
„Unser täglich Brot gib uns heute…“ – die Bitte um das täglich Brot ist im „Vaterunser“, dem bekanntesten Gebet der Christen, fest verankert. Doch wie sieht es mit der Dankbarkeit für dieses Grundnahrungsmittel aus? Ein altes Brauchtum hilft dabei, die Wertschätzung für Brot neu zu entdecken und zum Ausdruck zu bringen.
Schon in der Antike benutzten Menschen so genannte „Brotstempel“, die vor dem Backen in den Laib Brot gedrückt wurden und das fertige Brot schließlich mit Motiven zierten. Diese alte Tradition wurde durch die Jahrhunderte getragen. Auch heute noch werden Stempel genutzt, um beispielsweise die Herkunft oder das Gewicht des Brotes anzuzeigen. Und: Es gibt auch Brotstempel mit religiösen Motiven, die als Weihezeichen gebraucht werden. Der Religionspädagogin Renate Pongratz aus Büchlberg, die im Passauer Domladen tätig ist, ist dieser alte Brauch gut vertraut. Vor Jahren hatte sie einen Brotstempel von Misereor, der als Symbol der Hoffnung und Solidarität mit den Armen die Weltkugel mit einem Keimling zeigt, entdeckt. Dieser ist bei Renate Pongratz seither privat und im Rahmen der „Solibrot“-Aktion, die das katholische Hilfswerk und der Katholische Deutsche Frauenbund alljährlich veranstalten, im Einsatz. Weil der Misereor-Brotstempel nicht mehr verkauft wird, war Pongratz auf der Suche nach Alternativen. Fündig wurde sie vor einem halben Jahr in einer Heimatzeitung. Darin wurde ein Brotstempel aus Eichenholz vorgestellt, der als Motiv ein Kreuz und die Buchstaben „IHS“ für „Jesus, Heiland, Seligmacher“ trägt und damit traditionellen Brotstempeln von früher nachempfunden ist.
„Indem wir dem Brot diesen Stempel aufdrücken, heißt das, dass das tägliche Brot unter Gottes Segen zur Stärkung werden soll.”
Eben dieser Brotstempel ist nun auch im Passauer Domladen erhältlich. „Indem wir dem Brot diesen Stempel aufdrücken, heißt das, dass das tägliche Brot unter Gottes Segen zur Stärkung werden soll. So vergisst man nie, aus wessen Hand das Lebensmittel Brot kommt“, erklärt Pongratz. Ihr selbst ist dieser Brauch sehr wichtig – und sie hofft, dass die Wiederentdeckung der Brotstempel dazu beitragen kann, die Wertschätzung für Brot zu erhöhen.

Renate Pongratz stammt aus einer kleinen Dorfbäckerei, ist mit dem Geruch von frisch gebackenem Brot im Haus aufgewachsen. Dieser Geruch hat sich eingebrannt – ebenso wie die Demut, die in ihrer Familie vor dem mühsam herstellten Nahrungsmittel herrscht. Allerdings sei nicht unbedingt ein Stempel nötig, um das Brot zu segnen – das gehe beispielsweise auch, indem die Oberfläche mit einem Messer in Kreuzform eingeschnitten wird. Ihre Großmutter in der Bäckerei habe das immer so gemacht. „Ich weiß noch ganz genau, wie ich sie einmal gefragt habe, warum sie das tut. Sie hat geantwortet, dass sie das macht, weil viele Leute das Brot nicht mehr segnen, bevor sie es anschneiden. Deshalb also hat sie es in Kreuzform eingeschnitten, damit jeder Laib Brot Gottes Segen eingebacken bekommt“, erinnert sich Pongratz zurück. Zudem gibt es neben der Kennzeichnung des Brotes auf der Oberfläche weitere Möglichkeiten, das Brot ins rechte Licht zu rücken – liebevoll bestickte Brotdeckchen zum Beispiel. „Auch das war früher üblich. Man hat das Brot auf ein schönes Deckchen gelegt. Eingestickt waren oft die Buchstaben ‚IHS‘ oder ein Segenswusch wie ‚Danke für das täglich Brot‘“, erzählt Pongratz.
Ihr Tipp für Kreative: Der Brotstempel kann nicht nur für das Brot selbst genutzt werden. In Kombination mit Stoffmalfarben lassen sich mit dem Stempel schöne und individuelle Brotdeckchen gestalten.
Info: Der Brotstempel ist im Passauer Domladen in zwei verschiedenen Größen erhältlich. Zudem gibt es weitere Produkte rund ums Brot backen, wie beispielsweise Bücher.