Bischof

Wohin steuert die Kirche?

Sarah Joas am 22.05.2019

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Ein düsteres Bild mit einem hoffnungsvollen Ausblick zeichnete Bischof Dr. Stefan Oster von der gegenwärtigen Lage der katholischen Kirche. „Ecclesia, quo vadis? Kirche zwischen Tradition, Skandalen und authentischem Glauben“ lautete der Titel seines Vortrags, den er am Dienstagabend vor rund 45 Professorinnen und Professoren aus dem Passauer Hochschulkreis hielt. „Ich sehe eine ähnliche Situation wie im 16. Jahrhundert, kurz vor der Reformation“, sagte Bischof Oster.

Bischof Oster spricht auf Ein­la­dung des Pas­sau­er Hoch­schul­krei­ses über die aktu­el­le Situa­ti­on der katho­li­schen Gemein­schaft — Wohin steu­ert die Kir­che?

Die Her­aus­for­de­run­gen der Kir­che in der heu­ti­gen Gesell­schaft sei­en enorm. Die Kir­che sehe sich einer zuneh­mend plu­ra­lis­ti­schen, säku­la­ren Kul­tur gegen­über, ver­bun­den mit einem dra­ma­ti­schen Rele­vanz­ver­lust von Glau­be, Theo­lo­gie und Kir­che, befeu­ert durch das dank zahl­rei­cher Skan­da­le schlech­te Image der Kir­che in der all­ge­mei­nen Öffent­lich­keit. Der Rück­gang der Gläu­bi­gen bei gleich­zei­ti­ger Über­al­te­rung der Ver­blie­be­nen sor­ge für eine Stei­ge­rung der Über­las­tung. Wo doch immer neue Anfor­de­run­gen zum Bei­spiel an Ver­wal­tung nach neu­em Per­so­nal und mehr Pro­fes­sio­na­li­sie­rung ver­lan­gen. In abseh­ba­rer Zukunft wer­den dem­entspre­chend auch unse­re Finanz­mit­tel deut­lich weni­ger wer­den“, so der Bischof.

In der Aus­ein­an­der­set­zung mit die­ser Rea­li­tät zei­ge sich bei vie­len Gläu­bi­gen und Amts­trä­gern ein Man­gel an der Fähig­keit, trag­fä­hi­ge Ant­wor­ten zu geben — nicht nur auf die klas­si­schen Reiz­the­men Sexua­li­tät, Part­ner­schaft, Frau­en­fra­ge, Zöli­bat. Vie­le Glau­bens­in­hal­te sind heu­te kaum mehr ver­mit­tel­bar“, sag­te Oster. Wo wer­de denn zum Bei­spiel der Zusam­men­hang zwi­schen Glau­be und Natur­wis­sen­schaft gut erklärt? Oder der zwi­schen Reli­gi­on und Gewalt? Oder von Öku­me­ne und ihrem feh­len­dem Fort­schritt? Wie lässt sich über­haupt Lit­ur­gie ver­ste­hen? Erklä­ren Sie all das mal jun­gen, kri­tisch fra­gen­den Men­schen, die nicht kir­chen­ver­bun­den sind“, so der Bischof. Bei vie­len Chris­ten blei­be daher ein vages Gefühl von Gläu­big­keit und wach­sen­des Miss­trau­en gegen­über der Insti­tu­ti­on. Bei gro­ßen Fes­ten oder Bischofs­be­su­chen, sind die Kir­chen zwar noch über­voll“, erzähl­te er – aber am nächs­ten gewöhn­li­chen Sonn­tag dann schon wie­der leer, mit wei­ter abneh­men­der Ten­denz. Was sagt das über unse­re Tra­di­ti­on? Ist sie leer gewor­den? Was fehlt?“ War­um haben so vie­le Men­schen den Ein­druck, Chris­ten­tum bedeu­te zuerst das Ein­hal­ten from­mer Regeln und Moral­vor­schrif­ten? Dabei gehe es in einem authen­ti­schen Glau­ben gera­de nicht zuerst um Ethik oder Moral, son­dern zuerst um eine leben­di­ge Bezie­hung zu Jesus Chris­tus – als einem, der jeden ein­zel­nen Men­schen erneu­ert und damit die Welt – und der dann hilft, anders zu leben. An der fol­gen­den Fra­ge und der Qua­li­tät unse­rer Ant­wort wer­de sich das Schick­sal der Kir­che ent­schei­den: Wer ist Chris­tus? Und wer ist er für mich?“, so Bischof Oster: Das ist die wich­tigs­te Frage.“

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Das Reich Got­tes begin­ne da, wo ein Mensch beginnt, Chris­tus den Herrn sei­nes Lebens sein zu las­sen. Immer wie­der dort, wo sich in die­sem Sin­ne Men­schen haben von Jesus berüh­ren las­sen – und des­halb von innen her auch die Leh­re der Kir­che anneh­men kön­nen, erle­be er Wachs­tum, sag­te Oster. Es brau­che offe­ne, ein­la­den­de Gemein­schaf­ten, in denen gera­de die her­aus­for­dern­de Bot­schaft des Evan­ge­li­ums ernst genom­men wer­de, in denen qua­li­täts­voll Gott gefei­ert wer­de und in denen Men­schen in Not wirk­lich gese­hen wer­den. In sol­chen Gemein­schaf­ten zei­ge sich: Hier ist es noch ein­mal anders als bei der Feu­er­wehr oder im Fuß­ball­ver­ein.“ Zu Zei­ten der Volks­kir­che habe man vie­les viel­leicht nicht erklä­ren müs­sen, weil es als selbst­ver­ständ­lich erach­tet wur­de. Sobald das Ver­hält­nis zwi­schen Staat, Gesell­schaft und Kir­che jedoch span­nungs­rei­cher wer­de, müss­ten über­zeu­gen­de Ant­wor­ten gege­ben wer­den. Und die, so fand der Bischof einen hoff­nungs­vol­len Schluss, fän­den wir alle­samt und auf ein­zig­ar­ti­ge Wei­se im Evan­ge­li­um und in der gro­ßen Tra­di­ti­on der Kir­che, die frei­lich immer eine zu erneu­ern­de Kir­che blei­be. Die ech­ten Refor­mer von Kir­che sei­en in die­sem Sinn eher sel­ten die hohen Amts­trä­ger gewe­sen, sag­te er, son­dern hei­li­ge Frau­en und Män­ner wie Fran­zis­kus, Igna­ti­us oder Mut­ter Tere­sa. Sie hät­ten zuerst aus Gott gelebt und sich, bewegt durch die­se Bezie­hung, den Men­schen zugewandt.

Text und Foto: Anna Hofmeister

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