Das glauben wir

Wiederentdecktes spirituelles Gehen

Redaktion am 19.03.2025

Klosterfreunde Klostergespraech 2025 Pilgern Foto: Franz Stangl/pnp
Für den sehr interessanten Vortrag bedankten sich bei Magdalena Lummer (Bildmitte) Pfarrer Andreas Erndl (von rechts), stellvertretender Vorsitzender Norbert Sterl, Vorsitzender Pfarrer i.R. Michael Hüttner, Schwester Lucia, Schriftführerin Josefine Gruber und Geist. Rat i.R. Alois Anetseder. (Foto: Franz Stangl)

Papst Franziskus hat das Jahr 2025 zum Heiligen Jahr erklärt und dabei als Leitwort „Pilger der Hoffnung“ gewählt. Dieses Thema hat jetzt auch der rührige Verein der „Freunde und Förderer des Klosters Thyrnau“ für seine bereits traditionellen Klostergespräche im Gertrudsaal des Klosters gewählt. Kompetente Referentin war dabei die Referentin für Pilgerpastoral in der Diözese Passau und ausgebildete Pilgerwegbegleiterin, Magdalena Lummer. 

Pil­gern ist eine wie­der­ent­deck­te Form des spi­ri­tu­el­len Gehens und kommt der Sehn­sucht nach Unter­bre­chung und Ruhe ent­ge­gen. Die­se ein­fa­che und doch her­aus­for­dern­de Übung tut Kör­per, Geist und See­le gut und gibt Kraft. Gemein­sa­mes Pil­gern lädt ein zur Suche nach Sinn, nach Gott und ist die idea­le Form, selbst auf kur­zen Etap­pen zu sich zu kom­men und dabei auch noch Gemein­schaft zu erle­ben“, erklär­te die Refe­ren­tin ein­lei­tend in ihren dann sehr inter­es­san­ten Vor­trag den vie­len Zuhö­rern, unter denen auch vier Pries­ter und Alt­land­rat Hanns Dorf­ner waren. Dabei habe das Pil­gern bereits bibli­sche Ursprün­ge und sei auch tief ver­wur­zelt in der Geschich­te des Vol­kes Isra­el mit dem Pro­phe­ten Abra­ham als den Urpil­ger. So kom­me das Wort Weg“ im Alten Tes­ta­ment über 600 Mal vor. Und auch im Neu­en Tes­ta­ment, so erklär­te Mag­da­le­na Lum­mer, sei­en zahl­rei­che bibli­sche Ursprün­ge über das Pil­gern zu fin­den. Dort bezeich­ne­te Petrus die Chris­ten als Fremd­lin­ge und Pil­ger“, in der Apos­tel­ge­schich­te wür­den die Chris­ten als Anhän­ger des neu­en Weges“ beschrie­ben und auch Jesus bezeich­ne sich sel­ber als den Weg“.

Bei ihrer Zeit­rei­se wan­der­te Mag­da­le­na Lum­mer wei­ter zum Mit­tel­al­ter, als in die­ser Zeit­pha­se als Trans­for­ma­ti­on jüdi­scher Wall­fahrts­tra­di­ti­on regel­recht ein Pil­ger-Hype mit dem Ziel, Grä­ber und Reli­qui­en von Hei­li­gen als Mitt­ler zwi­schen Him­mel und Erde auf­zu­su­chen ent­stand. Ziel­or­te sei­en damals unter ande­rem Jeru­sa­lem, Rom, Sant­ia­go de Com­pos­te­la oder auch Köln gewe­sen und weil die­se Wege damals noch beschwer­li­chen und auch sehr gefähr­lich gewe­sen waren habe die Gemein­schaft in einer Grup­pe für Sicher­heit gesorgt. Den Wunsch nach Hei­lung von Krank­hei­ten oder kör­per­li­chen Gebre­chen, die Buße und Ver­ge­bung der Sün­den sowie auch ein Akt der Dank­bar­keit oder das Erfül­len eines Gelüb­des und nicht zuletzt auch eine Sinn­su­che, die Suche nach dem See­len­heil bis hin zu einer Bil­dungs­rei­se oder auch aus rei­ner Aben­teu­er­lust sei­en damals die Moti­ve für eine Pil­ge­rung gewesen

In die­sem Sin­ne, so die Refe­ren­tin, defi­nie­re sich ein Pil­ger aus der latei­ni­schen Wort­wur­zel als jemand, der das Hei­mi­sche ver­lässt und in die Frem­de zie­he. Wei­ter stell­te sie auch die Unter­schie­de zwi­schen dem Pil­gern und dem Wall­fah­ren vor. So sei man beim Pil­gern meist allei­ne oder in klei­nen Grup­pen unter­wegs, dabei ste­he das gan­ze Jahr über das Erfah­ren und Erle­ben des Weges im Mit­tel­punkt. Selbst­be­stim­mend kön­ne dabei auch noch das indi­vi­du­el­le Tem­po, das eige­ne Stre­cken­maß sowie der eige­ne Zeit­plan mit geist­li­chen Impul­sen oder Weg­mar­ken bestimmt wer­den. Das Wall­fah­ren lau­fe dage­gen in einer grö­ße­ren Gemein­schaft, in einem fest­ge­leg­ten Zeit­plan, mit gemein­schaft­li­chem Tem­po und fest­ge­leg­ten Stre­cken­län­gen ab und sei mit ihren Regeln und Struk­tu­ren durchorganisiert.

