„Unsere Hilfe für Bedürftige, besonders für Wohnungs- und Obdachlose hat sich seit Auftreten des Corona-Virus massiv verändert“, sagte Angelika Leitl-Weber, Leiterin der Passauer Bahnhofsmission. Die Ausgabe aller Waren erfolge nur noch über das Fenster, berichtete sie dem Passauer Bischof Stefan Oster und dem Caritas-Vorstand Konrad Niederländer, die am Donnerstagnachmittag vorbeigekommen waren, um sich mit ihr und ihrem Team über Unterstützungsmöglichkeiten zu beraten.
Bis zu 25 Menschen kommen täglich auf Gleis 1 des Passauer Bahnhofs, um sich mit warmen Getränken und Essen zu versorgen, erzählten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahnhofsmission: „Und es werden mehr“, sagten sie. Vor Corona-Zeiten hätten sie sich mit ihnen in einem Zimmer zusammen an den Tisch gesetzt, miteinander gesprochen und Zeit verbracht, was nun infolge der Corona-Maßnahmen nicht mehr möglich sei. „Wir sehen, dass die Menschen, die zu uns kommen, zusehends verunsichert sind. Vermehrt kommen auch Obdachlose aus anderen Städten“, sagte Angelika Leitl-Weber. „Die tiefen Temperaturen in der Nacht sind ein großes Thema. Manche können morgens die Kaffeetasse kaum halten, offensichtlich müssen viele derzeit draußen schlafen.“ Auch die Hygienesituation sei katastrophal, so Leitl-Weber. Die Obdachlosen hätten nach der Schließung von Herbergen und Waschsalons kaum Waschmöglichkeiten für Körper oder Kleidung. Deshalb geben die Mitarbeiter an die Bedürftigen aus dem alten Bestand einer eigenen Kleiderkammer zusätzlich Isomatten, warme Kleidung, Handschuhe und Mützen aus.
Mittlerweile erhält die Bahnhofsmission auch Lebensmittelspenden von engagierten Bürgern, die sie in die Bahnhofsmission bringen. Von der Stadt Passau habe man Desinfektionsmittel, Handschuhe und Mundschutz erhalten. „Das verteilen wir an die Obdachlosen“, sagte Leitl-Weber. Ihr Dank für die unkomplizierte Hilfe in der derzeitigen Lage gehe auch an Mike Felber von der momentan geschlossenen Herberge des Kreis-Caritasverbandes. Täglich liefert er vormittags viele Lunchpakete mit zwei belegten Broten, etwas Süßem, Obst und Mineralwasser.
Sorge bereite ihrem Team der Gesundheitszustand vieler ihrer Gäste. „Was können wir tun, wenn beispielsweise einer der Obdachlosen Symptome für das Virus Covid-19 zeigt?“, fragte ein Mitarbeiter und ergänzte: „Wir beten, dass das nicht passiert.“ Konrad Niederländer sprach dem Team die volle Rückendeckung der Caritas, die in Passau die Bahnhofsmission betreibt, zu. Derzeit würden kirchliche Beratungs- und Hilfsangebote unter teils großem persönlichen Einsatz angepasst oder ausgebaut. Die Bahnhofsmission sei nun, nachdem die Tafel und andere Armenspeisungen ihre Dienste aufgrund der Maßnahmen gegen Corona unter deutlich erschwerten Bedingungen anböten, eine der ersten Anlaufstellen für Bedürftige. Die Beratungsangebote des Konradinums, zum Beispiel für Drogenabhängige, blieben – zumindest telefonisch – bestehen.
Bischof Stefan Oster zeigte sich beeindruckt von dem Engagement des Teams und dankte den Mitarbeitenden herzlich für ihren Dienst. „Was für wunderbare Menschen, die sich für Menschen am Rand mit so viel Herzblut engagieren, hauptamtlich, wie ehrenamtlich! Hier wäre Home-Office jedenfalls gar keine Lösung!“
„Bei allem was wir tun, achten wir besonders auf Eigenschutz“, betonte Leitl-Weber. „Es wäre eine Katastrophe für die Wohnungslosen, wenn wir zusperren müssten.“ Der Einsatz für die Armen auch in der Corona-Krise sei für die Mitarbeitenden eine Selbstverständlichkeit. Dennoch sei die psychische Belastung gerade jetzt sehr hoch. Deshalb arbeiten die Helferinnen und Helfer möglichst zu zweit, insgesamt sind sieben haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende im Einsatz. Eine davon hält nun mit dem jungen Mann einen Schwatz – hinter Atemschutzmaske und mit ausreichend Sicherheitsabstand durch das Fenster.
Öffnungszeiten:
Werktags von 07.00 bis 17.00 Uhr
Samstags von 07.00 bis 14.00 Uhr
Sonn- und Feiertage von 11.00 bis 13.00 Uhr
Text: Anna Hofmeister