Bistum

Europa am Scheideweg

Redaktion am 09.03.2024

432 A4604 1 Foto: Stefanie Hintermayr/pbp

„Gerufen und gefordert. Kirche in Europa und der Welt“ – unter diesem Leitwort diskutierte der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Passau mit hochkarätigen Gästen in der Landvolkshochschule Niederalteich. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber und der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, gaben am ersten Tag der Vollversammlung wertvolle Impulse.

Einen grenz­über­schrei­ten­den euro­päi­schen Katho­li­ken­tag in Pas­sau brach­te Man­fred Weber, der Vor­sit­zen­de der EVP-Frak­ti­on im Euro­päi­schen Par­la­ment, bei der Voll­ver­samm­lung des Diö­ze­san­rats in Nie­der­al­t­eich ins Gespräch. Wir brau­chen den Dia­log und ein euro­päi­sches Bekennt­nis der Kir­chen“, beton­te der CSU-Poli­ti­ker. Ein euro­päi­scher Katho­li­ken­tag wäre vor die­sem Hin­ter­grund ein star­kes Zei­chen“, so Weber. Und wel­cher Ort wäre dafür bes­ser geeig­net als Pas­sau“, sag­te der Nie­der­bay­er und signa­li­sier­te sei­ne per­sön­li­che Unter­stüt­zung. Er woll­te nicht aus­schlie­ßen, dass es dafür mög­li­cher­wei­se auch eine För­de­rung mit EU-Gel­dern geben könnte. 

Geru­fen und gefor­dert. Kir­che in Euro­pa und der Welt“ – so lau­te­te das Ober­the­ma der Früh­jahrs­voll­ver­samm­lung in der Land­volks­hoch­schu­le Nie­der­al­t­eich. Der Vor­stand des Gre­mi­ums um Vor­sit­zen­den Mar­kus Biber muss­te gleich zu Beginn impro­vi­sie­ren: Auf­grund des Bahn­streiks konn­te Mat­thi­as Kopp, Theo­lo­ge, Archäo­lo­ge, Publi­zist und Spre­cher der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz (DBK), nicht aus dem Rhein­land anrei­sen. Er war des­halb via Zoom zuge­schal­tet. Krank­heits­be­dingt abge­sagt hat­te zudem Bischof Ste­fan Oster. 

Doch die ver­blie­be­nen Gesprächs­teil­neh­mer leg­ten sich mäch­tig ins Zeug, um dem Auf­ruf des bischöf­li­chen Beauf­trag­ten des Diö­ze­san­rats, Dom­de­kan Hans Bau­ern­feind, zu fol­gen: Wir wol­len mit­ein­an­der Kir­che gestal­ten und Euro­pa und die Welt mitgestalten.“

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DBK-Pres­se­spre­cher Mat­thi­as Kopp hat­te zunächst frei­lich wenig Erquick­li­ches zu berich­ten. Er ging auf die Kichen­mit­glie­der­un­ter­su­chung ein und ließ kei­nen Zwei­fel, dass ihn die Ergeb­nis­se erschüt­tert haben. Dass 28 Pro­zent der Katho­li­ken mehr Ver­trau­en in die evan­ge­li­sche Kir­che als in die eige­ne Kir­che haben, bele­ge einen enor­men Ver­trau­ens­ver­lust. Dass nur eine Min­der­heit an einen per­so­na­len Gott glau­be, sei ein Beleg, dass wir die Got­tes­fra­ge neu stel­len müssen“. 

