
Gott hat die Menschen nicht nur nach seinem Ebenbild erschaffen, sondern er liebt sie auch so sehr, dass er ihnen die Freiheit lässt ihn zu lieben oder abzulehnen. Mehr dazu von Domkapitular Josef Ederer in seiner Predigt zum 31. Sonntag im Jahreskreis am 3. November 2019.
Gott, die ganze Welt ist vor dir wie ein Stäubchen auf der Waage,
wie ein Tautropfen, der am Morgen zur Erde fällt.
Du hast mit allen Erbarmen, weil du alles vermagst,
und siehst über die Sünden der Menschen hinweg, damit sie umkehren.
Du liebst alles, was ist und verabscheust nichts von dem, was du gemacht hast;
denn hättest du etwas gehasst, so hättest du es nicht geschaffen.
Wie könnte etwas ohne deinen Willen Bestand haben
oder wie könnte etwas erhalten bleiben,
das nicht von dir ins Dasein gerufen wäre?
Du schonst alles, weil es dein Eigentum ist,
Herr, du Freund des Lebens.
Denn in allem ist dein unvergänglicher Geist.
Darum bestrafst du die Sünder nur nach und nach;
du mahnst sie und erinnerst sie an ihre Sünden,
damit sie sich von der Schlechtigkeit abwenden
und an dich glauben, Herr.
Diese wunderbare Gebet, das wir am heutigen Sonntag
in der Lesung aus dem Buch der Weisheit zu hören bekommen,
bringt zum Ausdruck, wer und wie Gott ist
und wie er mit Mensch und Schöpfung in Beziehung steht.
“Herr, du Freund des Lebens.”, so redet der Beter Gott an.
Die Schöpfung, das Universum,die ganze Welt, die Menschheit,
bis hin zu jedem und jeder Einzelnen von uns,
ist von Gott aus Liebe, einfach weil er es wollte,
von ihm ins Dasein gerufen worden
und nichts hat ohne seinen Willen Bestand.
Weil aber Liebe ohne Freiheit nicht möglich ist,
hat Gott die “Nicht-Liebe” ihm gegenüber,
und damit verbunden Ablehnung, Sünde und Tod
als Konsequenzen in Kauf genommen.
Gott setzt auf Liebe in Freiheit — darum ist er barmherzig und geduldig,
so wie Jesus dem schuldig gewordenen Zöllner Zachäus gegenüber
- darum haut er in Unrechtssituationen nicht drunter,
wie wir uns das vielleicht sogar wünschen und erwarten würden,
- darum ruft er zwar eindringlich zur Umkehr, aber ist gleichzeitig ein Wartender darauf,
dass wir uns von der Schlechtigkeit, wie es im Gebet heißt, abwenden
uns in Liebe ihm zuwenden und an ihn glauben.
Das ist sein Wille. Jetzt sind wir, Sie, Ich und Du dran!
Predigt von Domkapitular Josef Ederer