Es wird wärmer, keine Frage. Menschen leiden immer öfter unter Hitzetagen, an denen es heißer wird als 30 Grad Celsius und Tropennächten, die mit über 20 Grad Celsius keine Abkühlung bringen. Die Grundwasserpegel sinken, Landwirte haben ihre Not mit dem Wasser, weil entweder in kurzer Zeit viel zu viel vom Himmel fällt oder lange Zeit viel zu wenig. Aber irgendwo, so schien es beim Studientag „Landwirtschaft im Klimawandel“ an der Landvolkshochschule Niederalteich (LVHS), ist das brisante und bedrohliche Thema auf dem Weg in die Herzen und Köpfe stecken geblieben.
Irgendwo zwischen „so schlimm wird es schon nicht werden“, „schuld sind die anderen“, „was kann eine einzelne denn bewirken“ und „jetzt soll jemand endlich mal anfangen etwas zu tun, aber ich kann meine Gewohnheiten gerade nicht verändern“.
Alfred Hainthaler, der Vorsitzende des Arbeitskreises Landwirtschaft der Katholischen Landvolkbewegung in der Diözese Passau (KLB) hatte zu dem Studientag eingeladen und das Thema „Wege im Umgang mit der knappen Ressource Wasser“ in den Mittelpunkt gestellt. Ein Thema, das die Landwirte ganz konkret betrifft, aber schwer zu fassen ist. LVHS Bildungsreferent Stefan Köberl freute sich, in der Runde auch den stellvertretenden Landrat Eugen Gegenfurtner, Siegfried Jäger, den Bezirkspräsidenten vom bayerischen Bauernverband, den KLB Diözesanvorsitzenden Walter Dankesreiter und Fabian Werner, den Leiter der Landwirtschaftsschulen in Passau und Rottalmünster begrüßen zu können. Er bedauerte, dass nur wenig Landwirte und andere Interessenten gekommen waren, um mit den hochkarätigen Referenten das Thema theoretisch einzukreisen und praktische Lösungswege zu finden.
„Wir sind uns einig, wir haben den Klimaschutz verschlafen“, sagte Diplomgeoökologe Michael Außendorf, stellvertretender Leiter des Klimazentrums am Bayerischen Landesamt für Umwelt, Augsburg. Warming-Stripes, die mit Farbwerten die Durchschnittstemperatur der Jahre 1881 – 2022 anzeigen, zeigen eindrucksvoll: Es immer dunkelröter. Rottöne zeigen an, um wieviel wärmer ein Jahr war als der Durchschnitt der Jahre 1971 – 2000.
Außendorf versucht mit Hilfe von Rechenmodellen aus gemessenen Wetterdaten abzuleiten, was durch den Klimawandel auf uns zu kommt. Da betrachtet er ein Szenario mit Klimaschutzmaßnahmen, und eines ohne. Bezugszeitraum sind dreißig Jahre von 1971 – 2000. Denn erst ab 1971 gibt es Daten von allen Parametern. So entstehen Projektionen, die ablesen lassen, wie ernst es werden kann. Wenn wir so weiter machen wie bisher, könne es im Zeitraum 2071 — 2100 im niederbayerischen Donauraum sechs Wochen lang Hitzetage geben und drei Wochen mit Tropennächten in denen nicht schlafen können, weil es nachts einfach zu heiß ist.
Die Projektionen seien keine Prognosen, sondern Rechenmodelle, stellte Außendorf klar. Eine Grafik mit konkreten Messwerten, die er über die Projektionen mit Mittelwerten und Bandbreiten legte, zeigte, dass die Durchschnittstemperaturen bereits am oberen Rand der Annahmen für den schlimmsten Fall liegen. Auch die Projektion, dass es durchschnittlich im Winter mehr regnen werde, haben die Messwerte nicht bestätigt. Im Winter, wenn keine Pflanzen wachsen und Wasser verbrauchen und weniger Wasser verdunstet, sollte sich Grundwasser ansammeln. Aber es hat bis jetzt immer zu wenig geregnet, die Grundwasserpegel sinken. Ein Thema, dass in den vergangenen Jahren auf der Osterhofener Platte zwischen Donau, Isar und dem Forstharter Rücken leidenschaftlich diskutiert wurde.
