Der Diözesan-Obere Dr. Stefan Oster hatte Dr. Bernhard Kirchgessner eigens damit beauftragt. Der Direktor der Einrichtung und Leiter der Künstlerseelsorge in der Diözese durfte die Signalgeberin zum Sonntagsgottesdienst um 11 Uhr mit Chrisam salben und war sich dieser großen Ehre durchaus bewusst. „Es wird das erste und letzte Mal in meinem Leben sein, dass ich eine Glocke weihen darf“, bekundete Dr. Kirchgessner strahlend.
Ab heute gebe es eine Glocke im Spectrum Kirche, hob der Monsignore bei der Einleitung zur Feier im Foyer hervor. Im Freien – am Glockenturm, den Dr. Bernhard Kirchgessner als „Campanile San Bernardo“ bezeichnete – richtete er dann ein spezielles Gebet an den Herrn und Schöpfer. „Segne diese Glocke, die dein Lob kündet“, hieß es darin. Sie solle die Gemeinde zum Gottesdienst rufen, die Säumigen mahnen, die Mutlosen aufrichten, die Trauernden trösten, die Glücklichen erfreuen und die Verstorbenen auf ihrem letzten Weg begleiten. Zugleich sollten alle gesegnet sein, zu denen der Ruf dieser Glocke dringen werde.
Zu den Glücklichen zählte an diesem Tag ganz besonders Pfarrer Kirchgessner selbst, dem die Glocke 2023 anlässlich seines 40-jährigen Priesterjubiläums geschenkt worden war. Gemäß seinem Vornamen ist sie dem Heiligen Bernhard von Clairvaux gewidmet. In den vergangenen Wochen errichteten Ehrenamtliche unter der Leitung von Konrad Mayer und Hans-Jürgen Wagner im Park des Hauses den hölzernen Glockenturm mit Innenleben aus Metall, wozu auch die Konstruktion einer Stahlseil-Umlenkung gehört, die das manuelle Läuten von der Kapelle aus ermöglicht. Bei der Wandlung während des Festgottesdienstes durfte Wagner sie erstmals zur Eucharistie von Hand zum Klingen bringen. Den erfolgreichen Test im Freien hatte dessen Sohn Florian vorgenommen.
Den Ritus einer Glockenweihe, vom gemeinsam angestimmten „Te Deum“ gekrönt, erläuterte Dr. Marius Schwemmer, Glockensachverständiger der Diözese Passau, den Zuhörern in der Predigt. In den Mittelpunkt stellte er die Salbung der in einer kleinen Gießerei in der Steiermark hergestellten Glocke an vier Stellen – „ein deutscher, nicht obligatorischer, aber sehr symbolisch-schöner Sonderbrauch“, so der Diakon, der darauf aufmerksam machte, dass die Glocke als einziges unbelebtes Gut mit Chrisam gesalbt und dadurch der weltlichen Gesetzgebung enthoben werde. Ihr Klang und damit der Ruf Gottes solle sich somit in alle vier Himmelsrichtungen ausbreiten, in die auch der Christ das Evangelium verkünden solle, hieß es.
Dr. Schwemmer sprach von einem doppelten Festtag, zumal zusätzlich zur Glockenweihe das Fest der Darstellung des Herrn nachgefeiert werde. „Ein Aspekt von Lichtmess ist das Gedenken der Begegnung zwischen Gott, Quelle des Lichtes, und den Menschen“, betonte der Diakon. Die Kirchenglocke ruft nach seinen Worten zur Begegnung zwischen Gott und Mensch, die in den Sakramenten und Gottesdiensten stattfinde – aber nicht nur. Sie läute zur Tauffeier oder zur Feier der Eheschließung, „sie ruft uns ab jetzt jeden Sonntag um 11 Uhr zum Gottesdienst zusammen.“ Pachomius, der ägyptisch-christliche Mönchsvater aus dem 3. Jahrhundert, beschreibe die Aufgabe der Glöckchen in den ersten Klöstern als „signum dare“, was „Zeichen geben“ auf Lateinisch bedeutet.
„Glocken geben dem Leben Rhythmus“, unterstrich der Prediger. Mit ihrem Klang werde das Alltagsleben unterbrochen. Sie gäben dem „All-Tag“ Struktur und verwiesen die Menschen auf eine Dimension, „die weit über unser Leben hinausreicht“, so Schwemmer weiter. Seine abschließende Bitte zielte darauf ab, dass die Spectrums-Glocke nicht aufhören möge, den Ruf Gottes und seine Sehnsucht nach der Gemeinschaft mit den Menschen hörbar zu machen, das Leben der Gebets‑, Gottesdienst- und Hausgemeinschaft zu begleiten, ihm Rhythmus zu geben und damit auf Gott zu verweisen, „der unsere und alle Zeit in seinen Händen hält“, der der Zeit Anfang und Ende setze und ihr ein Ziel gebe – „die endgültige Begegnung mit ihm am Ende aller Zeiten.“
Zum Schluss des Gottesdienstes, den die beiden Sänger Mario Eckmüller und Lorenz Schober zur Orgelbegleitung von Alex Feih mit der „Messe brève“ von Jacques Nicolas Lemmens wundervoll umrahmt hatten, bedankte sich Dr. Bernhard Kirchgessner bei allen Beteiligten an der Glocken-Aktion sowie den Spenderinnen und Spendern. Nach dem von Feih auf ausdrücklichen Wunsch des Künstlerseelsorgers auf der Eisenbarth-Orgel intonierten „Marche Pontificale“ von Charles Gounod gab es für die Gläubigen noch den begehrten Blasiussegen.
Text: Bernhard Brunner