Die Passauer Universitätskirche St. Nikola blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Grob nachgezeichnet lässt sie sich so beschreiben: Gegründet vor mehr als 950 Jahren als Klosterkirche eines Augustinerchorherrenstifts, neu aufgebaut nach einem verheerenden Erdbeben, das Passau 1348 heimgesucht hatte, umgebaut im Wandel der Epochen, profaniert im Zuge der Säkularisation, schwere Zeiten durchlebt durch die Nutzung als Militärkaserne und nach Ende des zweiten Weltkriegs als Heimat für Flüchtlinge und Vertriebene, frischen Wind genossen durch den Einzug von Deutschordensschwestern, genutzt als Pfarrkirche ab den späten 1950er Jahren und schließlich zum Zuhause geworden für die katholische Studierendengemeinde von Passau. Im Laufe der Jahrhunderte gab es immer wieder bauliche Veränderungen, die tiefe Spuren hinterlassen haben. Noch bis heute wirken diese Spuren nach. Das neuste Kapitel in der Geschichte der staatseigenen Kirche wurde erst vor wenigen Jahren geschrieben. Vier Jahre lang wurde in St. Nikola für rund 4,1 Millionen Euro eine umfangreiche Innenrenovierung samt Neugestaltung der liturgischen Orte durchgeführt, bevor 2016 wieder Gottesdienste in der Kirche gefeiert werden konnten. Und genau dieser letzten Restaurierung ist zu verdanken, dass es nun für alle Interessierten ein umfassendes Buch zur Kirche St. Nikola gibt. Darin wird mit vielen Fachbeiträgen die Bau- und Veränderungsgeschichte der Kirche sowie die Neugestaltung und die technischen Anpassungen der jüngsten Sanierung nachgezeichnet.
Beim Festakt zur offiziellen Vorstellung des Buches „St. Nikola zu Passau – Werkbericht zur Innenrestaurierung“ stellte Norbert Sterl, Leitender Baudirektor des Staatlichen Bauamtes Passau und Ideengeber für die Publikation, heraus, dass Bauämter normalerweise natürlich keine Bücher schreiben würden. Allerdings sei es bei der Restaurierung von St. Nikola den Bauverantwortlichen ein Herzensanliegen gewesen, die umfangreichen Veränderungen, die der Kirchenraum in der Vergangenheit erlebt hat, aufzuzeigen. Transparent und nachvollziehbar sollten sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Geplant sei zunächst nur eine Dokumentation mit geringem Umfang gewesen. „Mit viel Hintergrundwissen wuchsen die Beiträge aber schnell im Umfang auf Buchformat an. Die Idee, den Werkbericht als Buch zu präsentieren, war damit geboren!“, so Sterl. Fast zwei Jahre lang wurde am Buch gearbeitet. Es nun druckfrisch in den Händen halten zu können, machte alle Mitwirkenden und alle, denen St. Nikola am Herzen liegt, natürlich stolz. Dompropst Dr. Michael Bär, der erst kürzlich als neuer Pfarrer der Altstadt-Pfarrei eingeführt wurde und damit sozusagen auch Hausherr der Kirche St. Nikola ist, richtete seinen Dank an alle, die an dem „gelungenen Werk“ mitgearbeitet haben. „Wir freuen uns über dieses Buch, in dem alles für Nachwelt festgehalten wird“, so Bär. Bayerns Kunst- und Wissenschaftsminister Bernd Sibler stellte in seiner Festansprache die heutige Bedeutung von St. Nikola als „Keimzelle für die Universität Passau“, aber auch die beeindruckende Nutzungsgeschichte, die die Kirche in der Vergangenheit erlebt hat, in den Mittelpunkt. „Es ist wichtig, dass wir dank solcher Bücher innehalten und uns bewusstwerden, dass wir eine Verantwortung für die Zukunft, aber auch eine hohe Verantwortung für die Vergangenheit haben“, so Sibler. Dr. Thomas Kupferschmied vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, das auch die Herausgeberschaft für das Buch übernommen hat, sagte: „Wir freuen uns sehr, dass zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten mit dem vorliegenden Werk eine Würdigung geschehen kann.“ Die Publikation, erschienen im Verlag Friedrich Pustet, lasse alle, die die Baumaßnahmen nicht live miterleben konnten, in diese aufregende Zeit eintauchen, so Kupferschmied weiter.
Konkret geschieht das „durch die unterschiedlichen Experten-Blickwinkel, unter denen sich Kunsthistoriker, Architekten und Restauratoren mit den baulichen Veränderungen in der bewegten Geschichte von St. Nikola und deren Ursachen auseinandergesetzt und Antworten auf die Fragen der Restaurierung und Gestaltung gesucht haben“, sagte Leitender Baudirektor Sterl. Er selbst geht in seinen Beiträgen insbesondere auf die äußeren Bedingungen, Entwurfsgedanken und Beweggründe ein, wie und warum St. Nikola zu seiner heutigen Gestalt gefunden hat. Der Kunsthistoriker Dr. Ludger Drost beispielsweise hat die Baugeschichte von St. Nikola seit der Klostergründung nachgezeichnet und dabei die Ergebnisse der aktuellen Bauforschung einfließen lassen, auch die Erkenntnisse der archäologischen Befunde im Kirchenraum, die die Archäologin Johanna Aas in einen eigenem Beitrag gefasst hat. Domvikar Monsieur Dr. Bernhard Kirchgessner würdigt in seinem Bericht die liturgische Neugestaltung des Altarraums aus theologischer Sicht. Zahlreiche weitere Beiträge der mitwirkenden Autoren, die übrigens allesamt kostenlos zur Verfügung gestellt wurden, sowie ausdrucksstarke Fotos, die unter anderem das Restaurierungsergebnis dokumentieren, runden die Publikation, die nun für 19,95 Euro im Handel erhältlich ist, ab.
Text + Fotos: Mareen Maier