Soziales

KDFB: "NEIN zu Gewalt an Frauen“

Pressemeldung am 19.11.2020

November20 gewaltanfrauen Foto: Mareen Maier / KDFB
Sie machen stellvertretend für die weiteren Mitglieder des Aktionskreises auf die Situation von weiblichen Gewaltopfern aufmerksam (v.l.): Frauenseelsorgerin Walburga Westenberger Hildegard Weileder-Wurm, Leiterin der Frauenseelsorge und geistliche Begleiterin des KDFB-Diözesanverbandes Passau, Petra Schmidt, stellvertretende Leiterin der Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Passau, und Selina Wagner, Leiterin des Passauer Frauenhauses.

Die eigenen vier Wände sollten ein Ort der Sicherheit sein. Ein friedvoller Ort, an dem man sich zurückziehen kann. Doch viele Frauen erleben ihr Zuhause als einen Tatort, an dem sie permanent Angst haben müssen.

Aktu­el­le Zah­len des Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­ums bele­gen, dass etwa jede vier­te Frau min­des­tens ein­mal in ihrem Leben Opfer von kör­per­li­cher oder sexu­el­ler Gewalt wird. Allei­ne in Nie­der­bay­ern ver­zeich­ne­te die Poli­zei im Jahr 2019 über 1800 Fäl­le von häus­li­cher Gewalt. Zu 80 Pro­zent waren Frau­en die Opfer. Täter sind oft­mals der frü­he­re oder der aktu­el­le Partner.

Auf die­sen gesell­schaft­li­chen Miss­stand, der sich im Zuge der Coro­na-Kri­se wei­ter ver­schär­fen dürf­te, macht der Pas­sau­er Akti­ons­kreis NEIN zu Gewalt an Frau­en“ zum wie­der­hol­ten Male auf­merk­sam. Wie schon in den Vor­jah­ren neh­men die Part­ne­rin­nen und Part­ner den Inter­na­tio­na­len Gedenk­tag gegen Gewalt an Frau­en, der all­jähr­lich am 25. Novem­ber began­gen wird, zum Anlass, um das The­ma aus der Dun­kel­heit ans Licht zu holen. Denn bis­lang wird Gewalt gegen Frau­en immer noch häu­fig als Tabu­the­ma unter den Tisch gekehrt. Doch mit Schwei­gen ist nie­man­den gehol­fen. Dem Opfer und auch dem Täter nicht. Die Gewalt­spi­ra­le kann so kein Ende fin­den“, sagt Hil­de­gard Wei­le­der-Wurm, Frau­en­seel­sor­ge­rin im Bis­tum Pas­sau und geist­li­che Beglei­te­rin des Katho­li­schen Deut­schen Frau­en­bun­des (KDFB) in der Diö­ze­se Pas­sau. Lei­der sei immer wie­der fest­stell­bar, dass Angst und Scham die betrof­fe­nen Frau­en am Han­deln hin­dern. Die Covi­d19-Pan­de­mie sorgt zudem für noch schwie­ri­ge­re Rah­men­be­din­gun­gen. Wenn Unsi­cher­hei­ten domi­nie­ren, fällt es Gewalt­op­fern unter Umstän­den noch schwe­rer, eigen­stän­dig Hilfs­an­ge­bo­te in Anspruch zu neh­men. Des­halb sen­det das Akti­ons­bünd­nis einen kla­ren Appell an jede ein­zel­ne und jeden ein­zel­nen: Bleibt aufmerksam! 

Gera­de jetzt ist es wich­tig, Augen und Ohren offen­zu­hal­ten. Trotz des Distanz­ge­bots müs­sen wir hin­schau­en und hin­hö­ren – und im Zwei­fel lie­ber ein­mal zu viel einen Ver­dacht mel­den oder Hil­fe anbie­ten, als ein­mal zu wenig”

