Soziales

Süchtig nach ... Heilung

BAY am 03.06.2024

Sucht Alkohol Gerd Altmann Foto: Gerd Altmann / pixabay

Immer mehr Menschen sterben in Deutschland an den Folgen ihrer Sucht. Im Jahr 2023 hat das Bundeskriminalamt 2.227 drogenbedingte Todesfälle¹ registriert. Die Zahl stieg damit noch einmal um zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr (1.990 Fälle). Betroffen waren 1.844 Männer und 383 Frauen, bei einem Durchschnittsalter von 41 Jahren. Im Interview spricht die Leiterin der Psychosozialen Beratungsstelle der Caritas Passau, Martina Matheisl-Schmid wie alltäglich Suchtprobleme sind.

Frau Mat­heisl-Schmid, Sie sind Lei­te­rin der Psy­cho­so­zia­len Bera­tungs­stel­le der Cari­tas Pas­sau. Das klingt jetzt erst­mal sehr unspe­zi­fisch. Was genau ist die Auf­ga­be die­ser Fach­stel­le?
Hin­ter dem Namen psy­cho­so­zia­le Bera­tung und Behand­lung ver­steckt sich die Sucht­be­ra­tungs­stel­le. Wir sind als Bera­tungs­stel­le zustän­dig für Men­schen mit Alko­hol­pro­ble­men, mit Dro­gen­ab­hän­gig­keit, mit Spiel­sucht und Essstörungen.

Wie vie­le Ange­stell­te arbei­ten in der Psy­cho­so­zia­len Bera­tungs­stel­le, und wie vie­le Kli­en­ten kom­men jähr­lich zu Ihnen?
Bei uns an der Bera­tungs­stel­le arbei­ten sie­ben bera­te­risch the­ra­peu­tisch täti­ge Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter und wir betreu­en pro Jahr ca. 700 Kli­en­tin­nen und Klienten.

Süch­te gibt es ja hau­fen­wei­se. Wann spricht man denn über­haupt von einer Sucht?
Es gibt sehr kla­re Dia­gno­se­kri­te­ri­en für das The­ma Sucht, am ein­fachs­ten kann man es viel­leicht über das The­ma Alko­hol erklä­ren, da spricht man erst­mal vom Gebrauch, also das heißt der mög­lichst risi­ko­ar­me Kon­sum, die zwei­te Stu­fe wäre dann der Alko­hol­miss­brauch, das wird auch schäd­li­cher Gebrauch genannt und dann erst in der drit­ten Stu­fe spre­chen wir von Alkoholabhängigkeit.

Das ganze Interview können Sie hier anhören:

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Foto Matheisl Schmid Foto: Bayer / pbp
Die Leiterin der psychosozialen Beratungsstelle, Frau Matheisl-Schmid, hat sich trotz der sehr schwierigen Themen in ihrem beruflichen Umfeld ein positives Menschenbild bewahrt.

Kom­men wir zu Can­na­bis, das ist ja im Moment auch in aller Mun­de, es wur­de vor kur­zem für den pri­va­ten Gebrauch frei­ge­ge­ben. Ist das Ihrer Mei­nung nach eine sinn­vol­le Idee für ein Land, das mit jähr­lich rund 2.000 Dro­gen­to­ten trau­ri­ger EU-Spit­zen­rei­ter ist?
Über das The­ma Can­na­bis wur­de sehr, sehr viel gespro­chen. Ich bin in ers­ter Linie glück­lich dar­über, dass das Gan­ze in der Debat­te ist, weil das viel­leicht über­haupt mal die Debat­te über das The­ma Sucht­mit­tel eröff­net. Und wor­über ich tat­säch­lich auch froh bin, ist die Ent­kri­mi­na­li­sie­rung, weil die Kri­mi­na­li­sie­rung die­ses The­mas hat uns, den­ke ich — aber das ist jetzt mei­ne sehr per­sön­li­che Mei­nung -, nicht weitergebracht.

Wie ist der Kon­sum von Can­na­bis gene­rell ein­zu­ord­nen? Ein­stiegs­dro­ge oder ein­fach nur ein harm­lo­ses Kraut?
Ich wür­de sagen weder noch. Es gibt kei­ne stich­hal­ti­gen Daten dafür, dass es wirk­lich die Ein­stiegs­dro­ge Num­mer Eins ist, wenn es eine Ein­stiegs­dro­ge gibt wür­de ich eher den Tabak­kon­sum und Alko­hol­kon­sum als Ein­stiegs­dro­ge bezeich­nen. Ich bin mit dem Wort aber über­haupt nicht so ganz glück­lich, auf der ande­ren Sei­te ist Can­na­bis natür­lich eine Dro­ge und es ist nicht harm­los. Es gibt kei­ne harm­lo­sen Drogen.

Kom­men wir zu einer all­seits belieb­ten Dro­ge, die so aber gar nicht im Bewusst­sein ver­an­kert ist: dem Alko­hol. Wie sind denn hier die Fall­zah­len?
Alko­hol ist tat­säch­lich unse­re Dro­ge Num­mer eins. Das hat ein­fach den Hin­ter­grund, dass das bei uns sowas nor­ma­les ist, man kann sich kei­ne Fei­er vor­stel­len ohne Alko­hol, es wird oft auch nicht reflek­tiert, war­um trin­ke ich jetzt. Es wird eher drauf hin­ge­schaut, wenn jemand nicht trinkt. Also es ist eine Dro­ge, die tat­säch­lich in unse­rer Gesell­schaft sehr ver­an­kert ist und tat­säch­lich ist es aber so, dass es kei­nen total risi­ko­lo­sen Kon­sum gibt. Jeder von uns der Alko­hol kon­su­miert muss sich im Kla­ren sein, dass der Kon­sum gefähr­lich wer­den kann.

Wür­de ein gene­rel­les Wer­be­ver­bot oder eine bewuss­te Ver­teue­rung des Pro­dukts, wie es schon in ande­ren Län­dern teil­wei­se prak­ti­ziert wird, die Sucht­er­kran­kun­gen redu­zie­ren – Stich­wort: erfolg­rei­ches Tabak­wer­be­ver­bot?
Ja man weiß inzwi­schen aus ver­schie­de­nen Quel­len, dass ein Wer­be­ver­bot auf jeden Fall wirk­sam ist. Das kennt man aus Eng­land von den unge­sun­den Lebens­mit­teln, wo das jetzt mal über län­ge­re Zeit beob­ach­tet wur­de, dass es da wirk­lich einen Kon­sum­rück­gang gibt. Und ich wür­de mir das auch für Alko­hol erhof­fen und krie­ge auch immer wie­der die Rück­mel­dung von Kli­en­tin­nen und Kli­en­ten die sagen, wenn man den Fern­se­her anmacht, vor jeder Sport­sen­dung kommt die Bier­wer­bung. Und das ist für vie­le Men­schen dann auch wirk­lich ein Trig­ger. Ich wür­de mir wün­schen, dass es hier mal ein Wer­be­ver­bot gäbe.

-> Das gan­ze Inter­view kön­nen Sie sich im Pod­cast anhören.

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