Der Diözesanrat der Katholiken und die evangelisch-lutherische Dekanatssynode entdecken viele Ähnlichkeiten in ihren Rahmenbedingungen. Am zweiten Tag der Herbst-Vollversammlung des Diözesanrats Passau sind sie sich in Ortenburg darüber einig, künftig mit weniger auskommen zu müssen.
Viel Symbolcharakter hat die gemeinsame Tagung des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Passau und der evangelisch-lutherischen Dekanatssynode am Samstag in Ortenburg geprägt. Zum Beispiel in Form einer Praline mit der Aufschrift „Ökumene“, die der Diözesanratsvorsitzende Markus Biber als Gastgeschenk für alle mitgebracht hatte, aber auch in der Auseinandersetzung mit biblischen Texten wie Jesu wundersame Brotvermehrung im Johannes-Evangelium, die Dekan Jochen Wilde als eine Zukunftsmahnung an beide Kirchen interpretierte: „Mit weniger auskommen müssen.“
In seiner Standortbestimmung der zwei Kirchen skizzierte Wilde den Status quo und die Prognosen unverblümt. Bis 2035 wird es in der evangelisch-lutherischen Kirche einen Rückgang der Gläubigen um 22 Prozent geben, bis 2060 soll sie nur noch halb so zahlreich wie heute sein. Bis 2035 wird ebenso eine Halbierung bei den Pfarrerstellen im Bereich der Landeskirche in Bayern stattfinden. Parallel dazu werde sich die Frage nach kirchlichen Mitteln stellen, betonte der Passauer Dekan, nach dessen Worten eine strukturelle Haushaltsanpassung nötig sein wird – im Schnitt um fünf Prozent pro Jahr. Damit werde unter anderem eine sehr hohe Belastung der Ehrenamtlichen verbunden sein.
Als „extreme Diaspora“ beschrieb Wilde schon jetzt die Lage der evangelischen Kirchengemeinden in der Region, wo bereits die Notwendigkeit des eigenen Religionsunterrichts angesichts der niedrigen Zahlen bei den dieser Konfession zugehörigen Schülern hinterfragt werde – mit der Konsequenz, dass in weiten Flächen kein evangelischer Religionsunterricht mehr angeboten wird. „Das ist eine besondere Herausforderung für die Ökumene“, bekundete der Dekan, der ausdrücklich dafür plädierte, „von der Konkurrenz zur Partnerschaft“ zu kommen. Die Zusammenarbeit zwischen Diakonie und Caritas in Passau erachtete er als „ein Stück weit wegweisend“ dafür.
„Auch bei uns gibt es ständig Überlegungen, wo Einsparungen möglich sind“, berichtete Markus Biber aus Sicht der Vertretung der Laien in der katholischen Kirche. Hier herrschten ebenso gravierende Besetzungsschwierigkeiten bei Priestern und anderen hauptamtlichen Positionen. Teils erfolgten Pfarrei-Zusammenlegungen aus Kostengründen, fügte der Diözesanratsvorsitzende hinzu und verwies auf eine ähnliche Entwicklung bei der Anzahl der Gläubigen.
Als Folge der Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche sei nach anfangs großer Aufregung die Beteiligung der Laien am Synodalen Weg erfolgt, stellte Biber fest. Coronabedingt habe es bisher nur zwei Vollversammlungen des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) gegeben. Auf Wunsch des ZdK sei zu den drei Foren „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“, „Priesterliche Existenz“ und „Sexualmoral“ auch das Thema „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ hinzugekommen. „Es muss sich dringend was ändern“, formulierte der Diözesanratsvorsitzende als Botschaft, zeigte sich zugleich aber überzeugt davon, dass man auf einem guten Weg sei.
Das Motto „Gemeinsam auf dem Weg der Hoffnung“ für die gemeinsame Tagung in Ortenburg griff Dekan Wilde nochmals in seinem Schlusswort auf. „Wir als Kirchen sind Anwalt und Anwältin dieser Hoffnung“, hob er hervor und gab als Marschroute vor, dass Kirche immer für das ganze Volk da sein müsse. Den neuen DFB-Nationaltrainer Hansi Flick zitierte der Passauer Domdekan Dr. Hans Bauernfeind in seiner gedanklichen Hinführung auf das zentrale Thema. Eine Fußballmannschaft soll demnach nicht nur miteinander, sondern füreinander spielen. Dieses eigentlich urchristliche Wort münzte der Domkapitular in den Aufruf zu einem Miteinander und Füreinander der Kirchen um.
Textz+Fotos: Bernhard Brunner