Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter. Eines davon ist zweifellos (Zwangs)Prostitution. Auf diesen Missstand hat der Passauer Aktionskreis „NEIN zu Gewalt an Frauen“ unter Federführung des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) in der Diözese Passau anlässlich des Internationalen Gedenktags gegen Gewalt an Frauen rund um den 25. November aufmerksam gemacht.
Mit Soni Unterreithmeier, der ehemaligen Leiterin von „Solwodi“ Augsburg, wurde eine Expertin nach Passau geholt, die für ihren unermüdlichen Kampf gegen Prostitution bekannt ist. Sie ist davon überzeugt: „Sexarbeit ist kein Beruf wie jeder andere. Es gibt keine gute Prostitution!“ Soni Unterreithmeier schilderte anschaulich, wie Frauen zur Ware werden und warum gerade Deutschland als Bordell Europas gilt. Betroffen seien insbesondere Mädchen und Frauen aus dem osteuropäischen Raum, die meist auf die so genannte „Loverboy“-Methode hereinfallen würden. Diese ist simpel, aber effektiv: Junge Männer umgarnen ihre Opfer, spielen ihnen die ganz große Liebe vor und machen sie emotional abhängig. Dann täuschen sie in der Regel eine finanzielle Notlage vor und bitten ihre Freundin um Unterstützung. Die Frauen werden dazu gebracht, augenscheinlich freiwillig anschaffen zu gehen. „Die Frauen sehen sich zu diesem Zeitpunkt selbst meist noch nicht als Opfer. Es ist für sie normal, dass sie für die Liebe dieses Opfer bringen und sich prostituieren, um für eine spätere gemeinsame Zukunft das nötige Geld zu verdienen“, schilderte Unterreithmeier. Doch das hat in den meisten Fällen fatale Folge. Der „Loverboy“ entpuppt sich immer mehr als Peiniger, aus der Freiwilligkeit wird Zwang. „Man geht davon aus, dass der überwiegende Teil der Frauen, nämlich über 90 Prozent, nicht freiwillig als Prosituierte arbeiten“, sagte Unterreithmeier. Die betroffenen Frauen finden sich in einer Notlage wieder, aus der sie ohne Unterstützung von außen nur schwer entkommen können. Die meisten Prostituierten haben laut Soni Unterreithmeier zudem mit schweren gesundheitlichen Folgen zu kämpfen. Demnach würden rund 80 Prozent der Frauen, die sich prostituieren, unter posttraumatischen Belastungsstörungen leiden. Im Vergleich: Bei Soldaten, die nach Kriegseinsätzen in die Heimat zurückkehren, sind rund 20 Prozent betroffen.
Soni Unterreithmeier stellte heraus: „Das Rotlichtmilieu ist ein Millionengeschäft. Im Hintergrund gibt es eine mächtige Lobby. Doch Prostitution ist gesundheitsschädigend, frauenverachtend und diskriminierend. In einer Gesellschaft, die die Geleichberechtigung von Frauen und Männern zum Ziel hat, ist das nicht vertretbar.“ Geläufigen Argumenten von Menschen, die Prostitution verharmlosen, erteilte sie eine klare Absage. Beispielsweise werde oft angeführt, dass es Prostitution ja schon immer gegeben habe. „Auch Mord und Totschlag hat es schon immer gegeben, dennoch werden diese Taten bestraft und sind nicht gesellschaftlich geduldet.“ Zudem nehme die Zahl der Vergewaltigungen zu und nicht ab, wie oftmals in Zusammenhang mit „positiven“ Folgen von Prostitution angeführt werde. „Gerade durch das Angebot der Prostitution wird die Hemmschwelle für Gewalt gegen Frauen herabgesetzt“, betonte Unterreithmeier. Sie prangerte zudem an, dass in Deutschland das liberalste Prostitutionsgesetz Europas gelte. Demnach ist freiwillige Prostitution hier erlaubt. Anders ist es beispielsweise in Norwegen, Schweden, Dänemark, Irland und Frankreich. „Die EU empfiehlt allen Mitgliedsstaaten die Einführung des ‚Nordischen Modells‘“, erklärte Unterreithmeier. Bei diesem Modell werden Freier bestraft, dadurch würde die Nachfrage sinken.
Mit Soni Unterreithmeiers Vortrag „Ware Frau – Deutschland das Bordell Europas?!“ im Evangelischen Zentrum St. Matthäus wurde die Aktionswoche „NEIN zu Gewalt an Frauen“ abgeschlossen. Zuvor war bei einem ökumenischen Abendgebet unter Beteiligung der Fachakademie für Sozialpädagogik Passau für die Opfer von Gewalt gebetet worden. Zudem gehörten ein Informationsstand und eine Filmvorführung zum Aktionsprogramm, das auch im nächsten Jahr fortgesetzt werden soll.
Text: KDFB Diözesanverband Passau