Als Rhein­län­der dem Opti­mis­mus ver­pflich­tet, zeig­te Kopp frei­lich auch viel Gutes auf: Katho­li­sche Schu­len, Ein­rich­tun­gen, Hilfs­wer­ke, Ver­bän­de, enga­gier­te Katho­li­ken hät­ten der Gesell­schaft etwas anzu­bie­ten. Kir­che sei da wahr­nehm­bar, wo sie in der Gesell­schaft Posi­ti­on bezieht, so Kopp. Er erwähn­te bei­spiels­wei­se die Unter­stüt­zung in der Flücht­lings­hil­fe. Seit 2015 hät­ten die deut­schen Katho­li­ken über eine Mil­li­ar­de Euro dafür bereit­ge­stellt. Aber auch in den hoch­kom­ple­xen Fra­gen der Bio­ethik und des Lebens­schut­zes hät­ten Kir­chen­ver­tre­ter eine gro­ße Exper­ti­se. Kopp lenk­te die Auf­merk­sam­keit auch auf den Hei­li­gen Stuhl, des­sen Funk­ti­on als Kri­sen­ma­na­ger in der Welt zu wenig wahr­ge­nom­men werde. 

Zum Abschluss sei­nes State­ments kam der DBK-Spre­cher auf die Erklä­rung der Bischofs­kon­fe­renz vom 22. Febru­ar zu spre­chen, dass Natio­na­lis­mus und Kir­che unver­ein­bar sei­en: Das war eine ein­stim­mi­ge kla­re Bot­schaft!“ Nun müs­se sich die­ses Doku­ment frei­lich in der kirch­li­chen Pra­xis bewäh­ren, etwa im Umgang mit AfD-Mitgliedern. 

Man­fred Weber, der rang­höchs­te Ver­tre­ter des Euro­pa­par­la­ments aus unse­rer Regi­on, ging zunächst dar­auf ein, dass die Welt von so vie­len Kri­sen wie sel­ten zuvor durch­ge­rüt­telt wer­de. Er nann­te die Krie­ge in der Ukrai­ne und in Isra­el, den Kli­ma­schutz, die demo­gra­fi­sche Ent­wick­lung und die Digi­ta­li­sie­rung. Es ver­än­dert sich so viel gleich­zei­tig, damit sind vie­le Men­schen über­for­dert“, so Weber. 

Als Über­the­ma bezeich­ne­te der EVP-Vor­sit­zen­de den Krieg in der Ukrai­ne. Er schil­der­te, wie er vor fünf Wochen das letz­te Mal in Kiew ange­kom­men war, als gera­de ein Luft­alarm vor anflie­gen­den Bom­ben warn­te. Es sei ihm im Gespräch mit ehren­amt­li­chen Hel­fern an die Nie­ren gegan­gen, wie die­se schil­der­ten, dass sie ihre Kin­der mor­gens nur noch mit einem Arm­band mit der Han­dy­num­mer der Eltern aus dem Haus gehen las­sen. Für den Fall der Fäl­le, man weiß ja nie.“ Und den­noch sei die über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit der Bevöl­ke­rung nach wie vor der Ansicht, Frei­heit und Demo­kra­tie gegen Putins Dik­ta­tur ver­tei­di­gen zu kön­nen. Ich habe die tie­fe Sor­ge, dass Putin in der Ukrai­ne nicht auf­hö­ren wird. Er hasst die Art, wie wir leben“, sag­te Weber. In einer Situa­ti­on, die sehr ernst sei, müs­se Euro­pa mili­tä­risch stär­ker wer­den, um die eige­nen Wer­te ver­tei­di­gen zu kön­nen, warn­te der Uni­ons­po­li­ti­ker, auch mit Blick auf die US-Wahl, bei der ein unbe­re­chen­ba­rer Donald Trump als Sie­ger her­vor­ge­hen könn­te. Die EU habe beim Ukrai­ne-Krieg aber auch gezeigt, dass sie funk­tio­niert: Erst­mals in der Geschich­te hät­ten alle 27 Staa­ten für die Kriegs­flücht­lin­ge aus dem über­fal­le­nen Land die Türen geöff­net. Auch die beschlos­se­nen 13 Sank­ti­ons­pa­ke­te gegen Russ­land sei­en ein Beleg, dass Euro­pa bei gro­ßen Kri­sen zusammenhält.

