Priesterseminar_Historie Foto: Bayer/pbp

Geschichte des Hauses

Ein gro­ßer Ein­schnitt in die Pries­ter­aus­bil­dung der Diö­ze­se Pas­sau war die Still­le­gung der katho­lisch-theo­lo­gi­schen Fakul­tät an der Uni­ve­rsi­tät Pas­sau im Jah­re 2008. Seit die­ser Zeit stu­die­ren die Pas­sau­er Alum­nen in Regens­burg Theo­lo­gie. Zeit­gleich wur­de im Pas­sau­er Pries­ter­se­mi­nar das Pro­pä­deu­ti­kum der Kir­chen­pro­vinz München und Freising ein­ge­rich­tet. Nach 14 Jahren endete 2022 auch diese Etappe in der langen Geschichte des Hauses.

Schon seit dem 8. Jahr­hun­dert wis­sen wir in Pas­sau von einer Dom­schu­le für den Nach­wuchs. Bis zum Kon­zil von Tri­ent (15451563) gab es aller­dings kei­ne all­ge­mein ver­bind­li­chen Nor­men und erst recht kei­ne ver­pflich­ten­den Ein­rich­tun­gen zur Aus­bil­dung der Pries­ter. Die nie­de­ren Geist­li­chen“ absol­vier­ten viel­mehr beim Pfar­rer eine Art Leh­re und stie­gen nach einer gewis­sen Zeit zu Gesell­pries­tern auf. Die­je­ni­gen, die höhe­re geist­li­che Ämter anstreb­ten, stu­dier­ten vor­wie­gend an den Uni­ver­si­tä­ten Wien, Prag und Ingol­stadt. Fürst­bi­schof Wolf­gang von Salm (15411555) grün­de­te unter dem Ein­druck der Refor­ma­ti­on ein Gym­na­si­um mit dem Cha­rak­ter einer pri­va­ten Hof­schu­le. Urban von Trenn­bach (15611598) konn­te ein klei­nes Semi­nar für zwölf Pas­sau­er Alum­nen in Wien aus­stat­ten. Ein eige­nes Semi­nar triden­ti­ni­schen Typs in Pas­sau zu errich­ten scheiterte. 

Erst die bei­den Fürst­bi­schö­fe aus dem Hau­se Habs­burg, Erz­her­zog Leo­pold (15981625) und Leo­pold Wil­helm (16251662), lös­ten die­ses Pro­ble­m. 1611 kamen die Jesui­ten nach Pas­sau. Mit ihnen wur­de an der Inn­sei­te ein geis­­tig-geis­t­­li­ches Zen­trum mit Gym­na­si­um, Diö­ze­san­hoch­schu­le und Hof­thea­ter gegrün­det. Ver­bun­den damit war ein Kle­ri­kal­se­mi­nar, dem Kar­di­nal Johann Phil­ipp Graf von Lam­berg (16891712) ein neu­es Heim in der heu­ti­gen Staat­li­chen Biblio­thek gab. 

Joseph Maria von Thun (17611763) ging Mit­te des 18. Jahr­hun­derts auf Distanz zu den Jesui­ten. In Dom­nä­he wur­de 1762 eine Pries­ter­bil­dungs­an­stalt für 20 Alum­nen eröff­net. Kar­di­nal Leo­pold Ernst Graf von Fir­mi­an (17631783) ließ durch eige­ne Pro­fes­so­ren Kir­chen­recht, Dog­ma­tik und Moral dozie­ren. Das Semi­nar in Pas­sau, als rein wis­sen­schaft­li­che Insti­tu­ti­on, wur­de ergänzt durch Stät­ten pas­to­ra­ler Aus­bil­dung für Alum­nen, die bereits geweiht wor­den waren. So ent­stan­den die Pries­ter­häu­ser in Enns an der Donau und Guten­brunn. Dar­über hin­aus wur­den Alum­nen für den Bis­tumsteil Unter der Enns“ wei­ter­hin im Jesuit­en­se­mi­nar St. Bar­ba­ra in Wien aus­ge­bil­det. Mit der Abtren­nung des gro­ßen öster­rei­chi­schen Teils der Diö­ze­se durch Kai­ser Joseph II. brach die Pries­ter­aus­bil­dung ein. Nach der Säku­la­ri­sie­rung 1803 konn­ten drei Jahr­zehn­te in Pas­sau kei­ne Geist­li­chen aus­ge­bil­det wer­den. Sie erhiel­ten ihre Aus­bil­dung nun im Geor­gia­num in Lands­hut und nach des­sen Ver­la­ge­rung in München.

