Soziales

Trauernetzwerk Passau beleuchtet Situation Trauernder

Redaktion am 29.06.2021

Juni21 abschied2 Foto: Mareen Maier
Sie diskutierten mit dem Publikum (v.l.): Bestatter Alfons Kasberger, Wolfgang Plail vom Referat Männer- und Seniorenseelsorge, Pfarrer und Klinikseelsorger Stephan Schmoll, Hospizbegleiterin Birgit Rein-Fischböck und KDFB-Bildungsreferentin Tanja Kemper, die die Veranstaltung moderierte.

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, steht für die Angehörigen die Welt Kopf. Tiefe Trauer macht sich breit. Auch wenn Trauerprozesse individuell ablaufen, haben sie meist eines gemeinsam: Das Abschiednehmen wird als tröstendes Ritual empfunden. In Corona-Zeiten allerdings war genau das oft nicht möglich, ebenso wenig wie die Begleitung Sterbender auf ihrer letzten Reise.

Was macht das mit den Hin­ter­blie­be­nen – und mit unse­rer Gesell­schaft? Die­se Fra­ge möch­te das Trau­er­netz­werk Pas­sau, ein Zusam­men­schluss ver­schie­de­ner Orga­ni­sa­tio­nen, die Trau­ern­den zur Sei­te ste­hen, auf­ar­bei­ten. Unter Feder­füh­rung des Katho­li­schen Deut­schen Frau­en­bun­des (KDFB) in der Diö­ze­se Pas­sau wur­den im Evan­ge­li­schen Zen­trum St. Mat­thä­us die ver­gan­ge­nen Mona­te beleuch­tet. Dabei wur­de ein­drück­lich klar, wie ein­sam Men­schen ster­ben muss­ten, weil Berüh­run­gen und Besu­che nicht erlaubt waren, und wie sehr die Situa­ti­on die Trau­er­be­wäl­ti­gung der Ange­hö­ri­gen und Freun­de erschwert hat. Bei­spiels­wei­se berich­te­te die ehren­amt­li­che Hos­piz­be­glei­te­rin Bir­git Rein-Fisch­böck aus Neu­kir­chen vorm Wald, dass in den Hoch­pha­sen der Pan­de­mie eine Beglei­tung Ster­ben­der durch den Hos­piz­ver­ein kaum mög­lich war – und wenn doch, dann auf ande­re Wei­se: völ­lig ver­mummt, auf Abstand und ver­bun­den mit vie­len Zwei­feln, ob man die Ange­hö­ri­gen, die eige­ne Fami­lie oder sich selbst gefähr­de. Pas­to­ral­re­fe­rent Wolf­gang Plail vom Refe­rat Män­ner- und Senio­ren­seel­sor­ge im Bis­tum Pas­sau wies dar­auf hin, dass wegen des Ver­an­stal­tungs­ver­bots auch kei­ne lit­ur­gi­schen Fei­ern für Selbst­hil­fe- oder Trau­er­grup­pen ange­bo­ten wer­den konn­ten. Die Vor­schrif­ten waren sinn­voll, haben aber trotz­dem unend­li­ches Leid ver­ur­sacht. Doch bei aller Krea­ti­vi­tät weiß ich nicht, wie man das hät­te lösen kön­nen“, so Plail rück­bli­ckend. Berüh­ren­de Ein­bli­cke gab zudem Bestat­ter Alfons Kas­ber­ger aus Pas­sau. Bei natür­lich Ver­stor­be­nen“ sei­en zwar ein Abschied­neh­men am offe­nen Sarg unter Ein­hal­tung ver­schie­de­ner Regeln und eine Beer­di­gung mit begrenz­ter Anzahl von Gäs­ten mög­lich gewe­sen. Bei Ver­stor­be­nen, die an Coro­na erkrankt waren, sah das ganz anders aus. Ein letz­ter Blick auf den gelieb­ten Men­schen, ein letz­tes Mal die Hand hal­ten – das war nicht mehr mög­lich, weil der Sarg nicht geöff­net wer­den durf­te. Für die Ange­hö­ri­gen war es eine Kata­stro­phe“, sag­te Kas­ber­ger. Vie­len habe es aber etwas gehol­fen, wenn sie der gelieb­ten Per­son in Form von Sarg- oder Urnen­bei­la­gen noch etwas mit auf den Weg geben konn­ten – bei­spiels­wei­se von den Enkeln gemal­te Bil­der, Lie­bes- oder Abschieds­brie­fe, Fotos oder auch eine Spiel­kar­te, weil der Ver­stor­be­ne jeden Frei­tag gekar­telt hat. Din­ge also, die mit dem gelieb­ten Men­schen in Ver­bin­dung ste­hen. Die­se Form der Mit­ga­be sei auch eine Art der Trau­er­ar­beit gewe­sen. Kas­ber­ger berich­te­te wei­ter von anony­men Bestat­tun­gen als einem Trend, der ste­tig zunimmt. Bereits jetzt wür­den in Deutsch­land 23 Pro­zent aller Ver­stor­be­nen anonym bestat­tet. Das heißt: Es gibt kei­nen Ort, an den die Hin­ter­blie­be­nen gehen kön­nen, um dem gelieb­ten Men­schen nah zu sein, was die Trau­er­be­wäl­ti­gung wie­der­rum erschwe­ren könne. 

