Weltkirche

Liebe überwindet alle Konventionen

BAY am 18.02.2020

429 A71321low Foto: Wolfgang-Christian Bayer
Das muslimisch-christliche Ehepaar Amadou Mocktar und Marie Antoinette.

Die Christin Marie Antoinette und der Muslim Amadou Mocktar sind seit 33 Jahren glücklich verheiratet. Um den Bund der Ehe überhaupt miteinander schließen zu können bedurfte es jedoch viel Überzeugungsarbeit, denn ihre Eltern waren von der Beziehung am Anfang alles andere als begeistert.

Sol­che Lie­bes­ge­schich­ten wie von Marie und Ama­dou fin­det man gar nicht so sel­ten in Sene­gal, einem Land in dem rund 90% Mus­li­me und 7% Chris­ten fried­lich neben­ein­an­der leben. Denn im Gegen­satz zum Nach­bar­land Mau­re­ta­ni­en, ist Sene­gal kei­ne isla­mi­sche Repu­blik, son­dern eine prä­si­den­ti­el­le Demo­kra­tie, in wel­cher der Lai­zis­mus, das heißt dass die Tren­nung von Reli­gi­on und Staat, fest in der Ver­fas­sung ver­an­kert ist. Ein Umstand der ganz auf das geis­ti­ge Erbe der frü­he­ren fran­zö­si­schen Kolo­ni­al­macht zurück­zu­füh­ren ist.

Ein sehr wich­ti­ges Erbe wel­ches gepflegt und geschützt wer­den muss, wie mis­sio-Prä­si­dent Mon­si­gno­re Wolf­gang Huber betont: Ich glau­be es gibt zwei Her­aus­for­de­run­gen, die ers­te besteht dar­in jun­gen Leu­ten nach ihrer Aus­bil­dung in die­sem Land eine Lebens­per­spek­ti­ve zu geben.“

429 A7171low Foto: Wolfgang-Christian Bayer
Ein junger Senegalese sortiert den Müll auf einer der Mülldeponien vor den Toren von Thiés.

Erläu­te­rung:
Der soge­nann­te La mort Socia­le“ (Der sozia­le Tod) ist für jun­ge Sene­ga­le­sen ein gro­ßes psy­chi­sches Pro­blem. Sie fin­den trotz ihrer Aus­bil­dung oder ihres Stu­di­ums kei­ne rich­ti­ge Anstel­lung oder sons­ti­ge sinn­vol­le Beschäf­ti­gung und haben nicht nur das Gefühl ihre Eltern finan­zi­ell zu belas­ten, son­dern dar­über hin­aus auch kei­ne eige­ne Fami­lie grün­den und ernäh­ren zu kön­nen. Die­ses gesell­schaft­li­che Dilem­ma führt so weit, dass die jun­gen Män­ner den lang­sa­men und quä­len­den sozia­len Tod mehr fürch­ten als die lebens­ge­fähr­li­che Über­fahrt in defek­ten Boo­ten in das ver­hei­ßungs­vol­le Europa.

Die zwei­te Her­aus­for­de­rung ist die, dass man wach­sam sein muss, dass extre­me Ein­flüs­se reli­giö­ser Natur hier nicht Fuß fas­sen kön­nen.“ Gera­de in den Nach­bar­län­dern Mau­re­ta­ni­en, Mali und Niger greift der radi­ka­le Islam sehr stark um sich. Isla­mis­ti­sche Anschlä­ge wur­den dort schon mehr­fach ver­übt und zer­set­zen den ohne­hin sehr schwa­chen gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halt. Sene­gal gilt daher zurecht als Mus­ter­bei­spiel des inter­re­li­giö­sen Dia­logs in der west­afri­ka­ni­schen Regi­on, wie der deut­sche Bot­schaf­ter Ste­phan Röken her­vor­hebt. Und auch Dr. Ute Gier­c­zyn­ski-Bocan­dé von der Kon­rad-Ade­nau­er-Stif­tung in der Haupt­stadt Dakar unter­streicht die wert­vol­le Har­mo­nie zwi­schen Mus­li­men und Chris­ten und orga­ni­siert seit 11 Jah­ren ein gro­ßes jähr­li­ches Kol­lo­qui­um zum Reli­gi­ons­dia­log, damit die­ser all­täg­li­che Frie­de auch wei­ter­hin gefes­tigt und geför­dert wird. Trotz all den Anstren­gun­gen schwebt jedoch auch über die­sem Land in der Sahel­zo­ne eine laten­te Ter­ror­ge­fahr, die in ers­ter Linie durch Stu­den­ten die im Aus­land stu­die­ren und mit einem fun­da­men­ta­lis­ti­schen Gedan­ken­gut zurück­keh­ren, bedroht wird. Der­zeit ist die Gesell­schaft in Sen­gal gegen­über die­ser ter­ro­ris­ti­schen Bedro­hung sehr sen­si­bi­li­siert und wehrt sich gegen die Ein­fluss­nah­me aus Sau­di-Ara­bi­en oder ande­ren mus­li­misch gepräg­ten Län­dern, die den tole­ran­ten sene­ga­le­si­schen Islam verachten.