Das Pil­gern boomt zur­zeit“, stell­te Mag­da­le­na wei­ter fest. Das beleg­te sie als Bei­spiel damit, dass den spa­ni­schen Jakobs­weg im ver­gan­ge­nen Jahr knapp eine hal­be Mil­li­on Pil­ger und Pil­ge­rin­nen gegan­gen sind, wobei eine knap­pe Mehr­heit von 54 Pro­zent Frau­en und fast die Hälf­te aller unter 45 Jah­ren gewe­sen waren. War­um boomt das Pil­gern heu­te beim moder­nen Mensch so sehr, auch dafür hat­te die Refe­ren­tin Ant­wor­ten. Die moder­nen Men­schen haben immer mehr den Ein­druck, nicht mehr zu schaf­fen, was sie eigent­lich schaf­fen müss­ten oder was sie gern tun wür­den, sie sind also unter Druck, getrie­ben, aus­ge­brannt, leer erschöpft oder über­for­dert und unzu­frie­den.“ Damit ein­her­ge­hen wür­de der Ver­lust des In der Zeit sein“ sowie eine Ent­frem­dung und damit ent­ste­he auch ein oft schon pani­scher Über­le­bens- und Funk­ti­ons­mo­dus. Wir beschleu­ni­gen das Leben in der Angst, wir könn­ten es ver­pas­sen. Und indem wir es beschleu­ni­gen, ver­pas­sen wir es“, stell­te Mag­da­le­na Lum­mer dazu fest

Aus­we­ge aus die­sem per­sön­li­chen Dilem­ma sei­en das Pil­gern oder Wall­fah­ren mit dem Out­door-Erleb­nis, der Spi­ri­tua­li­tät, der Natur­nä­he, dem Kör­per­er­le­ben für die Gesund­heit oder mit der damit gefor­der­ten Reduk­ti­on, beim Pil­gern oder Wall­fah­ren nur mehr das mit­zu­neh­men, was man für die­se Zeit unbe­dingt braucht. Das unru­hi­ge Herz ist die Wur­zel der Pil­ger­schaft. Im Men­schen lebt die Sehn­sucht, die ihn hin­aus­treibt aus dem Einer­lei des All­tags und aus der Enge sei­ner gewohn­ten Umge­bung. Sei­ne Sehn­sucht ist grö­ßer und alle Wege, zu denen der Mensch auf­bricht, zei­gen ihm an, dass sein gan­zes Leben ein Weg ist, ein Pil­ger­weg zu Gott“, zitier­te dazu Mag­da­le­na Lum­mer dazu den Hl. Augustinus.

Der Pil­ger­weg beginnt und endet immer vor der eige­nen Haus­tü­re“, stell­te die Refe­ren­tin auch noch klar. Das eigent­li­che Ziel beim Pil­gern sei damit nicht der Pil­ger­ort son­dern das eige­ne Zuhau­se, wohin man nach der Pil­ge­rung wie­der gestärkt zurück­kom­me. Und so lud sie als Pil­ger­weg­be­glei­te­rin alle Zuhö­rer auch noch dazu ein zu einer beglei­ten­den Pil­ge­rung ein, um damit eige­ne Gren­zen zu über­schrei­ten, die Lebens­ba­lan­ce wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, eine ele­men­ta­re Natur erle­ben zu kön­nen sowie die Gemein­schaft zu erle­ben und um damit letzt­lich auch noch eine unge­ahn­te Spi­ri­tua­li­tät zu erwan­dern. Die längs­te Rei­se ist die Rei­se nach innen. Der Lärm ver­braucht, aber die Stil­le nährt und man muss nicht die Schnel­lig­keit stei­gern oder die Lang­sam­keit pfle­gen, son­dern den Rhyth­mus fin­den,“ damit hat­te Mag­da­le­na abschlie­ßend noch locken­de For­meln für eine Pil­ge­rung oder Wallfahrt.

Abschlie­ßend dank­ten ihr Pfar­rer i.R. Micha­el Hütt­ner als Vor­sit­zen­der des ver­an­stal­ten­den Ver­eins der Freun­de und För­de­rer des Klos­ters Thyr­n­au sowie Schwes­ter der Refe­ren­tin noch mit klei­nen Klos­ter­bei­ga­ben für die­sen sehr auf­schluss­rei­chen Vortrag. 

Text: Franz Stangl/​pnp 

Weitere Nachrichten

Gnadenort Kapelle Berger
Bistum
29.04.2025

Eröffnung der Wallfahrtssaison am 1. Mai

Am Hochfest Patrona Bavariae, der Schutzfrau Bayerns, wird in Altötting traditionell die Wallfahrtssaison…

2025 04 27 pb alb bruder konradfest1
Bistumsblatt
29.04.2025

„Wir alle sind Pilger der Hoffnung“

Am 26. und 27. April haben die Altöttinger Kapuziner das Bruder Konradfest gefeiert. Bruder Thomas M. Schied…

Kirche Passau-Neustift
Bistum
28.04.2025

Impuls: "Großes Glaubensbekenntnis"

Am Samstag, 03. Mai 2025, wird zum Lobpreisabend in die Lobpreiskirche Auferstehung Christi, in der…

250427 Predigt Kandler Title TV2
Das glauben wir
25.04.2025

Hilf mir zu glauben

Die Sozialen Medien spielen heute eine entscheidende Rolle in der Verbreitung von Informationen – leider…