Juni21 abschied1 Foto: Mareen Maier

Ste­phan Schmoll, Pfar­rer der evan­ge­li­schen Kir­chen­ge­mein­de St. Mat­thä­us in Pas­sau und Kli­nik­seel­sor­ger, stell­te die zen­tra­len Fra­gen, die anschlie­ßend im wei­te­ren Erfah­rungs­aus­tausch im Fokus stan­den: Kann man Trau­er ein Stück weit nach­ho­len? Oder bleibt bei nicht geleb­ter Trau­er viel­leicht eine Wun­de, die gar nicht mehr heilt?“ In der gemein­sa­men Dis­kus­si­on wur­den die Fra­gen wei­ter­ent­wi­ckelt. Weil die Trau­er ja trotz­dem prä­sent und vor­han­den war, aber heil­sa­me Ritua­le zur Trau­er­be­wäl­ti­gung nicht sein konn­ten, wur­de schließ­lich beleuch­tet, ob sich das wür­di­ge Abschied­neh­men nach­ho­len las­se. Pfar­rer Schmoll kön­ne sich durch­aus vor­stel­len, dass auch nach­träg­lich gemein­sam zum Grab gegan­gen wer­den könn­te, um wie bei einer Beer­di­gung gemein­sam Abschied zu neh­men. Aus dem Publi­kum kam der Vor­schlag, dass bei­spiels­wei­se am ers­ten Todes­tag eine der­ar­ti­ge Fei­er nach­ge­holt wer­den könn­te, damit Ange­hö­ri­ge und Freun­de die Mög­lich­keit haben, ihre Emo­tio­nen aus­zu­le­ben und auf­zu­ar­bei­ten. Auch die Idee, dem Ver­stor­be­nen Abschieds- oder Lie­bes­brie­fe zu schrei­ben, wur­de als wert­voll erach­tet, weil das dabei hel­fen kön­ne, sich mit der Trau­er aus­ein­an­der­zu­set­zen. Zen­tral ist, dass die Hin­ter­blie­be­nen gut für sich sor­gen, damit die Trau­er­ar­beit den Raum bekom­men kann, der not­wen­dig ist“, stell­te KDFB-Bil­dungs­re­fe­ren­tin Tan­ja Kem­per fest. Sie geht davon aus, dass beglei­ten­de Ange­bo­te für Trau­ern­de künf­tig noch bedeut­sa­mer wer­den. Neben Ein­zel­ge­sprä­chen sei­en gera­de auch Trau­er­grup­pen sehr hilf­reich, weil man sich gegen­sei­tig stützt und der Raum für die Trau­er da ist. Hier kann viel­leicht auch viel an Auf­ar­bei­tung nach­ge­holt wer­den, was in Coro­na-Zei­ten nicht mög­lich war“, sag­te Kemper.

Text: Mareen Mai­er / Katho­li­scher Deut­scher Frauenbund

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