Wei­te­res zen­tra­les The­ma für Weber war die Migra­ti­on. Wir wer­den die­ses Pro­blem nicht lösen, solan­ge Afri­ka so arm ist und wir so reich sind“, warn­te er vor all­zu ein­fach erschei­nen­den Lösungs­an­sät­zen. Wich­tig für ihn sei es, die Balan­ce zwi­schen Huma­ni­tät und Ord­nung hin­zu­be­kom­men, um die not­wen­di­ge Akzep­tanz in der Gesell­schaft zu fin­den. Grund­pfei­ler sei­en das Asyl­recht und die Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on. Er nann­te die Ein­rich­tung huma­ni­tä­rer Kor­ri­do­re, die Außen­si­che­rung der Gren­zen, eine bes­se­re Zusam­men­ar­beit mit siche­ren Dritt­staa­ten“, die Zer­schla­gung des mafiö­sen Schlep­per­ban­den­mo­dells als Ansätze. 

Beim The­ma Kli­ma­schutz bezeich­ne­te es Weber als Erfolgs­ge­schich­te, dass sich alle 27 Staa­ten der EU ver­pflich­tet hät­ten, bis 2050 kli­ma­neu­tral zu wer­den. Wir gehen als wohl­ha­ben­der Kon­ti­nent da vor­an, das muss gelingen.“

Eine mas­si­ve Her­aus­for­de­rung für alle demo­kra­ti­schen Kräf­te nann­te Weber den Kampf gegen Fake News und Des­in­for­ma­ti­on in der digi­ta­len Welt. Vor allem rus­si­sche Pro­pa­gan­da rich­te hier welt­weit viel Unheil an. Wir schau­en da fas­sungs­los drauf“, so Weber. Er ließ kei­nen Zwei­fel, dass es hier gesetz­li­che Rah­men­be­din­gun­gen geben müsse. 

Die von Mat­thi­as Kopp gefor­der­te stär­ke­re Ein­fluss­nah­me der EU beim Kon­flikt im Nahen Osten konn­te der EU-Poli­ti­ker nicht zusi­chern. Das Haupt­pro­blem sei, dass der Außen­be­auf­trag­te Josep Bor­rell in Isra­el auf­grund pro­pa­läs­ti­nen­si­scher Posi­tio­nie­run­gen nicht will­kom­men sei. Euro­pa sei in die­ser Fra­ge gespal­ten. Weber ließ in dem Zusam­men­hang kei­nen Zwei­fel, dass es für die EU sehr wich­tig wäre, bei außen­po­li­ti­schen Fra­gen von der Ein­stim­mig­keit zu einer qua­li­fi­zier­ten Mehr­heit zu kom­men, um hand­lungs­fä­hi­ger zu werden. 

Auf den Vor­wurf aus dem Diö­ze­san­rat, er habe in der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit zuneh­mend ein kon­ser­va­ti­ve­res Pro­fil gezeigt, ent­geg­ne­te Weber, dass sich die The­men ver­än­dert hät­ten. Heu­te geht es dar­um, wie wir unse­re Arbeits­plät­ze in Nie­der­bay­ern hal­ten kön­nen oder wie wir mit unse­rem Mili­tär umge­hen. Die The­men sind kon­ser­va­ti­ver, här­ter, bür­ger­li­cher gewor­den. Die Poli­tik muss auf die Auf­ga­ben von heu­te Ant­wor­ten finden.“

Er been­de­te sein State­ment mit einem Plä­doy­er für Euro­pa: Es gehe bei der Wahl am 9. Juli um die Grund­satz­fra­ge, ob die Staa­ten­ge­mein­schaft wie­der den natio­na­lis­ti­schen Weg zurück ein­schla­ge. Es geht dar­um, zu sagen: Wir las­sen uns von euch Nazis unser Euro­pa nicht kaputt­ma­chen. Das Erbe, das uns 70 Jah­re Frie­den und Wohl­stand gebracht hat.“ 

Text: Wolf­gang Krin­nin­ger
Fotos: Ste­fa­nie Hintermayr

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