Ein alter, verlassener Turm, so erzählt eine Geschichte, wäre gerne wieder eine Kirche geworden. Aber alles Suchen nach einem passenden Gebäude war erfolglos. Eine Scheune wollte nur Heu und Getreide aufnehmen. Eine große Halle wollte nur Fabrik sein, in der gearbeitet wird. Das dritte Gebäude betonte: „Ich bin ein Wohnhaus, wo Menschen wohnen schlafen und essen“. Da kam eine Schar Kinder und wollte am Turm hinaufklettern. Der aber sagte: „Ich bin kein Kletterturm. Ich suche ein Gotteshaus für mich, aber kein Haus will Kirche sein“. Da stellten sich die Kinder neben den Turm, hielten die Hände gegeneinander, dass es aussah, wie ein Haus mit Dach.
Seit Jahrhunderten haben Menschen Kirchen errichtet, in unterschiedlichen Baustilen und kostbar ausgestattet. Aber die Menschen gehen oft nur noch hinein, um die Schönheit zu bewundern. Manche wissen nicht mehr, wie sie sich in einem Haus Gottes benehmen sollen. Das Wort Kirche, ein Lehnwort aus dem Griechischen, bedeutet so viel wie „zum Herrn gehörig“- „ Kyriakä“- Das hören wir das Wort Kyrios heraus, ein Ehrentitel für Jesus. Wir sollen die Kirche besuchen, uns in ihr versammeln, weil wir durch die Taufe zum Herrn gehören. Deshalb sollen wir auch in den Mitmenschen das göttliche Bild erkennen, in der Liebe reifen und sich um andere sorgen, betonte Papst Benedikt XVI. in seinem Rundschreiben „Gott ist die Liebe“.
Wir können Gott nicht für uns allein besitzen wollen. Wer zur Kommunion geht, soll den Näch sten neben sich mit dem Blick der Liebe akzeptieren. Im Gotteshaus versam- meln wir uns zum gemeinsamen Gebet, miteinander und füreinander, und hören auf das Wort Gottes. Nicht wenige fragen sich: Was sollen wir in der Kirche? Der Entlassgruß aus dem Gottesdienst: „Gehet hin in Frieden, ist ein Auftrag. „Ite missa est“, hieß es lateinisch „Geht, das ist eure Sendung“. Wir sollen wie die 72 von Jesus ausgesandten Jünger den Menschen den Frieden bringen, helfen dass Streit und Hass überwunden werden. Dazu gehört auch, dass wir selbst nicht Böses mit Bösen vergelten, sondern die Liebe üben, weil wir zum Herrn gehören, und unser eigenes Kreuz tragen lernen.
Predigt von Dompfarrer Helmut Reiner