo­lu­ti­on, dass eine erst­mals inter­na­tio­na­le Syn­ode die Bera­tun­gen der Kir­che auf eine grö­ße­re Grup­pe – in die­sem Fall der Jugend­li­chen – aus­ge­wei­tet wur­den, um sie zu betei­li­gen“, so Karl. Das ent­schei­den­de Wort hier ist eine hören­de Kir­che.“ Als theo­lo­gi­sche Weg­mar­ker der Jugend­syn­ode führ­te Karl an: Jugend als theo­lo­gi­scher Ort, Jugend als Lern­ort für die Kir­che“, mis­sio­na­ri­sche Syn­oda­li­tät, gemein­sam Hören und gemein­sam Entscheiden.

Beim jet­zi­gen welt­syn­oda­len Pro­zess habe Papst Fran­zis­kus ganz bewusst Auto­ri­tät und Betei­li­gung als zwei der Schlüs­sel­the­men defi­niert. Wir haben seit dem II. Vati­ka­ni­schen Kon­zil wie­der­ent­deckt, dass das gemein­sa­me Pries­ter­tum aller Getauf­ten wesent­lich für die Kir­che ist“, beton­te sie, und wei­ter: Der Papst hat ein­mal gesagt, Betei­li­gung zu stei­gern, ist die Erwar­tung Got­tes an die Gläu­bi­gen die­ses Jahr­tau­sends. Das ist eine hohe Lat­te.“ Kon­kret bedeu­te Got­tes Erwar­tung“ das gemein­sa­me Pries­ter­tum der Gläu­bi­gen, die reli­giö­se Selbst­er­mäch­ti­gung des Sub­jekts (nach Geb­hardt, Sozio­lo­ge) und die Com­mu­nio als Kir­che tei­len“. Die Selbst­er­mäch­ti­gung des Sub­jekts erklär­te sie fol­gen­der­ma­ßen: Geb­hardt beschreibt den Trend hin zur Pro­fes­sio­na­li­sie­rung in allen Lebens­be­rei­chen, mit Aus­nah­me des reli­giö­sen Bereichs, wo es sich genau umge­kehrt ver­hält. Hier war frü­her der Pfar­rer der Exper­te, heu­te sind es – für ihr reli­giö­ses Leben – die Gläu­bi­gen selbst.“ Das gemein­sa­me Gehen“, führ­te die Pas­to­ral­theo­lo­gin aus, erfor­de­re nun ein inklu­si­ves Kir­chen­bild, Offen­heit für Ande­re, Ent­gren­zung und Ver­wund­bar­keit. Und auf die Fra­ge, wie Syn­oda­li­tät in der Pas­to­ral vor Ort erfah­ren und ermög­licht wer­den kann, ant­wor­te­te sie: Bei uns in Deutsch­land gibt es bereits vie­le Struk­tu­ren, wo genau das schon pas­siert.“ Bes­tes Bei­spiel hier­für sei­en die Gre­mi­en in den Pfar­rei­en, wie bei­spiels­wei­se die Pfarr­ge­mein­de­rä­te, die das gro­ße Bewusst­sein der Lai­en vor Ort zeig­ten, so Karl. Es ist noch nöti­ger, dass all das auch in Ent­schei­dungs­pro­zes­se auf höhe­rer Ebe­ne mit­ein­fließt. Hier braucht es noch mehr Durchlässigkeit.“

Pastoraltagungen im Dezember

Abschluss der dies­jäh­ri­gen Pas­to­ral­ta­gung wird am 1. Dezem­ber im Haus der Begeg­nung Hei­lig Geist“ in Burg­hau­sen mit Bischof Ste­fan Oster SDB sein. Hier ist Prof. Tho­mas Söding, Pro­fes­sor für Neu­es Tes­ta­ment an der Ruhr-Uni­ver­si­tät Bochum, als Refe­rent ein­ge­la­den zum The­ma Hören auf das, was der Geist der Gemein­de sagt. Syn­oda­li­tät — im Neu­en Tes­ta­ment und heute“.

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