Die Geschichte der Magdalena Endl - Liebe Lena, heute bekommst Du einen Brief von mir, auch wenn Du, leider, schon verstorben bist. So beginnt der Brief im aktuellen Editorial von Werner Friedenberger im Passauer Bistumsblatt.
In diesen Tagen habe ich an Dich und Deine Geschichte gedacht, die Du als junges Mädchen in Deiner Heimat erlitten und mir oft erzählt hast. Durch die beiden Kinofilme über Franz Jägerstätter und Otto Neururer (siehe Seite 1, 10 und 11), die den Nationalsozialisten die Stirn boten, in ihrer Menschlichkeit standhaft blieben und deshalb ermordet wurden, ist mir auch Dein Schicksal durch den Kopf gegangen. Du bist – gottlob – mit dem Leben davongekommen. Wenn ich Dir zum neuen Jahr alles Gute wünschte oder zum Geburtstag gratulierte, kam von Dir meistens ein Satz mit unbändiger Lebensfreude:„I hob fei an Hitler überlebt!“ Das von Dir Gesagte machte stets deutlich, dass der braune Terror auch bei uns direkt vor der Haustür war.
Schon als kleines Mädchen hast Du in dem Dorf an der Donau gespürt, dass, wo das Recht hinausgeworfen wird, der Schrecken Einzug hält. Wir Nachgeborenen haben viel über diese Zeit gehört, gelesen und gesehen – und dennoch ist das Geschehene unbegreiflich.
Deine Geschichte, die der kleinen Lena, berührt und bewegt: Da die Nazi-Barbarei keine Grenzen kannte, wurden auch Kranke und Behinderte umgebracht. Du bist mit einem etwas kürzeren Bein auf die Welt gekommen. Damit das nicht„auffällt“, hat man Dir am Tag des Schuleintritts beim obligatorischen Foto die Schiefertafel mit der Jahreszahl vors Bein gestellt… Eines Tages wurde Dein Vater, Land- und Gastwirt, in die Gemeindekanzlei gerufen. Und dort bekam er etwas zu hören, das ihm das Gefühl gab, als würde ihm jemand das Herz aus dem Leibe reißen. Deine Worte:„Da ist ihm vom Nazi-Bürgermeister eröffnet worden, dass er sich vorbereiten soll, dass ich einmal abgeholt werden kann, weil es solche Kinder wie mich nimma geben darf in der Hitlerzeit.“
Foto: Pandora / Iris-Productions
Text: Werner Friedenberger
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