Bistumsblatt

Verabschiedung von Rainer Weißl

Redaktion am 27.03.2024

S10 weissl PB Foto: Harbach
Zum Hammer und Herz, die Rainer Weißl in seinem ehemaligen Büro in der Hand hält, sagt er: „Anstatt sich selber fertig zu machen, sollte man auch sich selber gegenüber freundlicher sein.“

Ehe-, Familien- und Lebensberater Rainer Weißl in den Ruhestand verabschiedet.

Heu­te sit­zen Sie mal auf mei­nem Stuhl“, sagt Rai­ner Weißl (66) lachend, als er in sei­nem frü­he­ren Büro der Ehe‑, Fami­li­en- und Lebens­be­ra­tung (EFL) am Kapell­platz in Alt­öt­ting Platz nimmt. Vor dem gro­ßen Bücher­re­gal ste­hen drei rote Stüh­le in einer Drei­ecks­for­ma­ti­on: Zwei mit etwas Abstand neben­ein­an­der, der drit­te gegen­über in der Mit­te neben dem Fens­ter mit Blick zum Kapell­platz. Hier saß Weißl bei sei­nen Bera­tungs­ge­sprä­chen mit Paa­ren und Ein­zel­per­so­nen. Seit 1989, also 34 Jah­re, war der gelern­te Pas­to­ral­re­fe­rent dort tätig: Lan­ge Zeit als Stell­ver­tre­ter und das letz­te hal­be Jahr nach dem Ruhe­stand sei­nes Vor­gän­gers auch als Lei­ter. Ende März wird er die Schlüs­sel abge­ben und sei­ne haupt­be­ruf­li­che Tätig­keit beenden.

Weißl ist mit sechs Geschwis­tern auf einem Bau­ern­hof in Tüß­ling auf­ge­wach­sen, er war das jüngs­te Kind. Eine prä­gen­de Zeit. Zum Hof sind immer vie­le Gewer­be­trei­ben­de gekom­men, um etwa Eier abzu­ho­len. Und mei­ne Mut­ter hat sich beim Ein­pa­cken der Eier in Zei­tungs­pa­pier – da gab es noch kei­ne Eier­kar­tons – mit denen in die Küche gesetzt und ihnen ein­fach zuge­hört. Das war natür­lich viel Small­talk, aber die Leu­te haben ihr wäh­rend­des­sen alles Mög­li­che erzählt und sind danach mit einem guten Gefühl heim­ge­gan­gen. Ich glau­be, dass ich das unbe­wusst schon damals mit­be­kom­men habe und daher auch einen Beruf als Zuhö­rer‘ wollte.“

Weißl besuch­te ein Inter­nat in Burg­hau­sen, da das Alt­öt­tin­ger Gym­na­si­um noch nicht fer­tig gebaut war. Weil mir das vie­le Leh­rer emp­foh­len und die meis­ten mei­ner Freun­de gemacht haben, ent­schied ich mich anschlie­ßend für das Stu­di­um der katho­li­schen Theo­lo­gie in Pas­sau“, sagt Weißl.

Die­ses war für ihn eine schö­ne Zeit“ und er denkt beson­ders ger­ne an das Pries­ter­se­mi­nar zurück: Da haben wir auch psy­cho­lo­gi­sche Gesprächs­füh­rung gelernt, also das akti­ve Zuhö­ren.“ Außer­dem lern­te er in Pas­sau sei­ne spä­te­re Frau Ingrid ken­nen, sie hei­ra­te­ten 1982. Nach dem Jah­res­prak­ti­kum in der Pfar­rei Alt­öt­ting kam er 1985 nach Neuöt­ting und teil­te sich – wie damals üblich – mit sei­ner Frau eine Stel­le als Pastoralassistent. 

Ihn habe dabei schon immer die Situa­ti­on von Ehe­paa­ren inter­es­siert, so sehr, dass er, als er eine Aus­schrei­bung dazu in der Zei­tung sah, berufs­be­glei­tend die Aus­bil­dung zum Ehe‑, Fami­li­en- und Lebens­be­ra­ter mach­te. Zu sei­nen Auf­ga­ben als Fami­li­en­seel­sor­ger zähl­ten die Bera­tungs­tä­tig­keit einer­seits und ver­schie­de­ne Ange­bo­te der Fami­li­en­pas­to­ral ande­rer­seits. Neben Bil­dungs­wo­chen­en­den und Vor­trags­aben­den habe ich das Kon­zept der Ehe­vor­be­rei­tung neu über­ar­bei­tet“, erzählt der 65-Jährige. 

