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Die Kultur des achtsamen Miteinanders

Wir leben und arbeiten mit Menschen zusammen und begegnen vielen Bekannten und Unbekannten täglich. Uns allen sind eine wertschätzende Kommunikation und verantwortungsvolles Handeln ein Anliegen, denn sie ermöglichen ein gutes Auskommen und gelingende Gemeinschaft.

Warum ist in der Präventionsarbeit eine „Kultur des achtsamen Miteinanders“ so wichtig?

Ein acht­sa­mes Mit­ein­an­der ist die Grund­la­ge die­ser Arbeit. Aber auch außer­halb des Kon­tex­tes von Prä­ven­ti­on soll die­se Acht­sam­keit unser Leben mehr und mehr bestimmen.

Achtsamkeit beginnt im Umgang mit sich selbst

Acht­sam­keit beginnt damit, auf­merk­sa­mer mit sich selbst umzugehen: 

  • Ich neh­me mei­ne eige­nen Gefüh­le wahr. 
  • Ich erken­ne eige­ne Ideen. — Ich las­se auch Kri­tik an mir und mei­nem Han­deln zu. 
  • Ich bemü­he mich Trans­pa­renz im eige­nen Han­deln umsetzen. 
  • Ich wecke Kräf­te, die mir hel­fen zu einer inne­ren Aus­ge­gli­chen­heit zu gelangen.

Ziel für den Ein­zel­nen ist es, sich selbst im bewuss­ten und
reflek­tier­ten Wahr­neh­men ein­zu­üben. Ein­drü­cke, die wir über die Sin­ne
erhal­ten, bewusst wahr­neh­men und in das Den­ken ein­flie­ßen lassen.

Wenn wir acht­sam sind, leben wir ganz in der Gegen­wart, ganz im Hier und Jetzt, in jeder Hand­lung und Bezie­hung voll­kom­men zen­triert bei uns selbst und bei den anderen”

Zink 2007 (S. 54)

Achtsamkeit richtet auch den Blick auf die Mitmenschen

Als Christ:innen glau­ben wir, dass jeder Mensch als Abbild Got­tes geschaf­fen ist. Wenn wir uns selbst und unse­ren Mit­men­schen begeg­nen, dann begeg­nen wir Gott.

  • Ich begeg­ne Ande­ren mit Wür­de und Respekt.
  • Ich gehe ohne Denk­mus­ter und Schub­la­den auf Ande­re zu, ich be- oder ver­ur­tei­le sie nicht.
  • Mei­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on in Wor­ten und Ges­ten ist wertschätzend.
  • Ich ach­te die Rech­te mei­ner Mit­men­schen, ihre Unter­schied­lich­keit (Alter, Geschlecht und Her­kunft, …) und ihre indi­vi­du­el­len Bedürfnisse.
  • Ich gehe fein­füh­lig und reflek­tiert mit Nähe und Distanz um.
  • Ich gehe sen­si­bel und acht­sam mit der eige­nen Macht um.
  • Ich bin offen für Feed­back und Kri­tik und betrach­te das als Mög­lich­keit, das eige­ne Han­deln zu hin­ter­fra­gen und zu verbessern.
  • Ich pfle­ge eine Hal­tung des Hin­schau­ens“, der kon­struk­ti­ven Ein­mi­schung und Auseinandersetzung.

Die Kul­tur des acht­sa­men Mit­ein­an­ders besteht aus gemein­sa­men Wer­ten, Prin­zi­pi­en und Regeln und ist getra­gen von Fach­wis­sen und einer Feed­back­kul­tur. Sie umfasst den Auf­bau und die Wei­ter­ent­wick­lung fol­gen­der Prinzipien:

Betei­li­gung
Durch die Betei­li­gung (= Par­ti­zi­pa­ti­on) von Kin­dern und Jugend­li­chen unter­strei­chen die Pfarreien/​Einrichtungen die Ach­tung der Kin­der­rech­te (sie­he UN Kin­der­rechts­kon­ven­ti­on[1]). Durch Mit­be­stim­mung erle­ben ins­be­son­de­re jun­ge Men­schen, dass sie selbst­wirk­sam sind und dadurch Ver­ant­wor­tung für sich und ande­re über­neh­men können.

Trans­pa­renz
Dazu gehört eine offe­ne und nach außen klar kom­mu­ni­zier­te und kon­trol­lier­ba­re Prä­ven­ti­on, Inter­ven­ti­on und Auf­ar­bei­tung von sexua­li­sier­ter Gewalt eben­so wie eine ein­deu­ti­ge Posi­tio­nie­rung für Betrof­fe­ne. Ver­net­zung mit ande­ren Insti­tu­tio­nen ist hilf­reich und macht das eige­ne Han­deln nach­voll­zieh­ba­rer.

Feh­ler­kul­tur

Bei Fehl­ver­hal­ten geht es statt der Schuld­fra­ge um die Lösungs­su­che, im Sin­ne von Feh­ler sind unver­meid­bar, aber was ler­nen wir für die Zukunft dar­aus“. Hier­bei ist offe­ne und direk­te Kom­mu­ni­ka­ti­on von Bedeu­tung, um nach­hal­ti­ge Lösun­gen zu fin­den. Regel­mä­ßi­ges Feed­back und kon­struk­ti­ve Kri­tik sind eine gute Mög­lich­keit, die eige­ne Arbeit zu hin­ter­fra­gen und zu ver­bes­sern. Das schließt auch ein, dass schwer­wie­gen­des Fehl­ver­hal­ten vom Dienst­vor­ge­setz­ten ent­spre­chend sank­tio­niert wer­den muss.