Mit Bischof Karl Joseph von Ric­c­abo­na (18261839) kam die Wen­de. Am 8. Okto­ber 1828 erfolg­te die könig­li­che Ent­schlie­ßung, wel­che als die Grün­dungs­ur­kun­de des Pas­sau­er Semi­nars bezeich­net wird. Am 1. Dezem­ber began­nen die Vor­le­sun­gen. Dem Bischof war neben dem Stu­di­um die geis­­tig-geis­t­­li­che Ent­wick­lung der gesam­ten Per­sön­lich­keit beson­ders wich­tig. Unter dem ers­ten Regens, Joseph Alo­is Roter­mundt, war das Semi­nar im Stai­ner­schen Pries­ter­haus am Dom untergebracht. 

Bischof Hein­rich von Hof­stät­ter (18391875) bau­te das Werk Ric­c­abo­nas aus und eröff­ne­te ein Kna­ben­se­mi­nar im Stai­ner­schen Pries­ter­haus, nun St. Maxi­mi­li­an. Für die Ober­ab­tei­lung ent­stand St. Valen­tin. Das Kle­ri­kal­se­mi­nar erhielt den Namen St. Ste­phan und beher­berg­te 1852 über 100 Alum­nen. Dann sank die Zahl aber deut­lich auf teil­wei­se nur 40. Bischof Joseph Franz von Weckert (18751889) ver­moch­te die Situa­ti­on nicht sofort zu bes­sern, setz­te aber mit Beson­nen­heit eine zeit­ge­mä­ße Pries­ter­aus­bil­dung durch, so dass in den fol­gen­den Jah­ren durch­schnitt­lich 90 Alum­nen in St. Ste­phan studierten. 

Bischof Sigis­mund Felix Frei­herr von Ow-Fel­l­­dorf (19061936) weih­te im Novem­ber 1910 die eige­ne Kir­che des Semi­na­rs ein. Im Ers­ten Welt­krieg waren 1917 von 86 Diö­ze­san­theo­lo­gen mit einer ein­zi­gen Aus­nah­me alle ein­ge­zo­gen. Jah­re hin­durch fan­den kei­ne Wei­hen mehr statt. Das Semi­nar nahm 1918 mit 55 Alum­nen die Arbeit wie­der auf. Es folg­ten dra­ma­ti­sche Jah­re, in denen die Semi­na­ris­ten zum Teil hun­gern muss­ten. Die poli­ti­schen Umwäl­zun­gen wur­den im Semi­nar mit gro­ßer Skep­sis beob­ach­tet. Klar grenz­te man sich zusam­men mit dem neu­en Bischof, Dr. Simon Kon­rad Lan­ders­dor­fer (19361968), gegen­über den Natio­nal­so­zia­lis­ten ab. Die Kon­se­quenz waren Haus­durch­su­chun­gen, Ver­bo­te und Schi­ka­nen. 1939 wur­de das Kle­ri­kal­se­mi­nar in Beschlag genom­men und als Laza­rett ver­wen­det. Die Stu­den­ten, soweit nicht zur Wehr­macht ein­be­ru­fen, muss­ten nach Eich­stätt gehen. Der Bischof und der Regens sand­ten mit Feld­post­brie­fen geist­li­che Tex­te und Medi­ta­tio­nen an die Soldaten. 

Als das Semi­nar 1945 den Betrieb wie­der auf­nahm, galt es, jun­ge Män­ner mit furcht­ba­ren Erfah­run­gen aus Krieg und Gefan­gen­schaft zu inte­grie­ren und zu beglei­ten. Die Zahl der Wei­he­kan­di­da­ten bis in die 1950er Jah­re hin­ein war klein, manch­mal konn­te nur ein Pries­ter geweiht wer­den. Mit Anto­ni­us Hof­mann wur­de 1955 ein spä­te­rer Diö­ze­san­bi­schof (19681984) Regens im Semi­nar. Er lei­te­te das Haus in einer Umbruchs­zeit inner­halb der Kir­che, die mit dem II. Vati­ka­ni­schen Kon­zil ein­set­ze, und in einer Pha­se gesell­schaft­licher Ent­wick­lun­gen, wel­che die Kir­che vor ganz neu­e Her­aus­for­de­run­gen stell­te. Hof­manns Nach­fol­ger 1968 als Regens im Pries­ter­se­mi­nar, Franz Xaver Eder, soll­te 1984 auch die Nach­fol­ge als 83. Bischof von Pas­sau (bis 2001) antre­ten. Bei­de ver­stan­den sich grund­sätz­lich als geist­li­che Weg­be­glei­ter der Alum­nen. Sie för­der­ten die wis­sen­schaft­li­che Aus­bil­dung und setz­ten gleich­zei­tig auf die ganz per­sön­li­che Ent­schei­dung für das Pries­ter­amt. Dom­propst Dr. Hans Wagen­ham­mer und Dom­ka­pi­tu­lar Josef Werk­stet­ter muss­ten sich den geän­der­ten gesell­schaft­li­chen Bedin­gun­gen stel­len. Weni­ger jun­ge Män­ner gin­gen den Weg in der Nach­fol­ge Chris­ti als Pries­ter. Auch Lud­wig Lim­brun­ner, von 2003 bis 2008 als Regens ver­ant­wort­lich, muss­te sich die­ser Pro­ble­ma­tik stel­len. Heu­te sind die jun­gen Män­ner, die sich auf den Weg in das Pries­ter­amt machen, im per­sön­li­chen Zeug­nis noch stär­ker her­aus­ge­for­dert. Aber die Fra­ge nach Beru­fun­gen ist auch eine Fra­ge an das gan­ze Bis­tum, an die Pfarr­ge­mein­den, die Ver­bän­de, die Ein­rich­tun­gen und die Fami­li­en. Um dies in der Diö­ze­se Pas­sau deut­lich zu unter­strei­chen, hat­te Diö­ze­san­bi­schof Wil­helm Schraml im Kir­chen­jahr 2006/2007 ein Jahr für geist­li­che Beru­fun­gen ausgerufen. 