betont Weileder-Wurm

Eine zen­tra­le Anlauf­stel­le für weib­li­che Gewalt­op­fer ist das Pas­sau­er Frau­en­haus. Das Frau­en­haus ist für die Frau­en und ihre Kin­der ein siche­rer Ort. Natür­lich gel­ten im Frau­en­haus die der­zeit wich­ti­gen Hygie­ne- und Abstands­vor­schrif­ten. Das macht die Arbeit manch­mal etwas schwie­ri­ger, sagt Lei­te­rin Seli­na Wag­ner. Gera­de bei Neu­auf­nah­men ist es schon eine ande­re Situa­ti­on, wenn man wegen des Mund­schut­zes der Frau nicht rich­tig ins Gesicht sehen kann. Das erzeugt eine Blo­cka­de. Aber wir ver­su­chen, das Bes­te aus der Situa­ti­on zu machen.“ Mit Sor­ge hat sie beob­ach­tet, dass zeit­gleich zu den (Teil-)Lockdowns die Anfra­gen deut­lich zurück­gin­gen. Das führt die Lei­te­rin des Frau­en­hau­ses dar­auf zurück, dass die Frau­en kei­ne Mög­lich­keit mehr hat­ten, sich Hil­fe zu suchen oder eine Flucht zu pla­nen, wenn der Mann im Home­of­fice, wegen Kurz­ar­beit oder Arbeits­lo­sig­keit stän­dig zu Hau­se war. Sobald die Regeln gelo­ckert wur­den, hat­ten wir nach dem Lock­down im Früh­jahr dann wie­der eine Häu­fung von Anfra­gen“, sagt Wag­ner. In den letz­ten Mona­ten war das Frau­en­haus so auch stän­dig voll besetzt mit Frau­en, die alle­samt einen lan­gen Lei­dens­weg hin­ter sich haben. Wenn die Frau­en bei uns sind, ist der ers­te Schritt getan. Doch vie­le berich­ten uns dann, wie lan­ge sie gezö­gert haben, ob sie die­sen Weg ein­schla­gen sol­len oder nicht“, so Wag­ner. Vie­le kom­men aus Bezie­hun­gen, in denen sie sys­te­ma­tisch klein gehal­ten, ernied­rigt und ver­schie­de­ne For­men wei­te­rer Gewalt erdul­den mussten.

Neben dem Frau­en­haus enga­giert sich auch der Ver­ein Sol­wo­di für Frau­en, die drin­gend Hil­fe benö­ti­gen. Sol­wo­di stellt sich ins­be­son­de­re an die Sei­te von Migran­tin­nen, die durch Ver­let­zung der Men­schen­rech­te wie Zwangs­pro­sti­tu­ti­on und Men­schen­han­del, Zwangs­ver­hei­ra­tung und Bedro­hung durch Ehren­mord, Aus­beu­tungs­si­tua­tio­nen, Gewalt in viel­fäl­ti­ger Form, Auf­ent­halts­pro­ble­me oder sons­ti­ge schwie­ri­ge Lebens­si­tua­tio­nen, die die Frau­en nicht allei­ne lösen kön­nen, in Not gera­ten sind. In Pas­sau gibt es für die­se Frau­en eine Schutz­woh­nung, die laut Sr. Vere­na Berg­mair, Lei­te­rin der Pas­sau­er Bera­tungs­stel­le, in der gesam­ten Coro­na-Zeit durch­ge­hend belegt ist. Sie schil­dert unter ande­rem, dass Frau­en, die in der Pro­sti­tu­ti­on arbei­ten, mit der Schlie­ßung der Bor­del­le sowohl ihre Unter­kunft als auch ihr Ein­kom­men ver­lie­ren wür­den. Das Geld feh­le in ers­ter Linie dem Zuhäl­ter, da die Frau­en fast alles abge­ben müss­ten. Eine Frau hat uns erzählt: Der Zuhäl­ter kam täg­lich zum abkas­sie­ren und mach­te jedes Mal eine Lei­bes­vi­si­ta­ti­on, damit sie nir­gends was ver­ste­cken konn­te. Soll­te es zu wenig sein, gab es Essens­ent­zug oder Schlä­ge. Das heißt für die Frau­en: Sie müs­sen irgend­wie zu Geld kom­men oder Schul­den beim Zuhäl­ter machen und das dann spä­ter abar­bei­ten. Viel­fach wird ille­gal wei­ter­ge­ar­bei­tet – die Nach­fra­ge ist da und auch der Druck der Zuhäl­ter. So kom­men die Frau­en nicht raus aus der Abhän­gig­keit“, so Berg­mair. Den Mit­glie­dern des Akti­ons­krei­ses ist es ein Anlie­gen, der­art unhalt­ba­re Zustän­de öffent­lich bekannt zu machen. Zugleich ist es ihnen wich­tig, die Hilfs­an­ge­bo­te immer wie­der in den Fokus der Bevöl­ke­rung zu rücken. Auch ver­gleichs­wei­se ein­fach umsetz­ba­re Ver­hal­tens­wei­sen, die in poten­zi­ell gefähr­li­chen Situa­tio­nen auf einen gewalt­tä­ti­gen Part­ner dees­ka­lie­rend wir­ken kön­nen, wol­len sie auf­zei­gen. Ein Bei­spiel: Laut Petra Schmidt, der stell­ver­tre­ten­den Lei­te­rin der Ehe‑, Fami­li­en- und Lebens­be­ra­tung in Pas­sau, sei es sinn­voll, auf gegen­sei­ti­ge Schuld­zu­schrei­bun­gen und Vor­wür­fe bewusst zu ver­zich­ten und bei Kon­flik­ten auf die For­mu­lie­run­gen zu ach­ten. Ich-Bot­schaf­ten sind die bes­se­re Wahl. Man soll­te also lie­ber sagen: Ich füh­le mich nicht ver­stan­den‘ und nicht Du ver­stehst mich nicht‘. Das hat bedeu­tend weni­ger Aggres­si­ons­po­ten­zi­al“, so Schmidt. Auch gene­ra­li­sie­ren­de Vor­wür­fe sei­en fehl am Platz. Lie­ber soll­te bei einer Dis­kus­si­on die kon­kre­te Situa­ti­on benannt wer­den. Bei­spiels­wei­se wird so der Vor­wurf Du bist nie für die Kin­der da“ zu In die­sem Moment habe ich mich nicht unter­stützt gefühlt“. Eine dees­ka­lie­ren­de Wir­kung kann zudem ein­tre­ten, wenn man in einer brenz­li­gen Situa­ti­on auf den Pau­sen­knopf drückt und aus der Situa­ti­on herausgeht.

