Bistum

Lebendige Wälder

BAY am 18.06.2021

210604 Lebendiger Wald 10 Foto: Bayer/pbp
Der Thurmansbanger Kirchenwald im Sonnenlicht.

Schöpfungsorientierte Waldnutzung heißt das Gebot der Stunde, um die Vielfalt des Lebens auf der Erde zu erhalten und die weltweit massiven Artenverluste zu stoppen. Denn die aktuelle Situation wird von vielen Wissenschaftlern und Experten bereits als das sechste Massenaussterbeereignis auf unserer Erde eingestuft.

Unse­re Wäl­der wer­den dabei nicht nur durch die stei­gen­de Kli­ma­er­wär­mung einem rigo­ro­sen Stress­test unter­zo­gen, son­dern auch durch die enor­men Wald­ver­lus­te in Form des gigan­ti­schen Roh­stoff­be­darfs der Holz­in­dus­trie, der Umwand­lung in ande­re Land­nut­zungs­ar­ten (z.B. das Gelän­de von Tes­las Giga­fac­to­ry) oder (ille­ga­len) Brand­ro­dun­gen für die Fleisch‑, Fut­ter- oder Lebens­mit­tel-Pro­duk­ti­on. Das Bis­tum Pas­sau legt bei all sei­nen Kir­chen­wäl­dern einen gro­ßen Wert auf Struk­tu­ren und Pro­zes­se, die auf ein selbst­re­gu­la­to­ri­sches Wald­öko­sys­tem aus­ge­rich­tet sind. In unse­rem Inter­view spre­chen der Lei­ter des Wald­re­fe­rats der Diö­ze­se Pas­sau, Mat­thi­as Drex­ler und Diplom Forst­wirt Peter Lang­ham­mer über die aktu­el­le Situa­ti­on und ihre Bemü­hun­gen um einen leben­di­gen Wald.

Herr Drex­ler, was genau ver­steht man unter dem Begriff schöp­fungs­ori­en­tier­te Wald­nut­zung” und wie ist der dies­be­züg­li­che Stand im Bis­tum Passau?

Mat­thi­as Drex­ler: Das obers­te Betriebs­ziel bei der Diö­ze­se Pas­sau in der Wald­be­wirt­schaf­tung ist der Erhalt und Aus­bau der bio­lo­gi­schen Viel­falt. Und das freut natür­lich unse­ren Bischof Ste­fan, dass wir hier ganz im Sin­ne der Enzy­kli­ka Lau­da­to Si” von Papst Fran­zis­kus arbeiten.

210604 Lebendiger Wald 8 close Foto: Bayer/pbp
v.l.: Josef Holzbauer (Umweltbeauftragter der Diözese Passau), Patrick Schwingenschlögl (Forstwirt-Azubi), Matthias Drexler (Leiter Waldreferat der Diözese Passau), Peter Langhammer (Diplom Forstwirt), Gerald Klamer (Wald- und Wanderexperte)

Wider­spricht die­se Art der Wald­be­wirt­schaf­tung nicht den Grund­sät­zen einer größt­mög­li­chen Rentabilität?

Mat­thi­as Drex­ler: Die­se Bewirt­schaf­tung wird auch von unse­rem Finanz­di­rek­tor unter­stützt, der eben­falls der Auf­fas­sung ist, dass im Wald nicht der kurz­fris­ti­ge, öko­no­mi­sche Vor­teil zu suchen ist, son­dern ein best­mög­li­cher Ein­klang von Öko­no­mie und Öko­lo­gie zu gewähr­leis­ten.
Wir müs­sen den Wald als Öko­sys­tem sta­bi­li­sie­ren und da gehö­ren zum Bei­spiel alte Bäu­me dazu, Tot­holz und auch zum Teil Nut­zungs­ver­zichts­flä­chen, denn das ist ein Man­gel in den Wirt­schafts­wäl­dern.“
Nur wenn wir unser Sys­tem sta­bi­li­sie­ren, haben wir lang­fri­sitg einen guten wirt­schaft­li­chen Erfolg, weil wir siche­rer sind vor Kli­ma-Kata­stro­phen wie Stür­men und Witterungsextremen.

Herr Lang­ham­mer, man hört und liest es immer wie­der in den Medi­en: Das Wald­ster­ben ist seit meh­re­ren Jahr­zehn­ten ein gro­ßes Pro­blem. Wie steht es denn der­zeit um den deut­schen Wald?