Ein gro­ßer Ein­schnitt in die Pries­ter­aus­bil­dung der Diö­ze­se Pas­sau war die Still­le­gung der katho­­lisch-theo­­lo­­gi­­schen Fakul­tät an der Uni­ve­rsi­tät Pas­sau im Jah­re 2008. Seit die­ser Zeit stu­die­ren die Pas­sau­er Alum­nen in Regens­burg Theo­lo­gie und neh­men im Rah­men eines Koope­ra­ti­ons­ab­kom­mens zwi­schen den Bis­tü­mern Regens­burg und Pas­sau im Pries­ter­se­mi­nar Regens­burg an der dor­ti­gen Pries­ter­aus­bil­dung teil; die Diö­ze­se Pas­sau stell­te des­halb dort den Sub­re­gens. Zeit­gleich wur­de im Pas­sau­er Pries­ter­se­mi­nar das Pro­pä­deu­ti­kum der Kir­chen­pro­vinz Mün­chen und Frei­sing ein­ge­rich­tet, der die Erz­diö­ze­se Mün­chen und Frei­sing und die Diö­ze­sen Augs­burg, Regens­burg und Pas­sau ange­hö­ren. Von 2008 bis 2015 hat Regens Dr. Franz Harin­ger neben dem Pries­ter­se­mi­nar auch das Pro­pä­deu­ti­kum in Pas­sau gelei­tet; 2015 wur­de die­se Ver­ant­wor­tung von Bischof Dr. Ste­fan Oster an Regens Mar­tin Deng­ler über­tra­gen, der sie­ben Jah­re lang eben­falls bei­de Funk­tio­nen inne­hat­te. Mit dem Aus­stieg der Erz­diö­ze­se Mün­chen und Frei­sing und der Diö­ze­se Augs­burg aus dem gemein­sa­men Pro­pä­deu­ti­kum, wur­de 2022 auch das Pro­pä­deu­ti­kum für die bei­den ver­blie­be­nen Diö­ze­sen Regens­burg und Pas­sau nach Regens­burg ver­legt. Als neu­er Regens ist seit­dem der bis­he­ri­ge Pas­sau­er Sub­re­gens in Regens­burg, Chris­toph Leucht­ner, zusätz­lich für die Aus­bil­dung der Pas­sau­er Semi­na­ris­ten zuständig.

Obwohl dadurch das Semi­nar kei­ne Semi­na­ris­ten im klas­si­schen Sinn mehr beher­bergt, so behält es doch sei­nen geist­li­chen und geis­ti­gen Cha­rak­ter. Es wird nun von eini­gen Mit­glie­dern des weib­li­chen Zweigs des kar­me­li­ti­schen Säku­lar­in­sti­tuts Not­re Dame de Vie“ bewohnt, die sich ver­pflich­ten, jeden Tag zwei Stun­den Gebet zu hal­ten. Zudem fin­den im Zuge der Aus­bil­dungs­re­form der Diö­ze­sen Regens­burg und Pas­sau in regel­mä­ßi­gen Abstän­den Ver­an­stal­tun­gen mit Semi­na­ris­ten bei­der Diö­ze­sen im Haus statt. Auch zu den Beauf­tra­gungs­fei­ern und nicht zuletzt zur Pries­ter­wei­he keh­ren die Semi­na­ris­ten immer wie­der nach Pas­sau ins Pries­ter­se­mi­nar zurück.

(zusam­men­ge­stellt vor­wie­gend aus: Franz X. Eder, Fest­schrift 150 Jah­re Pries­ter­se­mi­nar St. Ste­phan in Pas­sau 1828 – 1978, Pas­sau 1978)