Vor kurzem konnte ich in Rom wieder einmal einige frühchristliche Kirchen besuchen. Am meisten fallen mir da ins Auge die prächtigen Mosaiken in der Apsis am Ende des Kirchenschiffs. Mit vielen bunten Steinen wird da oft eine farbenfrohe Paradieslandschaft dargestellt. Und mittendrin: ein weißes Lamm, umgeben von zwölf anderen Lämmern.
Auffällig: Die ersten Christen haben Jesus nicht zuerst am Kreuz abgebildet, sondern als herausgehobenes, siegreiches Lamm. An diesem Sonntag hören wir auch die entsprechende Stelle im Evangelium: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!“ (Joh 1,29)
Was hat es auf sich mit dieser Symbolik des Lammes? Von alters her gilt das Lamm als Symbol der Reinheit und der Unschuld. Das Lamm verschenkt alles, was es hat – Wolle, Milch, zuletzt sein Fleisch –, damit andere davon leben können. Das Lamm lässt sich schlachten, doch sein Tod ist nicht sinnlos, sondern Lebensquelle für viele.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
So ist es gut nachvollziehbar, dass die Christen im Lamm ein Zeichen für Jesus Christus gesehen haben. Er kam nicht mit Gewalt. Er ist kein Machthaber dieser Welt, sondern er ist der Hirte, der sich selber zum Lamm gemacht hat, um seiner Herde nahe zu sein.
So stehen dann auch die zwölf Lämmer um den Thron des einen Lammes symbolisch für die Gläubigen. Wer dem Gott folgt, der sich selber zum Lamm gemacht hat, ist kein dummes Schaf. Er hat vielmehr Anteil an dem Leben des siegreichen Lammes, das den Tod für immer überwunden hat.
Der kürzlich verstorbene Papst Benedikt XVI. hat es einmal so ausgedrückt: „Der lebendige Gott ist selbst zum Lamm geworden, er hat sich auf die Seite der Lämmer, der Getretenen und Geschlachteten gestellt. Gerade so zeigt er sich als der wirkliche Hirt. […] Nicht die Gewalt erlöst, sondern die Liebe.“
Die Liebe Christi, des Lammes Gottes, zu seiner Herde ist der bleibende Grund der christlichen Hoffnung – in dieser Welt und darüber hinaus.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag.
Dr. Franz Haringer
Leiter Papstgeburtshaus Marktl