
Würden wir 99 Schafe zurücklassen, um ein verloren gegangenes zu suchen? Auf keinen Fall! Das widerspräche unserer Logik. Jesu Logik aber ist eine andere. Er würde sich sofort auf die Suche nach dem verloren gegangene Schaf machen. Mehr dazu von Domkapitular Anton Spreitzer in seiner Predigt zum 24. Sonntag im Jahreskreis am 11. September 2022.
AUF KEINEN FALL! – das wäre wahrscheinlich unsere Antwort auf die Frage, die Jesus im Evangelium heute stellt: „Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet?“ AUF KEINEN FALL!
Vielleicht können wir noch, solange wir am Sonntag in der Kirchenbank sitzen, versuchen, Jesus recht zu geben. Aber im „wirklichen“ Leben?! Keiner würde 99 aufgeben für einen. Das wäre gegen alle unsere Logik! Nicht umsonst ist bei uns zum Sprichwort geworden: „Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach!“ Das besagt natürlich zum einen, dass man sich mit etwas Kleinem zufrieden geben und seine Wünsche und Ansprüche nicht zu hoch schrauben soll. Aber eigentlich sagt es noch etwas anderes, etwas, das Jesu Beispiel widerspricht. Es sagt: Natürlich wäre es besser, die Taube zu haben als den Spatz, aber da die Taube nun mal nicht zu haben ist, musst du dich mit dem Spatz zufrieden geben. Das heißt: Eigentlich gilt bei uns, je mehr, desto besser; je größer, desto besser. Darum unsere Antwort: AUF KEINEN FALL!
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Wieder einmal haben wir die Situation, die uns nicht sonderlich stark von den Menschen vor 2.000 Jahren unterscheidet: Wie Jesus denkt, prallt voll dagegen, wie wir denken. Was bei Jesus zählt, ist uns völlig unverständlich. Vielleicht ein dezenter Hinweis, dass der gesunde Menschenverstand nicht immer die beste Option ist!?
Wie so oft ist die eigentliche Frage des heutigen Evangeliums: Zählt die Logik Jesu für mein Leben oder weiß ich es selbst besser als er? Alle drei Gleichnisse, die Jesus im heutigen Evangelium erzählt — das vom verlorenen Schaf, von der verlorenen Drachme und vom verlorenen Sohn — laufen auf eine Grundbotschaft hinaus, die Jesus so ins Wort bringt: „Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf, meine Drachme, meinen Sohn wiedergefunden! Ich sage euch: Ebenso wird im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die keine Umkehr nötig haben.“
Darum also geht’s Gott. Uns auch?
Anton Spreitzer
Domkapitular