Im vollbesetzten Passauer Stephansdom feierte Bischof Stefan Oster an diesem Sonntag, genau 50 Tage nach Ostern, die Entsendung des Heiligen Geistes. Pfingsten ist so zugleich auch der Geburtstag der Kirche. Zur Feier Tages schmückten zahlreiche rote Luftballons den Dom. Ihre Aufschrift: Happy Birthday Kirche!
In seiner Predigt sprach Bischof Oster über die zwei Voraussetzungen dafür, dass dem Heiligen Geist ein fruchtbarer Ackerboden in der Kirche bereitet werden kann. Bereits zu Beginn des Gottesdienstes hatte der Bischof den Heiligen Geist mit einem Hubschrauber verglichen, der über uns schwebe. Die Frage sei immer, ob wir ihm eine Landebahn gewähren würden. Dazu brauche es zunächst das Gebet. Erst vor kurzem habe Bischof Oster eine Begegnung mit einer Frau gehabt, die ihn um das Privileg beneidet hatte, jeden Tag die Zeit zu haben, in Stille zu sein. Sie würde sich auch wünschen, einfach nur für sich oder nur für Gott sein zu können. „Zeit hat man für das, wofür man sie sich nimmt“, so die Antwort des Bischofs. „Geben wir dem Herrn Zeit, in unserer Seele an uns zu wirken.“ Diese Beziehung zu Gott sei schließlich die tragfähigste, in der auch alle anderen menschlichen Beziehungen aufgehoben seien. Ohne das persönliche Beten sei letztlich ein fruchtbarer Ackerboden unmöglich.
Ebenso brauche es dafür das Wort Gottes. Wenn im Gottesdienst auf die Lesungen das „Dank sei Gott“ erwidert werde, wüssten die meisten wahrscheinlich kurz danach schon nicht mehr, wofür sie eigentlich gedankt haben, so Bischof Oster. Meistens würden wir die Bibel auf den Gottesdienst reduzieren, daheim beschäftige sich fast niemand mehr damit. Dabei sei sie das lebendige Wort Gottes. „Dieses Wort will in Ihnen und mir Fleisch und Blut werden. Es will von uns aufgenommen, verstanden und erzählt werden.“ Auch ohne das Wort Gottes könne der Ackerboden für den Heiligen Geist nicht bereitet werden.
„Es ist für alle geschrieben, die Gott suchen und sich nach ihm sehnen.”
Die zwölf Apostel hätten gelernt, „Freimut in der Rede über Jesus“ zu leben. Eben diesen Freimut und die Kühnheit brauche es auch heute. Jedoch stehe dem entgegen stets auch das Schamgefühl, sich in der heutigen Zeit für die Kirche auszusprechen. „Wann haben Sie sich das letzte Mal wirklich über ihren Gott oder über ihren Jesus gefreut? Und zweitens: Wann haben Sie das letzte Mal von Ihre Freude erzählt?“, stellte Bischof Stefan die Frage an die Gläubigen im Dom. Wenn man dem Herrn Raum gebe, komme immer wieder auch die Freude zurück: „Es heißt, dass wir die Zusage haben, dass die Freude da ist und die Freude bleibt.“ Zugleich würden wir lernen, die Welt mit anderen Augen zu sehen und anders auf die Mitmenschen zuzugehen. Denn: „Beten lernen heißt lieben lernen.“ Wenn schließlich der Ackerboden für den Heiligen Geist bereitet sei, geschehe das, wovon in der Bibel so oft die Rede sei: „Es geschehen Zeichen und Wunder.“ Wichtig sei nur, dass wir glauben, „dass in uns immer wieder Pfingsten wird“.
Zum Abschluss des Gottesdienstes dankte Bischof Oster dem Domchor und dem Domorchester unter der Leitung von Andreas Unterguggenberger, die einmal wieder den Dom mit ihrer klanggewaltigen Musik erfüllt haben. Auf dem Domplatz wartete schließlich auf alle Gottesdienstbesucherinnen und ‑besucher Freibier, Brezen und Blasmusik.