In unserem digitalen Zeitalter, in welchem sowohl der gesellschaftliche Zusammenhalt als auch der Glaube immer stärker erodieren und sich Gefühle der Einsamkeit, Minderwertigkeit und Entfremdung bei vielen Menschen immer tiefer in die Seele brennen, wird die Möglichkeit, Gebetsanliegen anonym mit der Öffentlichkeit zu teilen, und somit zumindest flüchtig aus der Unsichtbarkeit herauszutreten und von anderen Menschen gehört zu werden, immer mehr angenommen.
Ein Gebet ist wie ein Licht in der dunkelsten Nacht. Es gibt Halt, spendet Hoffnung und Trost und zeigt, dass wir unsere eigene Machtlosigkeit im Angesicht der Stürme des Schicksals akzeptieren, die einen in die höchsten Höhen heben oder am Boden zerschellen lassen können — oder wie es der evangelische Pastor und Lyriker Eduard Mörike ausdrückte: “Leg alles still in Gottes Hände, das Glück, den Schmerz, den Anfang und das Ende.” Selbst im Johannesevangelium werden folgende Worte Jesu überliefert, der auf seinen Vater im Himmel verweist: „ Ich kann nichts von mir selbst tun … “ (Johannes 5,30).
Ein Wunsch, der still für uns und andre fleht,
Ein Seufzer, der dem Herzen leis entweht,
Den keine Lippe spricht, ist ein Gebet.
Johann Gottfried von Herder (1744 — 1803)