Mit großer Anteilnahme nahmen die Gläubigen aus dem Bistum Passau am Samstagvormittag, den 07.01.2023, Abschied von Papst Benedikt XVI.: Der emeritierte Papst verstarb am Silvestermorgen im Alter von 95 Jahren in Rom. In einem feierlichen Requiem im Passauer Stephansdom würdigte Bischof Stefan Oster den Verstorbenen. An den Trauerfeierlichkeiten nahmen Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft teil.
Viele waren am Samstagvormittag zusammengekommen, um Abschied von Papst em. Benedikt XVI. zu nehmen und für ihn zu beten. „Papst Benedikt stammte aus Marktl, aus unserem Bistum – und ist seiner Heimat bis zum Ende verbunden geblieben“, sagte Bischof Stefan Oster zu Beginn vor der versammelten Gottesdienstgemeinde und den Vertreterinnen und Vertreter aus kirchlichen Gremien und Verbänden sowie aus Politik und Gesellschaft im Passauer Stephansdom.
Der Passauer Bischof würdigte den emeritierten Papst zu Beginn seiner Predigt: Er war ein „überaus gescheiter, hochgebildeter, brillanter intellektueller Kopf. Einer, der einem den Glauben, die Kirche, die Welt, die Gesellschaft, die Geschichte, die Kultur so erklären konnte, dass man neue Einblicke bekommen hat; dass man neu und tiefer verstanden hat, dass man Zusammenhänge sehen konnte, die einem davor nie aufgefallen waren.“
Oster beschrieb Papst Benedikt zuallererst als einen Menschen, der arm war vor Gott – oder, wie es in früheren Übersetzungen der Schriftstelle aus der Bergpredigt hieß, „arm im Geist“. Er habe ihn als einen Mann erleben dürfen, bei dem sein Wissen und seine Intelligenz nie das gewesen seien, was ihn am meisten auszeichneten. „Ich habe ihn vielmehr erlebt als einen Mann, für den Jesus die erste Realität seines Lebens war. Jesus war ihm Lehrer und Meister; von Jesus hat er aus der Schrift empfangen. In Jesus hat er die Mitte der Weltgeschichte gesehen und zugleich die Zukunft von allem. Von ihm her und auf ihn hin hat er gelebt“, so Oster.
„Papst Benedikt war in all seiner Gelehrtheit ein Beter, einer, der vor seinem Gott auf die Knie gegangen ist.”
Der emeritierte Papst habe im Sprechen immer auf den Herrn verwiesen. „Papst Benedikt war in all seiner Gelehrtheit ein Beter, einer, der vor seinem Gott auf die Knie gegangen ist.“ Er habe im Bewusstsein gelebt, all seine Gelehrsamkeit empfangen zu haben und beschenkt worden zu sein, um zu geben. So sei auch zu verstehen, dass er ein Armer vor Gott war. Denn Gott habe ihn reich gemacht, verdeutlichte der Bischof. „In diesem Sinn war er auch ‘arm im Geist´ – weil er vertrauen konnte und wusste und lebte, dass man die im Leben alles entscheidenden Dinge nicht einfach aus sich selbst hat. Das sind Dinge, wie die Fähigkeit zu vertrauen, zu lieben, Freundschaft zu leben, vergeben zu können, dankbar zu sein auch in schweren Zeiten – alles so etwas hatte er nicht aus sich selbst.“
Auch in den Predigten und theologischen Erarbeitungen Ratzingers habe man gespürt, dass er den kenne, von dem er sprach, und tief mit ihm vertraut gewesen sei. So sei es nicht verwunderlich, dass die letzten Worte von Papst Benedikt lauteten: Herr, ich liebe dich. „Ich bin überzeugt, dass Joseph Ratzinger von seiner Jugend an in diese Freundschaft mit dem Herrn immer tiefer hineingewachsen ist – und dass er jetzt in ihr seine Erfüllung finden darf“, so Bischof Stefan.
In seinem Pontifikat sei der Papst vielen Prüfungen unterzogen worden. Doch in all den Prüfungen sei er dem Herrn treu geblieben, so Oster. „Er war wohl die letzten zehn Jahre noch mehr ein Beter im Herzen der Kirche – und zugleich einer, der die Entwicklungen in Kirche und Welt überaus interessiert und wach verfolgt und begleitet hat.“
„Ich habe ihn in mehreren Begegnungen immer als einen Mann erlebt, der sich selbst und damit vor allem seinem Herrn treu geblieben ist.”
Am Ende der Predigt sprach Bischof Stefan persönlich über den emeritierten Papst: „Ich habe ihn – trotz aller Herausforderungen und Prüfungen – in mehreren Begegnungen immer als einen Mann erlebt, der sich selbst und damit vor allem seinem Herrn treu geblieben ist. Seine tiefe Frömmigkeit hat ihn vor Gott in die schlichte Geisteshaltung des Kindes geführt. (…) Ich habe ihn stets im inneren Frieden angetroffen – im Bewusstsein, dass sein Richter nicht die Welt mit ihre Urteile ist, sondern der, der ihn geschaffen, der ihn geliebt hat – und der allen, die ihn lieben, ein barmherziger und verzeihender Gott ist.“ Und er schloss mit den Worten: „Danke, Heiliger Vater, verehrter Papa emerito. Lebe in Frieden bei Deinem Herrn, in der Freundschaft mit ihm. Und bitte vergiss nicht, bei ihm besonders für die Kirche in Deinem Heimatland zu beten – und für Dein Heimatbistum Passau.“
Musikalisch gestaltet wurde das Requiem von der Regionalkantorenschola unter der Leitung von Diözesanmusikdirektor Marius Schwemmer. An der Domorgel begleitete Max Jäger die Trauerfeierlichkeiten. Im Passauer Stephansdom ist weiterhin ein Ort für das Gebet und das Gedenken an Benedikt XVI. eingerichtet und ein Kondolenzbuch ausgelegt, in das Gläubige sich eintragen können.