Das muss aller­dings ich selbst tun. Ich kann nicht mein Gegen­über zwin­gen, zu gehen”

so Schmidt

Das Akti­ons­pro­gramm zum Inter­na­tio­na­len Gedenk­tag muss­te kurz­fris­tig ange­passt wer­den. Der Infor­ma­ti­ons­stand in einem Pas­sau­er Ein­kaufs­markt und eine Film­vor­füh­rung müs­sen wegen der der­zeit gel­ten­den Regeln ent­fal­len. Statt­des­sen wird es einen Online-Vor­trag mit Seli­na Wag­ner geben, die über das Frau­en­haus Pas­sau als unver­zicht­ba­re Anlauf­stel­le für weib­li­che Gewalt­op­fer und ihre Kin­der infor­miert. Auch ein Aus­tausch und eine Dis­kus­si­on sind im Rah­men des Online-For­mats mög­lich. Der Vor­trag fin­det am Mitt­woch, 25. Novem­ber, ab 19 Uhr statt. Eine Anmel­dung ist bis zum 23. Novem­ber beim KDFB Diö­ze­san­ver­band Pas­sau unter kdfb.​passau@​bistum-​passau.​de erfor­der­lich. Dar­auf­hin erhal­ten die Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer recht­zei­tig per E‑Mail alle wich­ti­gen Instruk­tio­nen zum Vor­ge­hen. Statt­fin­den kann zudem das tra­di­tio­nel­le öku­me­ni­sche Abend­ge­bet, bei dem Gewalt als Men­schen­rechts­ver­ach­tung klar benannt wer­den soll. Zudem wol­len wir für die Opfer beten und unse­re Soli­da­ri­tät zum Aus­druck brin­gen“, sagt Hil­de­gard Wei­le­der-Wurm. Das Abend­ge­bet fin­det am Don­ners­tag, 26. Novem­ber, um 18 Uhr in der Kir­che St. Niko­la in Pas­sau statt.

Info: Zum Pas­sau­er Akti­ons­kreis NEIN zu Gewalt an Frau­en“ gehö­ren die Frau­en­seel­sor­ge im Bis­tum Pas­sau, die Gleich­stel­lungs­be­auf­trag­ten von Stadt und Land­kreis Pas­sau, amnes­ty inter­na­tio­nal, der KDFB-Diö­ze­san­ver­band, das evan­ge­li­sche Deka­nats­frau­en­team, pro fami­lia, Sol­wo­di, der Sozi­al­dienst katho­li­scher Frau­en mit dem Frau­en­haus, die VHS sowie der Wei­ße Ring.

Text: Mareen Maier

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