Bischof

„Ein wunderbares, weltkirchliches Ereignis“

Redaktion am 29.10.2023

Bischof Oster Rom Schmidt Foto: Susanne Schmidt / pbp

Von 4. bis 29. Oktober 2023 fand in Rom die dritte Etappe der Weltsynode statt, zu der Papst Franziskus Bischöfe, Frauen und Männer aus aller Welt eingeladen hatte. Unter dem Leitwort „Für eine synodale Kirche“ berieten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Themen Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung. Unter ihnen war der Passauer Bischof Stefan Oster SDB. Im Interview berichtet er über die Synode, seine Erfahrungen und was er davon mitnimmt.

Von Deutschland aus haben wir die Ereignisse in Rom gespannt beobachtet. Wie haben Sie die Synode wahrgenommen?

Ich habe die Syn­ode als ein wun­der­ba­res welt­kirch­li­ches Ereig­nis wahr­ge­nom­men. Wir sit­zen zusam­men mit Bischö­fen, Frau­en und Män­nern aus der gan­zen Welt — buch­stäb­lich: von Afri­ka, Asi­en, Ozea­ni­en — und jeder hat ganz unter­schied­li­che Vor­aus­set­zun­gen von Kir­che-Sein in sei­ner Kul­tur, in sei­nem Land. Und trotz­dem sind wir mit­ein­an­der die eine katho­li­sche Kir­che, die um den Papst ver­sam­melt ist — und dar­über nach­denkt, wie wir heu­te in einem erneu­er­ten Sinn Kir­che für alle sein können.

Wie ordnen Sie die neue Art des Austausches ein? Ist er zukunftsfähig?

Die neue Form ist auf jeden Fall zukunfts­fä­hig. Sie stellt auch die Ver­fas­sungs­fra­ge — das heißt: Was bedeu­tet über­haupt die Bischofs­syn­ode? Nach dem II. Vati­ka­ni­schen Kon­zil war klar: Die eigent­li­che Auto­ri­tät über die Kir­che hat der Papst zusam­men mit dem Bischofs­kol­le­gi­um. Und dann soll­te die Bischofs­syn­ode eine Art Ver­län­ge­rung des Kon­zils sein: Regel­mä­ßi­ge Kon­sul­ta­ti­on von Papst und Bischö­fen zu bestimm­ten The­men. Jetzt sind zum ers­ten Mal rich­tig vie­le Frau­en und Män­ner aus der Welt­kir­che dabei, die kei­ne Bischö­fe sind. Das ist eine wun­der­ba­re Bera­tung und eine gute Atmo­sphä­re. Aber es stellt sich die Fra­ge, was Bischofs­syn­ode“ nun für die Zukunft bedeu­tet. Da sind wir gespannt, wie es weitergeht. 

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Die Synode fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Wie bewerten Sie diese Entscheidung?

Ich habe den Syn­oden Weg in Frank­furt erlebt. Die­ser wur­de live gestreamt und daher war ein star­ker öffent­li­cher Druck auf alle Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer, auch in ganz heik­len Fra­gen und Posi­tio­nen. Und der Papst woll­te einen geschütz­ten Raum kre­ieren, sodass Men­schen auch zu schwie­ri­gen The­men in aller Frei­heit aus ihrem Gewis­sen und aus ihrer eige­nen per­sön­li­chen Hal­tung her­aus spre­chen kön­nen. Des­we­gen: Für die Öffent­lich­keit war es schwie­rig, da mit­zu­ge­hen. Aber für die, die dabei waren, war es eine sehr sehr ange­neh­me Erfah­rung, dass wir in die­ser Frei­heit und Offen­heit des Geis­tes mit­ein­an­der reden konnten. 

Synodaler Weg - Synode: Wo sehen Sie Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede?

Ein ent­schei­den­der Unter­schied für mich ist eben der geschütz­te Raum der Debat­te. Dazu kommt eine Sicht­wei­se des Paps­tes: Für ihn war es ganz klar ein geist­li­cher Weg. Wir haben die soge­nann­te Kon­ver­sa­ti­on im Hei­li­gen Geist“ geübt. Das bedeu­tet, es war erst ein­mal Stil­le, dann folg­te das Gebet und eine Schrift­stel­le sowie eine Fra­ge: Was kann ich zu die­ser Fra­ge bei­tra­gen. Dann wie­der Stil­le und Gebet. Dann vom Ich zum Wir“: Was haben wir von­ein­an­der gehört — noch nicht die Debat­te gehen. Dann wie­der Stil­le, Gebet und dann die Fra­ge: Wo gibt es Kon­ver­gen­zen, wo gibt es Diver­gen­zen, wo kom­men wir zusam­men? Es war eine sehr aus­drück­lich geist­li­che Rei­se, auf die uns der Papst mit­ge­nom­men hat. Den Syn­oda­len Weg habe ich sehr viel stär­ker als poli­tisch emp­fun­den und auch stär­ker unter der Ziel­set­zung einer Art poli­ti­schen Mehr­heits­fin­dung. Das ist aus mei­ner Sicht der gro­ße Unterschied. 

Was ist das Ziel der Synode? Über was wurde beraten?

Das The­ma der Syn­ode ist vor allem Syn­oda­li­tät“. Das hieß einer­seits, dass wir uns fra­gen, wie wir gemein­sam gehen kön­nen in aller Unter­schied­lich­keit der Kul­tu­ren, Cha­rak­te­re, des Kir­che-Seins in den ver­schie­de­nen Län­dern. Wie kön­nen wir Wege fin­den, die Pola­ri­sie­run­gen über­win­den sowie star­ke Emo­tio­na­li­sie­rung bei bestimm­ten The­men? Ander­seits waren die drei gro­ßen The­men Gemein­schaft, Sendung/​Mission und Partizipation/​Teilhabe zen­tral. Die­se drei The­men waren der rote Faden. Inso­fern haben wir dar­um gerun­gen, was Syn­oda­li­tät heißt für heu­te und mor­gen unter die­sen drei Gesichts­punk­ten: Wie leben wir in Gemein­schaft? Wie kön­nen wir aus­strah­len­de Sen­dung leben und das Evan­ge­li­um heu­te ver­kün­den? Und wie kön­nen wir mög­lichst vie­le mitnehmen?

