Schreiben in der Diktatur – Das Bistumsblatt 1936-1941
Am 1. Juli 1936 erschien die erste Nummer des “Passauer Bistumsblattes”. In vielen Diözesen Deutschlands gab es bereits vergleichbare kirchliche Wochenzeitschriften. Nachdem die Nationalsozialisten nach 1933 die Kirchen immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückgedrängt hatten, stellten diese Zeitschriften, geschützt durch das Reichskonkordat, eine der wenigen verbliebenen Möglichkeiten dar, über die Kanzel hinaus das Kirchenvolk mit eigenen Botschaften zu erreichen. Mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren zu Beginn und einer Steigerung bis zu 28.000 Stück im Jahr 1937 schufen sich Bischof Simon Konrad Landersdorfer und das Ordinariat in Passau eine vergleichsweise breite Basis, um trotz schwieriger politischer Bedingungen mit dem Kirchenvolk in Kontakt zu treten.
Der Sprachduktus des Bistumsblattes stellt den heutigen Leser vor große Herausforderung; dies gilt allerdings für alle Druckwerke der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In den vergangenen etwa 50 Jahren haben sich Sprache, Begrifflichkeiten und Bedeutungen verändert; viele Ausdrucke, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch ganz selbstverständlich und unhinterfragt gebraucht wurden, wirken heute veraltet oder sind negativ konnotiert. Das Bistumsblatt gebrauchte aber den gängigen Sprachduktus der 1930er und 1940er Jahre.
Das “Passauer Bistumsblatt” ist ein Zeugnis seiner Zeit. Es dokumentiert den Versuch der Kirche, unter den Bedingungen von Dikatatur christliches Leben zu wahren und christliche Kernbotschaften einem unmenschlichen System entgegenzustellen. Aber die Redakteure waren selbstverständlich auch Kinder ihrer Zeit: der Wunsch nach “nationaler Größe”, das Trauma und die fehlende Verarbeitung des Ersten Weltkriegs und vor allem auch die fehlende kritische Auseinandersetzung mit dem Krieg 1914 – 1918, die nationale Euphorie seit den schnellen Erfolgen und Siegen der Wehrmacht in der Anfangszeit des Zweiten Weltkriegs etc. prägen den Tonfall auch des Bistumsblattes. Bemerkenswert ist, dass das Bistumsblatt die Unbedingtheit des Alten Testaments für das Christentum dezidiert und mit scharfen Worten einfordert, und damit indirekt auch gegen die Diffamierung und steigende Ausgrenzung jüdischer Menschen Stellung bezieht. Eine Verteidigung jüdischen Lebens in Deutschland sucht man freilich vergebens.
Damit bekennt sich die Kirche von Passau zu ihrer hohen Verantwortung gegenüber der Geschichte. Sie will damit am Beispiel des Bistumsblattes zeigen, vor welchen Herausforderungen die Kirche von Passau in der Zeit des Nationalsozialismus gestanden hat, an welchen Punkten sie ihrem Auftrag zu wenig gerecht geworden ist, aber auch, wo sie mutig alles versuchte, um in widrigen Umständen die christliche Botschaft und daraus sich ergebende Lebensmaximen wach zu erhalten.