
Im heutigen Evangelium hören wir, wie Jesus auf zentrale Gebote aus dem Alten Testament verweist: „Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt“, so sagt er, „der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich.“ Mehr dazu von Domkapitular Anton Spreitzer in seiner Predigt zum 6. Sonntag im Jahreskreis am heutigen 12. Februar 2023.
Eine Ansammlung von Geboten und Vorschriften – als das sehen viele Menschen Religion und Kirche an. Da wird geregelt und festgelegt, wie die Dinge zu sein ha-ben. Aber ob mir das passt, ob ich das akzeptieren kann, danach fragt keiner.
Unter anderem sind es die – in den Augen vieler – strengen und unzeitgemäßen Vorschriften, die viele bewegen, aus der Kirche auszutreten und ihr den Rücken zu kehren. „Weltfremd“, „von gestern“, „weit vom Leben entfernt“ – so und ähnlich lau-ten dann häufig die Vorwürfe.
Jedem, der mit Verstand Christin oder Christ, Katholikin oder Katholik ist, ist sensi-bel dafür, dass solche Vorwürfe nicht völlig abwegig sind; unsere Glaubensge-schichte ist zu voll von Vereinseitigungen oder Übertreibungen, von – um mit Jesus zu sprechen – zu großen Lasten, die man den Menschen aufbürdet, ohne bereit zu sein, diese Lasten selber zu tragen.
Aber heißt das dann auf der anderen Seite, dass man überhaupt keine Vorschriften und Gebote mehr braucht? Ist die Kirche umso zeitgemäßer, je weniger sie vor-schreibt?
Wie gesagt – viele sehen es heute so. Und manchmal hört man, bei Jesus sei es genauso gewesen.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Aber da ist wahrscheinlich eher der Wunsch Vater des Gedankens. Denn nach allem, was wir von Jesus wissen, hat er genau das nicht getan: denen, denen er die Frohe Botschaft, das Evangelium als Weg zu Leben und Heil angeboten hat, hat er gerade nicht gesagt: „Kommt, folgt mir nach; ihr könnt dabei tun und lassen, was ihr wollt!“ Im Gegenteil: Jesus hat denen, die er in seine persönliche Nachfolge berufen hat, ohne taktische Abschwächungsmanöver und blumige Phrasen die Wahrheit gesagt: dass er etwas erwartet, dass man das Leben nicht beliebig leben kann, wenn man wirklich sein Jünger sein will.
Im heutigen Evangelium hören wir, wie Jesus in diesem Sinn auf zentrale Gebote aus dem Alten Testament verweist: „Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt“, so sagt er, „der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich.“
Ohne Gebote, ohne Leitplanken für das Tun geht es nicht. Nachfolge und Jüngerschaft müssen sich zeigen und bewähren an dem, was und wie wir reden und handeln; was und wie wir sind.
Aber Jesus will keinen äußeren Gesetzesgehorsam; er will, dass wir so sehr auf ihn hin wachsen, dass wir aus dem Herzen heraus und nicht aus äußerem Zwang erfüllen, was das Gesetz verlangt. Jesus will keinen Kadavergehorsam, sondern dass wir aus freien Stücken und ganz bewusst das wollen, was Gott will. Dass wir es von Herzen wollen. Gott geht es um unser Herz. Wenn dort alles in Ordnung ist, ist auch die Erfüllung seiner Gebote kein Problem. Denn: „Selig, die rein sind im Herzen!“
Domkapitular Dr. Anton Spreitzer