Straßenkinder in einer Koranschule in Saint-Louis

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Ein gro­ßes Plus im all­täg­li­chen Mit­ein­an­der und ein Grund für das hohe Anse­hen der Chris­ten in Sene­gal, ist das sozia­le Enga­ge­ment der Katho­li­schen Kir­che, sei es durch eine wer­te­ori­en­tier­te Schul- und Aus­bil­dung, auch für Kin­der aus armen Ver­hält­nis­sen, oder in Form von Kran­ken­häu­sern und katho­li­schen Ban­ken wie der Cau­rie-Micro Finan­ce. Die in 13 von 14 Regio­nen in Sene­gal prä­sent ist und 2019 rund 30 Mil­lio­nen Euro an Mikro­kre­di­ten ver­ga­ben, davon etwa 95% an bedürf­ti­ge Frauen.

Das Herz­stück für das gute Mit­ein­an­der ist und bleibt jedoch die früh­kind­li­che Erzie­hung, ganz gleich ob in den Kin­der­gär­ten oder Grund­schu­len, die zum Groß­teil, ganz dem Bevöl­ke­rungs­an­teil ent­spre­chend, von viel mehr mus­li­mi­schen Schü­le­rin­nen und Schü­lern als Chris­ten besucht wer­den. Hier wer­den, so ein sene­ga­le­si­scher Geist­li­cher, die Grund­la­gen für ein fried­li­ches Zusam­men­le­ben gelegt, sodass nie­mand mit Hass auf den Nächs­ten bli­cke son­dern mit Lie­be und Ver­ständ­nis. In genau die­sem Sin­ne erzähl­te der Sohn eines Imam der selbst eine katho­li­sche Schu­le besucht hat­te, auf der Beer­di­gung sei­nes Vaters, zu der auch vie­le Chris­ten kamen, von dem einen Gott, den bei­de Kon­fes­sio­nen ver­eh­ren wür­den und von den katho­li­schen Lie­dern aus sei­ner Schul­zeit die er sehr ver­mis­se. Er sei zwar Mos­lem geblie­ben, aber er sin­ge die­se Lie­der nach wie vor in sei­nem Herzen.

Bischof Ste­fan Oster zeig­te sich auf sei­ner Rei­se durch Sene­gal von den Lebens­ge­schich­ten der Men­schen vor Ort tief berührt: Ich bin sehr beein­druckt von die­sem Land und den Men­schen, denen unse­re Dele­ga­ti­on aus dem Bis­tum Pas­sau bis­her begeg­net ist. Vie­le erzäh­len uns voll Freu­de und Begeis­te­rung von dem guten Zusam­men­le­ben zwi­schen den ein­zel­nen Volks­grup­pen und Reli­gio­nen, vor allem von dem Dia­log zwi­schen Mus­li­men und Christen.“

Bei den Eltern von Marie und Ama­dou sieg­te letzt­lich auch die Ein­sicht, dass die Lie­be ihrer Kin­der stär­ker ist als die unter­schied­li­che Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit. Nach­dem Ama­dou sei­nen künf­ti­gen Schwie­ger­el­tern ver­spre­chen muss­te mono­gam mit ihrer Toch­ter zu leben (nicht wie im Islam erlaubt bis zu vier Frau­en zu ehe­li­chen) und sei­nen Eltern sei­ne Treue zum Islam ver­si­cher­te, stand der Hei­rat der bei­den nichts mehr im Wege. Ihre eige­nen drei Kin­der erzie­hen sie ganz nach dem Wer­te­ka­non bei­der Reli­gio­nen, die­se dür­fen sich spä­ter aus­su­chen wel­che Reli­gi­on sie aktiv prak­ti­zie­ren wol­len. Bis dahin wer­den die christ­li­chen und mus­li­mi­schen Hoch­fes­te von Fami­lie Faye gemein­sam gefei­ert, zusam­men mit den Ver­wand­ten und Men­schen aus der Nach­bar­schaft. Jeden Abend wenn Marie und Ama­dou zu Bett gehen liegt die Bibel und der Koran dann so har­mo­nisch auf den bei­den Nacht­ti­schen neben­ein­an­der, wie die bei­den seit über drei­ßig Jah­ren glück­lich in ihrem Ehebett.

Die missio-München-Delegation zusammen mit Vertreter aus dem Bistum Passau zu Besuch beim senegalischen Kardinal em. Théodore-Adrien Sarr

Gruppenbild Senegal Kardinal Sarr low Foto: pbp
v.l.: Bärbel Benkenstein-Matschiner (Diözesanvorsitzende KDFB), Anja Dommler (missio München), Kathrin Heil (Diözese Bamberg), KLJB-Jugendpfarrer Michael Vogt, Bischof Stefan Oster, Kardinal Théodore-Adrien Sarr, Wolfgang Huber (missio-Präsident), Gerhard Mager (Geschäftsführer KEB), Theresia Nüßlein (Vorstand KLB), Christine Krammer (Referentin Weltkirche), Michael Krischer (missio-Kampagnenleiter), Johannes Marchl (BR-Journalist), Wolfgang-Christian Bayer (Pressestelle Bistum Passau), Helmut Degenhart (Diözesanrat-SA)

Hier ein Bericht von Helmut Degenhart:

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