Grenz­ach­ten­der Umgang

Ins­be­son­de­re bei Kin­dern und Jugend­li­chen gilt es auf­merk­sam zu sein und ihnen die Mög­lich­keit zu geben, Nähe und Distanz sel­ber zu bestim­men, und zwar immer so, dass mög­lichst alles ver­mie­den wird, was Anlass zu Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen oder übler Nach­re­de geben könn­te.[…] Das Wis­sen um die Mög­lich­keit des Miss­brauchs kör­per­li­cher Nähe darf ande­rer­seits nicht dazu füh­ren, dass ein not­wen­di­ger kör­per­li­cher Kon­takt […] ver­mie­den oder miss­trau­isch beob­ach­tet wird.[…] Nähe ist wich­tig und der Umgang soll acht­sam, respekt­voll und trans­pa­rent erfol­gen.“[2] Dar­um ist es uner­läss­lich, dass Seel­sor­ger und Seel­sor­ge­rin­nen immer wie­der ihre eige­nen seel­sorg­li­chen Bezie­hun­gen auf das ange­mes­se­ne Maß von Nähe und Distanz hin über­prü­fen. Zu viel Nähe schränkt die eigen­stän­di­ge Refle­xi­ons- und Hand­lungs­fä­hig­keit bei allen Betei­lig­ten ein und kann schnell zu Grenz­über­schrei­tun­gen und Über­grif­fig­kei­ten füh­ren.“[3]

Kon­struk­ti­ver Macht­ge­brauch

Kon­struk­ti­ver Macht­ge­brauch heißt Macht so ein­zu­set­zen, dass sie ein­zig und allein hand­lungs­be­zo­gen der Sache dien­lich sein muss. Des­halb bedarf Macht einer beson­de­ren Ver­ant­wor­tung und Acht­sam­keit und muss stets in ihrer Anwen­dung bewusst und beschei­den erfol­gen. Nur so las­sen sich sexu­el­le, emo­tio­na­le, spi­ri­tu­el­le und ande­re For­men von Macht­miss­brauch vor­beu­gen.

[1] https://​www​.unicef​.de/​i​n​f​o​r​m​i​e​r​e​n​/​u​e​b​e​r​-​u​n​s​/​f​u​e​r​-​k​i​n​d​e​r​r​e​c​h​t​e​/​u​n​-​k​i​n​d​e​r​r​e​c​h​t​s​k​o​n​v​e​ntion
[2] ÖBK. Rah­men­ord­nung für die katho­li­sche Kir­che in Öster­reich, S. 11
[3] DBK. In der Seel­sor­ge schlägt das Herz der Kir­che, S. 47

In der Nach­fol­ge Jesu soll Macht als Dienst aus­ge­übt wer­den: nicht als Unter­drü­ckung der Schwa­chen, son­dern im Sin­ne einer soli­da­ri­schen Stär­kung der Ohn­mäch­ti­gen (Mk 10,41 – 45; Mt 20,24 – 28; Lk 22,24 – 27). Mit die­ser bibli­schen Ori­en­tie­rung wird nicht in Fra­ge gestellt, dass zu Lei­tung und Orga­ni­sa­ti­on immer Macht nötig ist. Aber Macht­ver­hält­nis­se wer­den mit einem qua­li­ta­ti­ven Vor­be­halt ver­se­hen: Auto­ri­tä­re Herr­schaft muss wirk­sam unter­bun­den wer­den; Macht muss gera­de in der Kir­che im Dienst an den Macht­lo­sen wirk­sam wer­den. So gewinnt sie Auto­ri­tät und Legitimität.”

Der Synodale Weg – Synodalforum I. Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag

Zusam­men­fas­send sei noch ange­merkt: Eine sol­che Kul­tur der Acht­sam­keit zu ent­wi­ckeln ist auch ein Pro­zess, der in die Tie­fe führt. Er beginnt bei uns selbst und bringt uns mit unse­rem inne­ren Gespür in Kon­takt. Als spi­ri­tu­el­ler Weg, der uns in Gott ver­wur­zelt, eröff­net er die Chan­ce, frei­mü­tig von innen her­aus zu han­deln zum Wohl der Anver­trau­ten. Um die­sen Weg gehen zu kön­nen, braucht es Men­schen, die mit ande­ren Men­schen eine Gemein­schaft bil­den, sich gegen­sei­tig über die eige­nen Wur­zeln aus­tau­schen und gemein­sam ihre Kul­tur der Acht­sam­keit wei­ter­ent­wi­ckeln. In die­sem Pro­zess wer­den Grund­fra­gen des Glau­bens berührt. Daher sind Prä­ven­ti­on ins­ge­samt und beson­ders die Prä­ven­ti­ons­schu­lun­gen stets vom pas­to­ra­len Kon­zept und ins­be­son­de­re vom Bereich der Kate­che­se her zu den­ken. Sich mit Prä­ven­ti­on zu beschäf­ti­gen leis­tet dann einen Bei­trag zur Gemein­de­ent­wick­lung in der Pfar­rei.“[1]

[1] Bis­tum Trier. Umset­zung eines Schutz­kon­zep­tes in Pfar­rei­en im Bis­tum Trier. S. 12

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