Peter Lang­ham­mer: Die aktu­el­le Situa­ti­on muss man sehr dif­fe­ren­ziert betrach­ten. Ich möch­te auch gar nicht von Wald­ster­ben spre­chen, auch wenn vie­le vom Wald­ster­ben 2.0 reden. Ich glau­be, dass es eher eine Sys­tem­schwä­che der Forst­wirt­schaft ist, die da zum Aus­druck kommt, weil wir halt sehr, sehr vie­le natur­fer­ne Wäl­der haben, und die­se tref­fen jetzt auf eine kli­ma­ti­sche Ver­än­de­rung, wel­che die Rah­men­be­din­gun­gen für die Wäl­der schwie­ri­ger macht. Hier­bei sieht man auch ganz deut­lich, dass die natur­ferns­ten Wäl­der, die künst­lich ange­leg­ten Fich­ten- und Kie­fern­fors­ten, am aller­sen­si­bels­ten reagie­ren auf die kli­ma­ti­schen Ver­än­de­run­gen, die wir jetzt erle­ben und die tat­säch­lich dra­ma­tisch sind und die natür­lich auch unse­re natur­na­hen Wäl­der betref­fen, unse­re hei­mi­schen Baum­ar­ten. Aber in aller­ers­ter Linie und zum aller­größ­ten Teil betrifft es die plan­ta­gen­ar­ti­gen Wäl­der, die eben pri­mär für die Roh­stoff­ver­sor­gung gegrün­det wor­den sind.

Unser Bis­tum ist in die­ser Hin­sicht auch seit eini­gen Jah­ren an einem grö­ße­ren For­schungs­pro­jekt betei­ligt. Was ist das für eine Koope­ra­ti­on und was für eine Ziel­set­zung ver­folgt sie?

Mat­thi­as Drex­ler: Die Diö­ze­se Pas­sau ist dar­über hin­aus als Umset­zungs­part­ner an der For­schung Bio­Holz-Pro­jekt betei­ligt. Wodurch uns letz­tes Jahr die Aus­zeich­nung Offi­zi­el­les Pro­jekt der UN Deka­de bio­lo­gi­sche Viel­falt” ver­lie­hen wur­de. Dabei wer­den wir auch von der TU Mün­chen und von der For­schungs­ab­tei­lung des Natio­nal­parks Baye­ri­scher Wald unter­stützt. Die Fra­ge lau­tet, mit wel­chem Kon­zept kön­nen wir mit mög­lichst wenig Auf­wand sehr viel für die Natur errei­chen. Dafür wur­den zehn Ver­suchs­flä­chen mit lie­gen­dem und ste­hen­dem Tot­holz im Kir­chen­wald in Thur­mans­bang ange­legt, wel­che nun schon seit fünf Jah­ren fort­lau­fend unter­sucht wer­den, um am Ende für die Diö­ze­se Pas­sau ein Lösungs­kon­zept zu erar­bei­ten, das wir wider­um als fro­he Bot­schaft” und ver­nünf­ti­ges Ange­bot an alle ande­ren Wald­be­sit­zer wei­ter­ver­brei­ten wollen.

Wo muss nun ange­setzt wer­den, um die­se nega­ti­ve Ent­wick­lung zu brem­sen, um das gan­ze öko­lo­gi­sche Wald­sys­tem wie­der gesün­der zu machen?

Peter Lang­ham­mer: Ganz wesent­lich ist, dass man den Wäl­dern ihre natur­na­hen Struk­tu­ren zurück­gibt und natur­na­he Pro­zes­se zulässt. Wenn man das macht, dann haben die Wäl­der von Natur aus sehr gro­ße Mög­lich­kei­ten, sich an Ver­än­de­run­gen in ihrer Umwelt anzu­pas­sen. Das ist ja schon immer pas­siert in der Ver­gan­gen­heit. In den letz­ten Tau­sen­den von Jah­ren hat es immer Ver­än­de­run­gen gege­ben und die Wäl­der haben sich ange­passt, aber sie brau­chen den Raum und die Zeit dazu und auch die Struk­tu­ren. Eine ganz wich­ti­ge Struk­tur ist zum Bei­spiel Tot­holz! Tot­holz spei­chert Was­ser und trägt durch die­se Feuch­tig­keit zu einem küh­len Wald­in­nen­kli­ma bei und ist auch Lebens­raum für ganz vie­le Arten. Ein Drit­tel aller Arten, die in Deutsch­land vor­kom­men, sind in irgend­ei­ner Art und Wei­se vom Tot­holz abhän­gig. Aber Tot­holz ist eben auch für das Wald­kli­ma und für den Wider­stand und die Reak­ti­on der Wäl­der auf den Kli­ma­wan­del wich­tig. Ein wei­te­rer wich­ti­ger Punkt sind dann selbst­ver­ständ­lich Baum­ar­ten, die natür­li­cher­wei­se hier vor­kom­men, und nicht sol­che, die künst­lich ein­ge­bracht wur­den, weil sie hohe Holz­erträ­ge erzie­len, wie zum Bei­spiel die Fich­te. Die Fich­te hat der­zeit schon sehr vie­le Pro­ble­me durch die Kli­ma­er­wär­mung und wird in den kom­men­den Jah­ren noch viel mehr Pro­ble­me dadurch bekommen.

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