
Wie überall in Deutschland hatten sich an diesem Sonntag auch in Passau Menschen versammelt, um für Frieden in der Ukraine zu beten. Am Domplatz in Passau riefen evangelische und katholische Kirche gemeinsam auf die Stimme im Gebet zu erheben, allen voran Dekan Jochen Wilde vom Evangelisch-Lutherischen Dekanat Passau, Dompropst Dr. Michael Bär und Bischof Stefan Oster.
„Es ist uns eine Herzensangelegenheit, in dieser Situation zu beten, zusammenzukommen und uns zu vergewissern, wie wir auf diese schrecklichen Ereignisse reagieren“ und dies sei ein „Hilferuf zum Herrgott um Frieden“, betonen Bär und Wilde. In der Andacht war die zentrale Bibelstelle das Johannesevangelium 15, 9 – 17. Dort heißt es: „Dies trage ich euch auf: Liebt einander“, so Bär. Genau diese Bibelstelle war das Tagesevangelium am Donnerstag, den 24. Februar. Dem Tag des Kriegsbeginns in der Ukraine. „Insgesamt neunmal kommt das Wort ‚Liebe‘ in dieser Bibelstelle vor“, so Bär weiter.
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.
Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird. Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe. Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet. Dies trage ich euch auf: Liebt einander!
Joh 15,9 — 17

„Jesus konzentriert sich voll und ganz auf die Liebe, die Liebe zum Vater und die Liebe der Menschen zueinander“, so Bär. „Was für eine Gegenwelt zu dieser Botschaft erleben wir aktuell in der Ukraine?“ Im gemeinsamen Gebet brachten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Andacht auch ihre Ohnmacht, aber auch ihre Wut vor Gott. „Soviel vermeidbares Leid, soviel Zerstörung und Unrecht, „das trifft uns mitten ins Herz“, so Bär. 2000 Jahre nach dem Kreuzestod Jesu, müssen wir erleben, dass Töten immer noch ein Mittel ist, um Machtinteressen durchzusetzen. Dompropst Dr. Michael Bär erinnerte an den kürzlich verstorbenen Domkapitular Hermann Herzig (95†), der im Alter von 17 Jahren in den Krieg an die russische Front musste und erst fünf Jahre später wieder in die Heimat zurückkonnte. Nach den grausamen Kriegserlebnissen lautet sein Primizspruch: „Dies trage ich Euch auf: Liebt einander.“ Diese eindringliche Botschaft Jesu richteten Dekan Jochen Wilde und Dompropst Bär an die Gläubigen vor dem Passauer Dom. Rund 400 Frauen und Männer, die ein sichtbares Zeichen des Friedens setzen, während fast zeitgleich Putin einen weiteren Schritt der Eskalation geht und russische Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt.
An der Friedensandacht nahmen neben Bischof Stefan Oster und Altlandrat Franz Meyer, Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verbänden und Gesellschaft teil. Zu Beginn der Andacht läutete lautstark eine der großen Domglocken, die Misericordia, die schon die erste Botschaft für die tausenden Opfer dieses Krieges setzte: Barmherzigkeit und Erbarmen für die Flüchtenden, Opfer und Menschen, die durch diesen grausamen Krieg in Bedrängnis geraten. Das Läuten der Pummerin am Ende der Andacht „soll den Friedenswillen ins Land hinaustragen“, so Bär. Begleitet wurde die Friedensandacht vom evangelischen Posauenenchor Passau und den Diözesanblechbläsern des Bistums Passau.