Sein Fokus auf Ehe­paa­re war damals im kirch­li­chen Bereich etwas Neu­es. Er rief oft auch mit sei­ner Frau ver­schie­de­ne Ver­an­stal­tun­gen für Paa­re ins Leben, wie die Valen­tins­aben­de“ und Ver­wöhn­wo­chen­en­den“. Als sei­nen größ­ten Ver­dienst sieht er das von ihm ent­wi­ckel­te Eltern­trai­ning Fam­Ship“, das diö­ze­san­weit und in einer abge­wan­del­ten Form auch in Schu­len mit kirch­li­cher Trä­ger­schaft für Eltern und Leh­rer ange­bo­ten wird.

Das Trai­ning soll Eltern dabei hel­fen, mit schwie­ri­gen Situa­tio­nen bei ihren Kin­dern, wie Wut und Trau­rig­keit, umge­hen zu kön­nen“, sagt Weißl, der sel­ber Vater von vier Kin­dern ist. Sei­ne Begrün­dung, war­um ihm die Situa­ti­on von Ehe­paa­ren und Eltern so wich­tig ist: Sie haben eine enor­me Auf­ga­be zu erfül­len: Geht es den Eltern gut, geht es auch den Kin­dern gut – die Bezie­hung des Paa­res zuein­an­der kann dabei eine gro­ße Kraft­quel­le sein.“ Bei einer guten Bera­tungs­stun­de wer­de Weißl zufol­ge geweint und gelacht“.

Ein grund­sätz­li­cher Tipp, den er Paa­ren geben kann, ist das Fünf-Minu­ten-Gespräch: Man stellt einen Alarm auf die­se kur­ze Zeit und so lan­ge darf jeweils erst der eine, dann der ande­re Part­ner über sich und sei­ne Wün­sche spre­chen. Man wird dabei auch nicht vom Gegen­über unter­bro­chen, daher hilft das beson­ders der Per­son, die in der Bezie­hung am wenigs­ten spricht“, weiß der Neuöt­tin­ger. Durch die­sen kon­trol­lier­ten Dia­log kön­ne man auch Unan­ge­neh­mes bes­ser aussprechen. 

Der EFL-Bera­ter ist sich sicher, dass hin­ter jeder har­schen Kri­tik eine Bit­te ste­cke: Wenn man sich ver­letzt fühlt, zie­hen sich die Men­schen ent­we­der zurück oder ver­let­zen sich sel­ber oder den Part­ner durch Vor­wür­fe“, sagt Weißl in sei­nem Büro sit­zend und hebt einen gro­ßen Ham­mer aus Schaum­stoff hoch. Er trägt einen Anzug, wirkt aber durch die bun­te Kra­wat­te und sei­nen freund­li­chen Blick damit nicht einschüchternd. 

Er stellt dann oft res­sour­cen­ori­en­tier­te Fra­gen wie Was schät­zen Sie an Ihrem Part­ner?“. Der Neuöt­tin­ger legt nun den Ham­mer weg und nimmt statt­des­sen ein grö­ße­res, rotes Stoff­herz in die Hand. Sei­ne Arbeit erleb­te er stets als her­aus­for­dernd und berei­chernd zugleich“: So gebe es zwar oft ver­fah­re­ne Situa­tio­nen, es sei aber immer schön, wenn jemand durch ihn wie­der Stär­ke und Hoff­nung fin­den kön­ne. Sein Tipp, um trotz­dem resi­li­ent zu blei­ben: Ich ver­ur­tei­le mich nicht für nega­ti­ve Gefüh­le, wenn mich ein Ter­min mal sel­ber auf­ge­wühlt hat. Ich ver­su­che den Men­schen aber immer einen lie­be­vol­len Gedan­ken zu wün­schen“, sagt der Neuöt­tin­ger. Soweit es Gesund­heit und Kräf­te zulas­sen, will Weißl auch in sei­nem Ruhe­stand mit der KEB wei­ter eini­ge Semi­na­re und Kur­se anbie­ten. Und mit mei­ner Frau, den vier Kin­dern, fünf Enkeln und vie­len Hob­bys wird mir bestimmt nicht lang­wei­lig wer­den“, sagt Rai­ner Weißl und schmunzelt.

Text: Katha­ri­na Harbach

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