Papst Franziskus hat das Jahr 2025 zum Heiligen Jahr erklärt und dabei als Leitwort „Pilger der Hoffnung“ gewählt. Dieses Thema hat jetzt auch der rührige Verein der „Freunde und Förderer des Klosters Thyrnau“ für seine bereits traditionellen Klostergespräche im Gertrudsaal des Klosters gewählt. Kompetente Referentin war dabei die Referentin für Pilgerpastoral in der Diözese Passau und ausgebildete Pilgerwegbegleiterin, Magdalena Lummer.
„Pilgern ist eine wiederentdeckte Form des spirituellen Gehens und kommt der Sehnsucht nach Unterbrechung und Ruhe entgegen. Diese einfache und doch herausfordernde Übung tut Körper, Geist und Seele gut und gibt Kraft. Gemeinsames Pilgern lädt ein zur Suche nach Sinn, nach Gott und ist die ideale Form, selbst auf kurzen Etappen zu sich zu kommen und dabei auch noch Gemeinschaft zu erleben“, erklärte die Referentin einleitend in ihren dann sehr interessanten Vortrag den vielen Zuhörern, unter denen auch vier Priester und Altlandrat Hanns Dorfner waren. Dabei habe das Pilgern bereits biblische Ursprünge und sei auch tief verwurzelt in der Geschichte des Volkes Israel mit dem Propheten Abraham als den Urpilger. So komme das Wort „Weg“ im Alten Testament über 600 Mal vor. Und auch im Neuen Testament, so erklärte Magdalena Lummer, seien zahlreiche biblische Ursprünge über das Pilgern zu finden. Dort bezeichnete Petrus die Christen als „Fremdlinge und Pilger“, in der Apostelgeschichte würden die Christen als „Anhänger des neuen Weges“ beschrieben und auch Jesus bezeichne sich selber als den „Weg“.
Bei ihrer Zeitreise wanderte Magdalena Lummer weiter zum Mittelalter, als in dieser Zeitphase als Transformation jüdischer Wallfahrtstradition regelrecht ein Pilger-Hype mit dem Ziel, Gräber und Reliquien von Heiligen als Mittler zwischen Himmel und Erde aufzusuchen entstand. Zielorte seien damals unter anderem Jerusalem, Rom, Santiago de Compostela oder auch Köln gewesen und weil diese Wege damals noch beschwerlichen und auch sehr gefährlich gewesen waren habe die Gemeinschaft in einer Gruppe für Sicherheit gesorgt. Den Wunsch nach Heilung von Krankheiten oder körperlichen Gebrechen, die Buße und Vergebung der Sünden sowie auch ein Akt der Dankbarkeit oder das Erfüllen eines Gelübdes und nicht zuletzt auch eine Sinnsuche, die Suche nach dem Seelenheil bis hin zu einer Bildungsreise oder auch aus reiner Abenteuerlust seien damals die Motive für eine Pilgerung gewesen
In diesem Sinne, so die Referentin, definiere sich ein Pilger aus der lateinischen Wortwurzel als jemand, der das Heimische verlässt und in die Fremde ziehe. Weiter stellte sie auch die Unterschiede zwischen dem Pilgern und dem Wallfahren vor. So sei man beim Pilgern meist alleine oder in kleinen Gruppen unterwegs, dabei stehe das ganze Jahr über das Erfahren und Erleben des Weges im Mittelpunkt. Selbstbestimmend könne dabei auch noch das individuelle Tempo, das eigene Streckenmaß sowie der eigene Zeitplan mit geistlichen Impulsen oder Wegmarken bestimmt werden. Das Wallfahren laufe dagegen in einer größeren Gemeinschaft, in einem festgelegten Zeitplan, mit gemeinschaftlichem Tempo und festgelegten Streckenlängen ab und sei mit ihren Regeln und Strukturen durchorganisiert.
„Das Pilgern boomt zurzeit“, stellte Magdalena weiter fest. Das belegte sie als Beispiel damit, dass den spanischen Jakobsweg im vergangenen Jahr knapp eine halbe Million Pilger und Pilgerinnen gegangen sind, wobei eine knappe Mehrheit von 54 Prozent Frauen und fast die Hälfte aller unter 45 Jahren gewesen waren. Warum boomt das Pilgern heute beim modernen Mensch so sehr, auch dafür hatte die Referentin Antworten. „Die modernen Menschen haben immer mehr den Eindruck, nicht mehr zu schaffen, was sie eigentlich schaffen müssten oder was sie gern tun würden, sie sind also unter Druck, getrieben, ausgebrannt, leer erschöpft oder überfordert und unzufrieden.“ Damit einhergehen würde der Verlust des „In der Zeit sein“ sowie eine Entfremdung und damit entstehe auch ein oft schon panischer Überlebens- und Funktionsmodus. „Wir beschleunigen das Leben in der Angst, wir könnten es verpassen. Und indem wir es beschleunigen, verpassen wir es“, stellte Magdalena Lummer dazu fest
Auswege aus diesem persönlichen Dilemma seien das Pilgern oder Wallfahren mit dem Outdoor-Erlebnis, der Spiritualität, der Naturnähe, dem Körpererleben für die Gesundheit oder mit der damit geforderten Reduktion, beim Pilgern oder Wallfahren nur mehr das mitzunehmen, was man für diese Zeit unbedingt braucht. „Das unruhige Herz ist die Wurzel der Pilgerschaft. Im Menschen lebt die Sehnsucht, die ihn hinaustreibt aus dem Einerlei des Alltags und aus der Enge seiner gewohnten Umgebung. Seine Sehnsucht ist größer und alle Wege, zu denen der Mensch aufbricht, zeigen ihm an, dass sein ganzes Leben ein Weg ist, ein Pilgerweg zu Gott“, zitierte dazu Magdalena Lummer dazu den Hl. Augustinus.
„Der Pilgerweg beginnt und endet immer vor der eigenen Haustüre“, stellte die Referentin auch noch klar. Das eigentliche Ziel beim Pilgern sei damit nicht der Pilgerort sondern das eigene Zuhause, wohin man nach der Pilgerung wieder gestärkt zurückkomme. Und so lud sie als Pilgerwegbegleiterin alle Zuhörer auch noch dazu ein zu einer begleitenden Pilgerung ein, um damit eigene Grenzen zu überschreiten, die Lebensbalance weiterzuentwickeln, eine elementare Natur erleben zu können sowie die Gemeinschaft zu erleben und um damit letztlich auch noch eine ungeahnte Spiritualität zu erwandern. „Die längste Reise ist die Reise nach innen. Der Lärm verbraucht, aber die Stille nährt und man muss nicht die Schnelligkeit steigern oder die Langsamkeit pflegen, sondern den Rhythmus finden,“ damit hatte Magdalena abschließend noch lockende Formeln für eine Pilgerung oder Wallfahrt.
Abschließend dankten ihr Pfarrer i.R. Michael Hüttner als Vorsitzender des veranstaltenden Vereins der „Freunde und Förderer des Klosters Thyrnau sowie Schwester der Referentin noch mit kleinen Klosterbeigaben für diesen sehr aufschlussreichen Vortrag.
Text: Franz Stangl/pnp