In seinen Weihnachtspredigten im Passauer Dom St. Stephan hob Bischof Stefan Oster SDB den tiefen Sinn dieses Festes hervor: Mit dem wehrlosen Kind sei Gott selbst in eine verletzte und verwundete Welt gekommen, um den Menschen Heilung zu bringen.
Zwischen dem paradiesischen Anfang der Schöpfung und dem Kommen des Erlösers liege das, was Christen den Sündenfall nennen: „Oder nennen Sie es einfach: die innere und äußere Entfernung der Menschen von Gott.“ Der Mensch misstraue seither Gott und seiner Ordnung von Liebe und Wahrheit. Er sei geneigt, sich selbst zum Maßstab seines Denkens und Handelns machen. Alles solle sich um den Menschen und seine eigene Sinnstiftung drehen – unabhängig von der Gottes, so der Bischof. Anhand des Gleichnisses vom verlorenen Sohn zeigte Bischof Oster auf, wie mit solcher Selbstbezogenheit oftmals auch die Erfahrung von Scheitern, Sinnverlust und gähnender Leere einhergehe. Doch gerade am tiefsten Punkt seines Scheiterns, habe sich der verlorene Sohn an die großherzige, treue Zuwendung seines Vater erinnert. Und sei heimgekehrt zu ihm.
„Jesus ist auf diese Welt gekommen, damit wir erkennen, dass letztlich aller Sinn, alle Liebe, alles Leben von Gott geschenkt wird – und nicht von uns gemacht werden kann oder gekauft werden muss.”
Der Bischof betonte auch: “Ohne Reue, ohne Umkehr, ohne die Anerkennung, dass Gott wirklich Gott ist und nicht ich selbst – ohne die gibt es keinen Zugang zu dem, was Jesus das Reich Gottes nennt“. Deshalb gebe es Weihnachten: Jesus sei auf diese Welt gekommen, „damit wir erkennen, dass letztlich aller Sinn, alle Liebe, alles Leben von Gott geschenkt wird – und nicht von uns gemacht werden kann oder gekauft werden muss.“ Sinn könne gefunden werden, entdeckt werden, er könne angenommen und gepflegt werden, er könne durch unsere Mitwirkung wachsen – aber er könne nie einfach selbst gemacht werden.
„Der angemessene Umgang mit der verwundeten Schöpfung setzt Menschen voraus, die selber wissen, wo sie heiler werden – nämlich bei dem, der der Heiland genannt wird.”
Tief in unserem Herzen wüssten wir das, so der Bischof: „Dass man Liebe oder echte Freundschaft oder Vertrauen nicht einfach kaufen oder machen kann. Wir wissen, dass es bei dem, was im Leben am allerwichtigsten ist, im Grunde alles Geschenk ist, alles Gabe ist, die wir nur dankbar annehmen und pflegen können.“ Hier sei die Quelle innerer Heilung, so Oster, und er fügte hinzu: Nicht nur für den einzelnen Menschen, sondern auch für die Wunden der Gesellschaft und unserer verwundeten Natur. Der angemessene Umgang mit der verwundeten Schöpfung setze Menschen voraus, die selber wissen, wo sie heiler werden – nämlich bei dem, der der Heiland genannt wird.
Text: Anna Hofmeister