Auf Wüsten-Exerzitien-Tage folgen Tage im Kibbuz. Die Mitglieder des Propädeutikums des Priesterseminars St. Stephan in Passau sind in der Bibelschule im Hl. Land unterwegs. Hier lassen sie uns teilhaben, an ihren Erfahrungen im Heiligen Land. Regens Martin Dengler und Dr. Bernhard Klinger begleiten die erste Hälfte, den alttestamentlichen Teil, der Bibelschule.
Bibelschule des Propädeutikums – Bericht Teil 2 aus dem Hl. Land — Einblicke von Dr. Bernhard Klinger
Dienstag, 30. April 2019 bis Donnerstag, 02. Mai 2019
Nach den Wüsten-Exerzitien-Tagen verbringen wir Dienstag und Donnerstag rein im Kibbuz. Am Dienstag ist die Lektüre unterbrochen durch eine Kibbuz-Führung, die uns von Lory, einer jüdischen US-Amerikanerin, die vor gut 40 Jahren nach Israel ausgewandert ist und die in der Gäste-Betreuung des Kibbuz mitgearbeitet hat, seit einigen Jahren angeboten wird. Man spürt, wie sehr ihr Herz hier im Kibbuz Yahel Wurzeln geschlagen hat und wie viel es ihr bedeutet, hier mitten in der Wüste zu leben und auch den eigenen Glauben zu leben. Mit dem ihr eigenen Engagement zeigt und erklärt sie uns die Synagoge und geht auf die Fragen der Propädeutiker ein.
Während am Mittwoch, 1. Mai, zuhause Feiertag ist, ist in Israel ein ganz normaler Werktag. Allerdings denken wir in der Ferne auch gern an unsere bayerische Heimat und feiern das Hochfest „Maria Schutzfrau Bayerns“, bevor wir uns auf Weg machen in den Timna-Nationalpark.
Dieser Nationalpark ist in biblischer Hinsicht zunächst nicht unmittelbar von Bedeutung, aber dennoch ist es ein Ort, der deutlich macht, wie sehr das Land der Bibel mit seinen Nachbarländern, vor allem Ägypten, verflochten war. Denn in Timna wurde zu vorbiblischer Zeit schon Kupfer abgebaut. Heute noch finden sich die händisch in den Stein geschlagenen Gänge, durch die man nur auf den Knien kriechen oder allenfalls tief gebückt gehen kann. Dabei darf man sich auch vor Augen halten: Solche unterirdischen Gänge sind unter tatsächlich schwierigen und sehr gefährlichen Umständen Realität für Kinder, die in manchen Ländern unserer Welt zum Arbeiten untertags genötigt werden.
Innerhalb des Parks befindet sich auch eine Nachbildung des „Begegnungszeltes“ oder „Heiligtumszeltes“, das Mose nach Exodus 25 errichten lassen soll, damit JHWH bei seinem Volk Wohnung nehmen kann. Man muss diesen Versuch, dieses Zeltheiligtum entsprechend den biblischen Angaben nachzubilden, nicht unbedingt teilen; aber er verhilft dennoch, wenigstens einigermaßen eine Idee davon zu bekommen, wie man sich dann auch das Innere des Tempels in Jerusalem vorstellen darf.
Wofür der Besuch im Timna-Nationalpark in jedem Fall auch bedeutsam ist: das Zusammenwachsen der Gruppe und das Gespür für die eigenen Fähigkeiten und Grenzen. Denn was nach einer Wanderung in wüstem Gelände bzw. bloßer Kletterei ausschauen mag, entpuppt sich beim Miterleben als Herausforderung an die eigene Persönlichkeit. Denn es ging auch mal steil bergauf und bergab über Klettereisen. Oder es gab auch die Möglichkeit, durch die unterirdischen Stollen, die etwa einen knappen Meter unter dem Erdboden sind, zu kriechen. Sich dabei gegenseitig zu ermutigen und zu unterstützen bzw. die Grenzen des Anderen zu achten war dabei das Gebot der Stunde.
Der 02. Mai ist in Israel der Holocaust-Gedenktag, der „Jom HaShoah“. Dieser Feiertag beginnt, wie jeder andere Feiertag auch, bereits am Vorabend. Daher fand am 01. Mai abends in der Synagoge des Kibbuz eine Gedenkfeier statt, zu der wir eingeladen waren. Es war für uns eine Selbstverständlichkeit, diese Einladung anzunehmen. An diesem Abend wurde beispielhaft für das Schicksal aller Juden, die Opfer der Nazi-Diktatur geworden waren, vor allem an das Schicksal der Juden in den nordafrikanischen Ländern erinnert. Auch wenn wir sprachlich so gut wie nichts verstanden habe, so doch emotional. Unsere Geschichte vor Augen ist es berührend, als Deutscher an einer Gedenkfeier zum „Jom HaShoah“ teilnehmen zu dürfen.
Text und Fotos: Dr. Bernhard Klinger