Glauben Sie, dass sich durch diese Synode die Kirche verändert?

Ich hof­fe. Die Kir­che ist sem­per refor­man­da“, d.h. die Kir­che muss sich immer ver­än­dern und immer wie­der neu in der Zeit schau­en, was sagt uns das Evan­ge­li­um für heu­te. Und wenn Syn­oda­li­tät ein wich­ti­ger Aspekt ist, wie wir heu­te Kir­che sein kön­nen, geht es auch um das Ver­hält­nis von Hier­ar­chie und Gemein­schaft, Auto­ri­tät und Betei­li­gung — wie geht das heu­te? Ich hof­fe, dass dadurch wich­ti­ge Impul­se für unse­re Kir­che vor Ort herauskommen. 

Was ist das Ergebnis der ersten Beratungsetappe?

Wir haben ein Papier ver­ab­schie­det, das zunächst ein­mal abbil­det, was da war. Die The­men, die ich schon genannt habe, sind abge­bil­det, die Bei­trä­ge sind abge­bil­det und sehr dicht zusam­men­ge­fasst in einem Text, der vier­zig Sei­ten hat — das ist schon ziem­lich viel. Aber wenn Leu­te mei­nen, jetzt kom­men Ergeb­nis­se im Sinn von: Die Kir­che ver­än­dert sich in kon­kre­ten Lehr­fra­gen, die medi­al oder kir­chen­po­li­tisch am meis­ten gewünscht wer­den — da darf man aus mei­ner Sicht nicht zu viel erwar­ten. Tat­säch­lich glau­be ich, dass wir von hier viel­mehr die Erfah­run­gen mit­brin­gen, wie wir mit­ein­an­der Kir­che sein kön­nen in span­nungs­vol­len Zei­ten. Auch die Gesell­schaft ist pola­ri­siert und in vie­len Din­gen aus­ein­an­der und emo­tio­na­li­siert und wir ler­nen einen Weg, wie wir im guten Geist mit­ein­an­der unter­wegs sein kön­nen. Und wenn wir das auch mit nach­hau­se brin­gen kön­nen, dann ist viel gewon­nen für unse­re Kirche. 

Selten erlebt man die Weltkirche so hautnah. Hat das Ihren Blick auf die Kirche verändert?

Die unter­schied­li­chen Situa­tio­nen haben mich geprägt. Man neigt dazu, wenn man aus Deutsch­land und aus Pas­sau kommt, sei­ne Situa­ti­on und Umge­bung für den Nabel der Welt zu hal­ten oder Deutsch­land für das gan­ze Kir­che-Sein zu neh­men. Das ist natür­lich Unsinn. Denn tat­säch­lich ist es so viel­fäl­tig und so reich und so bunt und schön, wie Men­schen in ande­ren Kon­ti­nen­ten, Län­dern und Orts­kir­chen glau­ben und ihren Weg suchen. Es ist so eine wun­der­ba­re Erfah­rung, dass wir gemein­sam Welt­kir­che sind. Ich habe einen Sale­sia­ner-Mit­bru­der, der Kar­di­nal in Myan­mar ist. Dort ist eine unglaub­lich schwie­ri­ge Situa­ti­on für die Chris­ten. Und ich weiß nicht, ob sich Don Bosco vor mehr als 100 Jah­ren gedacht hat, dass einer von sei­nen Brü­dern in Myan­mar ein­mal Kar­di­nal sein wird und dort ver­su­chen wird, Kir­che zu sein. Das ist nur eins von vie­len Bei­spie­len: Es ist groß­ar­tig, dass wir katho­li­sche Welt­kir­che sind.

Was nehmen Sie von der Synode mit ins Bistum?

Ich möch­te ger­ne das üben, was wir hier auch geübt haben. Das was hier Kon­ver­sa­ti­on im Hei­li­gen Geist“ heißt. Also immer wie­der mal Momen­te ein­bau­en, bei denen wir in Fra­gen, die wir haben oder bei Pro­ble­men oder Aus­ein­an­der­set­zun­gen die­sen Weg gehen, dass wir wirk­lich geist­lich ver­su­chen, den Hei­li­gen Geist zu hören, die Bewe­gun­gen, die er uns in unse­rem Her­zen schenkt. Und so wirk­lich auf­ein­an­der zu hören und zuzu­hö­ren. Wenn das gelingt, wäre schon viel gewonnen. 

Wie geht es nun weiter?

Wir haben nun elf Mona­te vor uns, in denen die Teil­neh­mer der Syn­ode zuhau­se von den Erfah­run­gen, erzäh­len, was war und wie es war. Und viel­leicht auch man­ches ein­üben. Im kom­men­den Jahr, im Okto­ber 2024 wird es noch­mal eine vier­wö­chi­ge, inten­si­ve Sit­zung geben. Dann wer­den wir den Text dem Papst über­rei­chen. Er wird dar­auf­hin höchst­wahr­schein­lich ein nach­syn­oda­les Schrei­ben machen, in dem er sel­ber noch ein­mal sagt, was aus der Syn­ode an Früch­ten gewon­nen wor­den sein wird und wie wir damit dann in der Kir­che wei­ter­ge­hen können.

Inter­view: Susan­ne Schmidt

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