Hilmar Maußner, Pflanzenbauberater am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Deggendorf – Straubing zeigte, dass da die Landwirte zu unrecht beschuldigt wurden, Schuld zu sein, dass 2015 einige Hausbrunnen trocken gefallen sind. In dem 9000 Hektar großen Gebiet bauen Landwirte auf 1200 Hektar bewässerungswürdige Kulturen, das sind Gurken, Zwiebeln und Kartoffeln, an. Nun sucht man nach einer Lösung, das Feldgemüse mit Isarwasser zu bewässern, doch das ist teuer.
Generell muss man versuchen, Regenwasser so gut wie möglich an Ort und Stelle versickern zu lassen. Das wollen auch die Landwirte, denn Wasser, dass oberflächlich schnell abfließt, richtet Schaden an und nutzt weder den Pflanzen noch dem Grundwasser. Der aktuelle Stand der Beratung sei, so Maußner, in Reihenkulturen mit Zwischenfrüchten und Gründüngung zu arbeiten, und dann die Pflanzen in die abgestorbenen Pflanzenreste zu säen. So sei der Boden immer bedeckt und die Pflanzenteile sorgen dafür, dass Regentropfen nicht in der Krume einschlagen, das Bodengefüge zerstören und oberflächlich abfließen, sondern langsam versickern.
Im zweiten Teil der Tagung erklärten Christian Fuchsgruber, konventionell wirtschaftender Landwirt aus dem Hügelland bei Eggenfelden und Josef Braun, Biobauer aus Freising ihre Art, Felder so bewirtschaften, dass sie viel Wasser schlucken können und Humus aufbauen. Dass der Humus im Klimaschutz eine große Rolle spielt, speichert er doch sehr viel Kohlenstoff und verbessert den Boden entscheidend, war unumstritten. Welches Potential der Humus hat, bewerteten die Fachleute unterschiedlich. Michael Außendorf erwähnte eine Studie des LfU, nach der es möglich seien soll, mit humusaufbauender Wirtschaftsweise so viel Kohlendioxid in Bayerns Böden zu speichern, wie Bayern in vier Jahren erzeugt. Fuchsgruber zeigte sich skeptisch, denn Humusaufbau sei eine Generationenaufgabe, das gehe nicht so schnell. Es gehe eher darum, zu verhindern, dass der Humus aus dem Boden verschwindet. Doch wenn man es richtig mache, sei vieles möglich. Fuchsgruber ist Bodenpraktiker und berät Berufskollegen. Er arbeitet konsequent mit Zwischenfrüchten und verzichtet auf den Pflug. Bevor er die Kulturpflanzen sät, schneidet er die Zwischenfrüchte kurz über dem Boden ab, und lässt sie trocknen, so braucht er kein Totalherbizid. Und der Boden bleibt bedeckt und schattig-kühl und die Regenwürmer haben genug Nahrung. Regenwurmkot ist ein wertvoller Dünger und die Röhren leiten Regenwasser schnell in die Tiefe.
Josef Braun hat 1986 seinen Betrieb nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl auf „Bio“ umgestellt und viel ausprobiert. Für ihn sind Dauerkulturen, die lange Wurzeln bilden, etwa artenreiches Kleegras oder kleinräumige Hecken und Baumreihen zwischen den Feldern der Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. „Wir müssen die Böden stabilisieren mit Hilfe von Wurzeln, Regenwürmern, Mykorrhizapilzen, mit Festmist und gut aufbereiteter Gülle“, sagte er. Lebendige, gesunde Böden seien die Grundlage für gesunde Pflanzen, gesunde Tiere und friedfertige Menschen.
Ganz so einfach sah das die abschließende Gesprächsrunde nicht. Sie wären schon froh, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen für mehr Boden- und Klimaschutz sorgen würden, und jede und jeder das, was sie oder er für Klimaschutz und ein gedeihliches Zusammenleben tun kann, auch täte.
Text: Hannelore Summer